Thomas Fischer ist Bundesrichter in Karlsruhe und schreibt für ZEIT und ZEIT ONLINE über Rechtsfragen. Weitere Artikel seiner Kolumne finden Sie hier – und auf seiner Website.
Vergangene Woche bebte in Berlin die Erde ganz leicht. Genauer: Im Plenarsaal des Bundestags ereignete sich ein Event, das medial zwei Monate lang mit einer freudigen Resthoffnung auf eine catastropha gravissima vorbereitet worden war, angesichts einigermaßen klarer Prognosen dann aber doch nicht das Zeug dazu hatte. Ich meine die Abstimmung über das sogenannte "Dritte Hilfspaket für Griechenland" (meint: für die deutschen und internationalen Gläubigerbanken Griechenlands). Um die Sache selbst geht es an dieser Stelle nicht. Ich will dazu nur sagen: Eigentlich ist ja, entgegen den unermüdlichen Recherchen unserer Moderator(innen), die entscheidende Frage nicht, ob die Damen und Herren Giganten einander nett finden, sondern wer die geplatzte Geldblase bezahlt: Die Steuerzahler (also Sie und ich) oder die Banken (also die, die sie aufgeblasen haben). Dank des eisernen Willens der deutschen Führung zur Solidarität ist das Schlimmste auch diesmal verhindert worden.
Gefolgschaft
Damit sind wir beim Thema angelangt: Dreiundsechzig Abgeordnete der Fraktionsgemeinschaft aus einer Bundes- und einer Landespartei haben, wie man allerorts lesen und hören durfte, "Angela Merkel die Gefolgschaft verweigert"! Das waren drei mehr als beim letzten Mal, also ein Zuwachs von fünf Prozent! Beim zweiten "Paket" (Bundestag: 27. Februar 2012), erst recht beim ersten (das damals noch nicht so heißen durfte, da es ja das garantiert einzige war) versagten noch deutlich weniger Weltökonomen die Gefolgschaft, sei es, weil sie das ganze Ausmaß der Faulheit des Griechen noch nicht mit dem heimischen Wahlkreis-Sponsor diskutiert, sei es, dass sie die Umfragen noch nicht gelesen hatten.
Noch fünf Hilfspakete, und die Gefolgschaft wird auf eine Person im Rollstuhl geschrumpft sein, die zwar stets von Anfang an dagegen war, aber aus lauter Gefolgschaft dann immer für das genaue Gegenteil dessen stimmt, was sie eine Woche zuvor als einzig vernünftige Lösung bezeichnet hat. Dahinter steckt, auch das weiß die Presse längst, wenn schon kein Plan, dann doch wenigstens ein Erzberger (F.A.S.), ein Verwundeter (ZEIT), ein Friedrich der Große (SZ). Wäre ich ein vorausdenkender Journalist, würde ich schon jetzt das Stück "Der letzte Gefolgsmann" beginnen und mich nicht mit langweiligen Wirtschaftsdaten aufhalten, über die der eine das meint und der andere das. Am Ende weiß man's eh nicht.
"Gefolgschaft" ist ein schönes deutsches Wort. Es changiert angenehm zwischen Identität, Masse und Prinzip. Der Mensch kann Gefolgschaft sein, aber auch Gefolgschaft leisten. Notfalls kann er sie verweigern. Das sollte aber auf wirkliche Ausnahmesituationen beschränkt bleiben: Etwa wenn der Chef einer Kanaldeckel-Firma befiehlt, erst Platten zu gießen und dann die Schlitze von Hand hineinzufräsen. In diesem Fall wird ihm vielleicht die Gefolgschaft die Gefolgschaft verweigern und mittels Hungerstreik durchsetzen, dass die Gullideckelschlitze bereits beim Gussprozess eingeplant werden. So ähnlich muss man sich das auch beim Hilfspaket vorstellen.
"Gefolgschaft" hat, neben einer unangenehmen historischen und einer ebenso doofen wirtschaftspolitischen Konnotation, selbstverständlich auch einen spezifisch deutschen Aspekt der Höchstpersönlichkeit. Gefolge hatte zuletzt Wilhelm II, aber niemand möchte an diese zappeligen Figuren erinnert werden.
"Das Gefolge" von irgendwem gilt also dem deutschen Medienkonsumenten als Versammlung subalterner Hofschranzen – Ausnahmen vielleicht bei Lady Di oder Helen Mirren. Anders die "Gefolgschaft": So etwas haben Mahatma Ghandi, Jesus, Pancho Villa, Willy Brandt. Und Angela Merkel. Gefolgschaft ist das sublimierte Spiegelbild des Charisma. "Lasset alles hinter Euch und folget mir nach", riefen die mächtigen Frauen der Geschichte – Frau Thatcher, Frau Meir, Frau Katharina, Frau Johanna, Frau Luxemburg –, und gingen in die Wüste hinaus, wo sie Kriege führten gegen die Mächte der Finsternis und die Teufel des Unglaubens. Gefolgschaft gilt einer Person, nicht einer Meinung.
Versagung, Verweigerung
Umso fürchterlicher nun dies: "63 Abgeordnete verweigerten Angela Merkel die Gefolgschaft." Volker Kauder, allerhöchster Gefolgsmann, deutete an, wer solcherart den Untergang des christlichen Menschenbildes bewirke, dürfe ab sofort nicht mehr für das Gefolge sprechen, wo dies von Belang sein könnte. Nicht gesagt hat er – und dies betonen wir mit Nachdruck –, dass Abtrünnige aus den Kreisverbänden Oldeslohe sowie Heckler & Koch ausgeschlossen gehören.
Der freie, nur seinem Gewissen verantwortliche Abgeordnete des ganzen deutschen Volkes ist eine Gefolgschaft. Schön, dass wir dies einmal wieder erfahren haben. Der Fraktionsvorsitzende hat mitteilen lassen, er habe ja nur Spaß gemacht, was, wie mancher Kenner aus Villingen weiß, in der Familie liegt.
Die Abgeordneten des deutschen Volks sind völlig weisungsfrei, was sie uns gern dadurch beweisen, dass sie sich immer wieder einmal gegenseitig unter Tränen der Rührung den "Fraktionszwang" aufheben, wenn es richtig ernst wird: Also nicht beim Haushalt, aber zum Beispiel bei der Frage, ob der deutsche Mensch das Recht habe zu sterben, wann er will. Dann geben die Führer rechtzeitig vorher Hinweise heraus: Wisse, Gefolge, dass es erlaubt wurde, die Gefolgschaft zu versagen! Fürchte Dich nicht! Lass es raus! Bis zur endgültigen Abstimmung werden wir durch wöchentliche Probeabstimmungen unverbindlich feststellen, auf wen von Euch Verlass ist.
Kommentare
Das höchste der Gefühle
ist das Wir-Gefühl.
Wer das nicht akzeptiert, wird mit Liebesentzug bestraft.
Wenn den Mond anbellen alles wäre, was Juristen von anderen Menschen unterscheidet, wäre unsere Gesellschaft vielleicht transparenter und toleranter . . .
Das Menschliche am Widerspruch ...
... so wird es leider oft falsch angenommen, - ist sein ausbleiben.
Man könnte sich über das höchste der Gefühle streiten. Ist es nun das Abtauchen im "Wir-Gefühl" der Gruppe, der Nation?
Ist es nun die ängstliche oder kalkulierende Anpassung?
Und woran erkennen wir das menschlich Ich, die Individualität? Doch wohl nicht im Instinktiven Tierischen? Doch wohl eher an der Fähigkeit zum eigenständigen Urteil, zum Widerstand.
Wenn nicht, was für ein Tier wäre dann Luther mit seinem "Hier stehe ich und kann nicht anders"? Welche Vieh Gandhi, welches Triebwesen Luther-King, welches Mandela?
Richter, die keine grundgesetz-geist-atmenden Urteile mehr sprechen, sondern das Recht per Vergleich aus Einsparungsgründen abschleifen, ist das menschlich oder anpässlerisch?
Bürger, die widersprechen, wie ich das bei Stuttgart 21 erleben durfte, werden bundesweit als "Wutbürger" verhöhnt und für nicht zurechnungsfähig abgekanzelt.
Und auch die Gerichte haben in dem ganzen Zusammenhang das recht der Mächtigen geschützt (Gutachten-Filz).
Ich nehme also eher dort, wo es wirtschafts- oder politiknah zugeht, den Niedergang des Rechtsstaats wahr, - mit zum Glück ein paar rühmlichen Ausnahmen (siehe NSU-Prozess).
Ich verstehe Sie nicht
"Wenn den Mond anbellen alles wäre, was Juristen von anderen Menschen unterscheidet, wäre unsere Gesellschaft vielleicht transparenter und toleranter . . ."
Was meinen Sie damit? Was unterscheidet denn Ihrer Ansicht Juristen in der Gesamtheit von anderen Menschen?
Wo Geld regiert, verstummt das Recht.
Das Recht muss nie der Politik, wohl aber die Politik jederzeit dem Recht angepasst werden.
(Immanuel Kant)
Gleichschaltung.
Wie immer ist auch die Fischer-Artikel wieder einmal eine Perle im allgemeinen politisch-korrekten Einheitsbrei der Medien.
Der Zwang zur "Gefolgschaft" besteht leider schon länger. Die Rotgrünen (zu denen leider längst auch große Teile der Union zu zählend sind) schmieden "breit-bunte Bündnisse" für irgendein hehres Gutmenschenideal, und wer sich diesen verweigert, ist ein Nazi, Rassist, Sexist oder sonst etwas etwas ganz Schlimmes - und gehört "ausgegrenzt". Wie oft wurden schon Arbeitgeber genötigt, sich von Beschäftigten zu trennen, die sich politisch inkorrekt geäußert hatten. Oder Facebook-Usern die Entfreundung derartig zwielichtiger Gestalten nahegelegt. Eva Herman flog wegen ihrem Frauenbild aus Kerners Sendung, Thilo Sarrazin wegen Zuwanderungskritik gar aus dem Vorstand der Bundesbank. Helene Fischer setzt man derzeit massiv zu, dass sie doch endlich Zuwanderungskritiker verurteilen möge. Regensburger Kneipiers werben damit, dass "Nazis" (wie immer man die auch erkennen mag), "nicht bedient" würden.
Von Pluralismus, Diskurs, Toleranz keine Spur. John Stuart Mill und Karl Raimund Popper scheint niemand mehr zu kennen. Wir sind auf dem Weg in eine gleichgeschaltete Gesellschaft.
Oh, bitte, nicht auch noch hier.
<--- Der Zwang zur "Gefolgschaft" besteht leider schon länger. Die Rotgrünen (zu denen leider längst auch große Teile der Union zu zählend sind) schmieden "breit-bunte Bündnisse" für irgendein hehres Gutmenschenideal, und wer sich diesen verweigert, ist ein Nazi, Rassist, Sexist oder sonst etwas etwas ganz Schlimmes - und gehört "ausgegrenzt". Wie oft wurden schon Arbeitgeber genötigt, sich von Beschäftigten zu trennen, die sich politisch inkorrekt geäußert hatten. Oder Facebook-Usern die Entfreundung derartig zwielichtiger Gestalten nahegelegt. Eva Herman flog wegen ihrem Frauenbild aus Kerners Sendung, Thilo Sarrazin wegen Zuwanderungskritik gar aus dem Vorstand der Bundesbank. Helene Fischer setzt man derzeit massiv zu, dass sie doch endlich Zuwanderungskritiker verurteilen möge. Regensburger Kneipiers werben damit, dass "Nazis" (wie immer man die auch erkennen mag), "nicht bedient" würden. <---
Fischers Kolummne gehört mit zum (politisch) Besten was ZO ggw. zu bieten hat.
Da müssen Sie nicht auch hier noch die Neonazis und mit diesen sympathisierenden Kleinbürgern als arme Opfer einer angeblich fürchterlichen gleichgeschalteten, linksgrünen Meinungsdiktatur vorführen.
Sie können überall frei pöbeln und sich mit den Rassisten der NPD die gleichen Parolen teilen, bei Facebook, Focus, FAZ, BILD und sogar hier, bei ZO, wird der "Das-Boot-ist-voll!" und "Wir-sind-nicht-das-Weltsozialamt"-Blödsinn stehengelassen.
Oh man, jetzt mal im Ernst
Lieber Klaus,
das ist doch wohl nicht Ihr Ernst! Sarrazin steht nicht primär, zumindest für uns nicht "Linksgrünversifften", wegen seiner Kritik an der Zuwanderung selbst in der Kritik, sondern weil er den politischen Umgang mit Ausländern mit der Pferdezucht vergleicht (sind ja auch nur Tiere, diese Leute) und sie irgendwie als genetisch minderwertig einstufen will. Und über "Nazis bekommen kein Bier" können Sie sich ernsthaft aufregen? Oh man. Dann am besten noch im hehren Namen der Pluralität und mit Poppers Geist das Nazibier und "Frauen an den Herd" verteidigen.
"Wir" leben in einem Land, dass über 4 Millionen tatsächliche Arbeitslose hat und weitere Millionen in Teilzeit/Leiharbeit/Scheißarbeit, bei dem die Schere zwischen Arm und Reich seit Jahrzehnten auseinandergeht, bei dem "wir" Waffen an den Nahen Osten in Bürgerkriegsgebiete liefern und "uns" dann wundern, dass auf einmal Millionen Kriegsflüchtliche einwandern wollen, und Sie nölen allen Ernstes vor allem gegen die "Gutmenschen"?!
Noch alles fit bei Ihnen?
Gutmenschentum reloaded
Nun Klaus, nur weil Sie offensichtlich Schwierigkeiten haben, Ihre Vorurteile im Zaum zu halten, und sich diffus bedroht zu fühlen scheinen, geht die Welt noch nicht unter. Kopf hoch! Seien Sie einfach froh, dass ihre gefühlten Gegner im Allgemeinen gnädig sind, und Sie nicht von Ihresgleichen bedroht werden.
Völlig d'accord.
"Fischers Kolummne gehört mit zum (politisch) Besten was ZO ggw. zu bieten hat." - Selbstverständlich. Nichts anderes habe ich behauptet.
Meinungsfreiheit.
Ich bin fit, Danke der Nachfrage. Meinungsfreiheit gilt auch für falsche und moralisch minderwertige Meinungen. Dass die Linken Probleme haben, dies zu begreifen, ist mir schon bekannt.
Vorurteile?
Was für Vorurteile? Ich habe meine eigene Meinung doch gar nicht kundgetan.
"Meinungsfreiheit"
Meinungsfreiheit bedeutet, dass Sie die Freiheit haben, ihre Meinung zu bilden und kundzutun. Wir diskutieren doch gerade "in der Öffentlichkeit" darüber, oder etwa nicht? Sarrazin hat Millionen Bücher verkauft. Wollen Sie allen Ernstes zum Ausdruck bringen, dass seine Meinungen unterdrückt werden? Jeder redet doch darüber! Sie müssen zwischen der richtigen Meinungsfreiheit und der "Freiheit, zu schreiben was man will und keine Kritik zu erfahren", schon unterscheiden.
Auch ich würde Sarrazins Freiheit verteidigen, dass er denken und schreiben und veröffentlichen darf, was er will. Aber die Haltung, dass manche Menschen genetisch minderwertig sind bloß aufgrund ihrer vagen ethnischen Abstammung bleibt - ob sie gedacht, geschrieben oder veröffentlicht wird - menschenverachtende Propaganda.
Meinungsfreiheit
<-- Meinungsfreiheit gilt auch für falsche und moralisch minderwertige Meinungen. <--
Ja, eben. Das heißt aber nicht, dass man diese falsche und moralisch minderwertige Meinungen dann nicht auch als solche bezeichnen dürfe.
Und wenn Sie mit rechten Bullshitbingo anfangen, und allerlei Menschenfeinde zu armen bedauernswerten Opfern umzulügen, wird das eben entsprechend beantwortet werden.
Wer mit der Sprache von Neonazis und deren Sympathisanten "argumentiert" darf sich nicht wundern, in die Rechte Ecke gestellt zu werden.
Und wieder einmal...
...kann jemand nicht zwischen der "Unterdrückung" einer Meinung und simplen Gegenargumenten unterscheiden!!!
Ach so?
"Die Rotgrünen (zu denen leider längst auch große Teile der Union zu zählend sind) schmieden "breit-bunte Bündnisse" für irgendein hehres Gutmenschenideal, und wer sich diesen verweigert, ist ein Nazi, Rassist, Sexist oder sonst etwas etwas ganz Schlimmes..."
???
Bitte unterscheiden.
Wenn jemand aufgrund seiner Meinung aus der Sendung, dem Bundesbankvorstand, seiner Arbeitsstelle oder auch nur einem Biergarten fliegt, ist das kein "simples Gegenargument".
@Klaus1977: Mindermeinung wird nur ungern argumentativ widerlegt
Zustimmung zur These zunehmender Diskursverweigerung aus Intoleranz, wofür in erster Linie die politische Unkultur der Grünen verantwortlich zeichnet. Andersdenkenden begegnen Grüne entlarvend: "Null Toleranz bei Intoleranz". Meist wird noch nachgereicht, man wolle sich weder instrumentalisieren lassen, noch die Weltsicht Andersdenkender durch seriösen Dialog aufwerten und so gesellschaftsfähig machen. Superpraktisch für den, der die Mehrheit stellt, doch es sägt am Fundament der Demokratie.
Meines Erachtens war die Gesellschaft vor einer Generation pluralistischer als heute, kommunistische wie neofaschistische Positionen wurden entkräftet. Man kann das verurteilen, doch mit welchen Argumenten? Wenn Demokratie vom Wettstreit der Ideen lebt, so ist nichts undemokratischer als Diskursverweigerung.
Zuletzt fiel das bei Pegida auf, die gewaltfrei waren und für die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen eintraten. Okay, vielleicht nur taktisch gelogen, was dann aber zu belegen gewesen wäre, denn im demokratischen Rechtsstaat gilt die Unschuldsvermutung. Stattdessen war die Nazithese schnell zementiert, und Nazis schneidet man als guter, geschichtsbewusster, grüner Deutscher. Wenn heute Flüchtlingsheime brennen, so wissen Grüne, dass dem Pegida den Boden bereitete und man es doch gleich gewusst habe. Applaus!
Könnte nicht gerade Diskursverweigerung jede Radikalisierung prinzipiell begünstigen, weil aus Sicht der Minderheit die Kommunikationsform Gewalt als einzige erwidert werden muss?
Genau so.
Daraus können Sie nicht entnehmen, inwieweit ich mich selbst jeweils diesen breit-bunten Bündnissen verweigere.
Und wieder daneben.
<-- Wenn jemand aufgrund seiner Meinung aus der Sendung, dem Bundesbankvorstand, seiner Arbeitsstelle oder auch nur einem Biergarten fliegt, ist das kein "simples Gegenargument". <--
Sarrazin war als Bundesbankvorstand mehr oder weniger staatlicher Repräsentant. Dass man in einer solchen Behörde keine Leute haben möchte, die kruden Eugeniktheorien nachgehen, die sie auch noch während der Arbeitszeit in Buchform pressen und damit dann maximalöffentlich herumposieren, sollte verständlich sein.
Darüberhinaus ist es ja schon skandalös, dass Sarrazin überhaupt diesen Posten bekam. Nicht wegen seiner herausragenden Kompetenz, sondern weil die Berliner SPD diesenarroganten Finanzstumper, der in der Stadt erheblichen Schaden verursacht hat (Verträge "innovativer Finanzprodukte" unterschrieben, die er nicht gelesen und verstanden hatte) weggelobt wurde.
Sarrazin hat den Steuerzahler bis heute wahrscheinlich weit mehr gekostet, als alle integrationsunwilligen Kopftuchmädchens Deutschland in einem Jahrzehnt.
8, die alte Leier
Ihr Zitat:
"Fischers Kolummne gehört mit zum (politisch) Besten was ZO ggw. zu bieten hat.
Da müssen Sie nicht auch hier noch die Neonazis und mit diesen sympathisierenden Kleinbürgern als arme Opfer einer angeblich fürchterlichen gleichgeschalteten, linksgrünen Meinungsdiktatur vorführen.
Sie können überall frei pöbeln und sich mit den Rassisten der NPD die gleichen Parolen teilen, bei Facebook, Focus, FAZ, BILD und sogar hier, bei ZO, wird der "Das-Boot-ist-voll!" und "Wir-sind-nicht-das-Weltsozialamt"-Blödsinn stehengelassen."
Vielleicht könnte Fischer ja abgeworben werden von einem Medium, das geistige Gesundheit tatsächlich fördert. Das Argument wie wichtig Quotennutte auch in der Zeitungswelt sind, wird auch schon fad, und von den meisten eh schon altbekannten Pöblern, Raunzern und Saftsäcken kommt auch nichts Neues, sagt eine mittlerweile ziemlich angefressene Cholerikern.
Keineswegs daneben.
Auch Eugeniktheorien - ob richtig oder falsch, ob krude oder nicht - sind von der Meinungsfreiheit geschützt. Diese gilt auch für staatliche Amtsträger. Erschwerend kommt hinzu, dass Sarrazin die entsprechenden Äußerungen nicht in seiner Funktion als Bundesbankvorstand gemacht hat (sondern in einem privat veröffentlichten Buch) und auch keinerlei irgendwie gearteter Zusammenhang der Eugeniktheorien mit den geld- und währungspolitischen Aufgaben der Bundesbank besteht.
Das ist genau das Problem bei den Linken, das ich schon wiederholt angesprochen haben: Sie möchten aus dem Feld möglicher Meinungen ein Terrain herausschneiden, was angeblich "überhaupt nicht geht" und damit von der Meinungsfreiheit nicht geschützt sei. Das verkennt das Wesen der Meinungsfreiheit. Freiheit ist immer auch die Freiheit des Andersdenkenden.
Trennung von Amtsfunktion, Privat und Verantwortung?
Der Gehalt der Meinungsfreiheit gilt natürlich für generalisierende Ignoranten wie Sarrazin auch, keine Frage. Und mit prinzipientreuer Abstraktheit der Meinungsfreiheit kommt dem blinden Fleck Sarrazins nicht näher.
Ihre Abspaltung von amtlicher Funktion, Privat-Meinung und Verantwortung halte ich für eine solche fragwürdige abstrakte Konstruktion. Legalität ist noch lange nicht Legitimität. Und was legitim ist, hat mit dem Bezugsrahmen zu tun.
Der Bezugsrahmen ist unser Grundgesetz und die tolerante Grundordnung.
Rassistische, braune Brandstifter haben schon einmal alles in Schutt und Asche gelegt, was wertvoll ist. Streicher und Rosenberg haben auch "nur" ihre Meinung gesagt. Legal war das auch. Und es wurde für legitim gehalten.
Auch wenn sich daraus kein rechtlich relevanter Anspruch ergibt (wegen der zustehenden Meinungsfreiheit) darf man doch auf verantwortliche Äußerungen von "öffentlichen" Personen drängen. Welchem unbekannten Spakko hätte man sonst solche auf billigen Nick-Reflex abhebende Sportpalast-Polemik millionenfach abgekauft?
Der Mißbrauch von Amt und Bekanntheit für die Verbreitung kruder Diskriminierungskonstruktionen ist mit "Meinungsfreiheit" vielleicht rechtlich abgedeckt, aber nicht frei von Verantwortung - und vor allem nicht befreit von notwendiger Kritik.
Meinungsfreiheit und die Freiheit zum Widerspruch sind untrennbar.
Letzteres hat Sarrazin sich redlich verdient.
Ja, es ist unfassbar, dass jene, die ausgrenzen, jammern, jammern, jammern und im Selbstmitleid versinken da sie halluzinieren selbst Opfer von Ausgrenzung zu sein, wenn ihnen ganz berechtigertweise klare Grenzen gesetzt werden.
Schade, dass Fischers Kolumne immer wieder von solchen unreifen Kommentaren gestört wird. Wenn man als Frau (Nicht-Feministin, sondern ganz normal) am Tisch haut, weil man von diesem Gepöbel und Gemotschgere die Schnauze gestrichen voll hat, wird man sofort als böse Disriminiererin und Feindin der Meinungsfreiheit hingestellt.
Ist sowas normal?
Ist es.
Nein, Sie haben der Meinungsfreiheit keine Grenzen zu setzen, weder klare noch diffuse. Das ist eben gerade nicht "berechtigt". Und wird es auch nicht, wenn die Linken mantramäßig das angebliche Erfordernis einer Begrenzung der Meinungsfreiheit behaupten, weil man dieses oder jenes Statement doch nun wirklich nicht tolerieren könne. Bezeichnenderweise ist in echten Rechtsstaaten wie Großbritannien oder Kanada nicht einmal die Leugnung des Holocaust strafbar.
Von mir aus können Sie auf den Tisch hauen so oft und so kräftig Sie wollen. Selbstverständlich ist auch das von der Meinungsfreiheit gedeckt.
Ja, Ihre Kommentare sind ein wahres Bekenntnis zum Wahnsinn der Normalität, die zwar Ihre (und anderer) sein mag, aber nicht meine ist.
Sie müssen wissen, dass der Wahnsinn von "Realisten" (Holocausleugnern, Nazis etc) darin besteht das Menschliche in ganz bestimmten anderen Menschen zu leugnen unter dem Deckmantel der Sorge für und um sich selbst als Übermensch und seiner speziellen Gefolgschaft. Menschen, die innerlich, also gefühlsmäßig leer sind,fühlen sich nur lebendig, wenn sie das Leben anderer entwerten. Es sind letztlich Konformisten und Fußsoldaten von psychopathischen Führernaturen. Das alles hat mit Meinungsfreiheit überhaupt nichts zu tun. Denn all diese Menschen sind innerlich vollkommen unfrei, also auch unfrei eine individuelle Meinung zu äußern, sie plappern nur nach und fühlen sich in ihrem Rudel wohl und versuchen immer wieder mit Brutalität ihre "Gerechtigkeitsliebe" durchzusetzen.
zu Sarrazin
Nein, das hat er nicht geschrieben. Es ist davon auszugehen, dass kritischer Frankfurter das einschlägige Buch nicht gelesen hat, sondern schlicht einer gefühlten Mehrheitsmeinung das Wort redet.
Inhaltliche Kritik an Sarrazins Büchern finden Sie fast nirgends, meist belässt man es bei persönlichen Angriffen.
Ein Problem beim Umgang mit Mindermeinungen, das Klaus1977 anspricht, ist, dass heute das Ausgrenzen des Diskussionspartners effektiver ist als eine inhaltliche Auseinandersetzung. Am einfachsten handhabt man diese Ausgrenzung indem bestimmte Positionen und Ausdrücke automatisch zum Ausschluß der sie verwendenden Person führen.
Political Correctness hat als Vehikel hierfür der Diskussionskultur einen Bärendienst, im Sinne orwellschen Neusprechs, erwiesen.
Ein realsatierischer Höhepunk dessen ist die Textänderung der österreichischen Bundeshymne Anfang 2012.
Ihre Sarrazin-"Argumente" sind doch längst ausgeräumt - alles was Sie da anführen... ach, es ist ja doch zwecklo...