Roland Jahn bleibt an der Spitze der Stasiakten-Behörde: Der 62-jährige frühere DDR-Bürgerrechtler ist vom Bundestag für weitere fünf Jahre im Amt bestätigt worden. Für den seit 2011 amtierenden Jahn stimmten 511 von 570 Abgeordnete, gegen ihn 39, es gab 11 Enthaltungen.
Wolfgang Thierse (SPD) hatte zuvor der Unionsfraktion im Bundestag
vorgeworfen, einen Umbau der Stasi-Unterlagen-Behörde zu verhindern.
Dass die Reformvorschläge einer Expertenkommission auf den Sankt
Nimmerleinstag verschoben würden, sei "traurig, traurig, traurig", sagte
der frühere Vizepräsident des Bundestags im Deutschlandfunk.
Er warf der Union vor, die Wiederwahl des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, an Bedingungen geknüpft zu haben.
Nach Thierses Darstellung soll die Union
gedroht haben, dass es Ärger mit dem Integrationsgesetz gebe, wenn die SPD
der Wiederwahl nicht zustimme. "Wie nennt man das sonst? Einen
Kuhhandel, eine Erpressung? Ich kann es nicht netter nennen", sagte
Thierse in dem Interview.
Die SPD hatte über die Personalie Jahn erst nach einer Verständigung auf die Eckpunkte zur Zukunft der Stasi-Unterlagenbehörde entscheiden wollen. Jahns Amtszeit war bereits im März ausgelaufen, er führte das Amt dann kommissarisch. In der Vorwoche hatte die Union mitgeteilt, eine Reform der Behörde werde es in dieser Legislatur nicht mehr geben. Beobachter vermuten, dass sie den Umbau deswegen blockiert, weil sie vor dem Wahljahr keine Angriffsfläche bieten will.
Die
Kommission hatte vorgeschlagen, die Stasi-Akten ins Bundesarchiv zu
überführen und eine Stiftung zu gründen. Aus dem Verwalter der Stasi-Akten sollte demnach ein Bundesbeauftragter für die Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur werden. Ehemalige Opfer des DDR-Regimes hatten befürchtet, mit solch
tiefgreifenden
Reformen könnte das Ende der Auseinandersetzung mit der Stasi
eingeläutet werden.
Die Union warf der SPD vor, mit ihrem Zögern zu "einem großen Vertrauensverlust bei den SED-Opfern" beigetragen zu haben. Fraktions-Vize Michael Kretschmer forderte, das verlorene gegangene Vertrauen müsse "gemeinsam und überzeugend" wieder hergestellt werden. Jahn solle die Reform der Stasiunterlagenbehörde aus dem Amt heraus einleiten.
Roland Jahn ist nach dem ersten Bundesbeauftragten, dem heutigen Bundespräsidenten
Joachim Gauck, und dessen Nachfolgerin Marianne Birthler, der dritte Leiter der Akten-Behörde, die den Zugang zum Erbe der
DDR-Staatssicherheit ermöglicht. Der am 14. Juli 1953 in Jena geborene Jahn
gehörte seit den siebziger Jahren zu den Kritikern des SED-Regimes und
protestierte unter anderem gegen die Ausbürgerung des DDR-Liedermachers
Wolf Biermann. Vor seinem Amtsantritt arbeitete er als Journalist.
Kommentare
Zuletzt hatte die Stasi-Unterlagen-Behörde 1.600 Mitarbeiter, das Bundesarchiv, mit dem eine Zusammenlegung geplant ist, verfügt lediglich über 900.
Das Ende der Ära Gauck könnte auch ein Fanal sein für die nach ihm benannte Behörde. Zumal es kaum noch exDDR-Bürger in verantwortlichen Positionen gibt, die noch "gegauckt" werden könnten.
Vielleicht verstecken sich auch noch welche bei der CDU. Da braucht man schon einen eigenen Mann.
>> Nach Thierses Darstellung soll die Union gedroht haben, dass es Ärger mit dem Integrationsgesetz gebe, wenn die SPD der Wiederwahl nicht zustimme. "Wie nennt man das sonst? Einen Kuhhandel, eine Erpressung? Ich kann es nicht netter nennen", sagte Thierse in dem Interview. <<
Das nennt man Erpressung. Und wie nennt man Leute, die das mit sich machen lassen, Herr Thierse?
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Was der Artikel nicht hergibt, ist, welche politischen Folgen daran hängen, wer wie unter welchem Namen die Akten verwaltet. Insofern vermag ich auch nicht zu beurteilen, was jetzt eine Reform gebracht hätte und was nicht. Der Artikel erwähnt lediglich, dass eine Reform von Opferverbänden kritisch gesehen werde. Welche Vorteile einer Reform sind von der SPD genannt worden? Es ist nicht das erste Mal, dass ich von Streit über Reformen lese, ohne dass das entscheidende genannt wird, nämlich die Richtung einer Reform.
Vorsicht: Was jetzt kommt ist sarkastisch überhöht
Wer jahrelang im Sumpf eines Geheimdienstes wühlt, läuft Gefahr sich entsprechender Methoden zu bedienen.
"SPD beklagt Erpressung bei Wahl des Stasiunterlagenbeauftragten"
Das sind ja schon Zustände, wie bei der Wahl des Bundespräsidenten!
Das ist "Demokratie ".