Nach dem SUV-Unfall in Berlin, bei dem Anfang September vier Menschen starben, hat die Staatsanwaltschaft Probleme an dem schweren Sportgeländewagen ausgeschlossen. "Es gibt keine Hinweise auf einen technischen Defekt", sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Martin Steltner.
Ob stattdessen der Gesundheitszustand des Fahrers zu dem Unfall geführt hat, wird noch untersucht. Der Anwalt des 42-Jährigen habe in einem Schreiben an die Staatsanwaltschaft auf eine "akute gesundheitliche Notlage" hingewiesen, sagte Steltner. Ob es sich um Krämpfe oder einen epileptischen Anfall gehandelt haben könnte, sagte der Sprecher nicht. Die Beifahrerin des Mannes hatte laut Ermittlern direkt nach dem Unfall von einem epileptischen Anfall gesprochen. Über das Anwaltsschreiben hatte zuvor auch die RBB-Abendschau berichtet.
Gegen den Fahrer wird wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. Am 6. September war sein Auto an einer Kreuzung in der Berliner Innenstadt über die Gegenfahrbahn hinweg von der Straße abgekommen. Der SUV rammte eine Ampel, überfuhr vier Menschen auf dem Gehweg und durchbrach einen Bauzaun. Unter den vier Todesopfern war auch ein dreijähriger Junge.
Der Justizsprecher sagte, die Frage sei, ob gesundheitliche Probleme oder eine Grunderkrankung vorhersehbar gewesen seien. Dann wäre der Unfall von strafrechtlicher Relevanz. "Wenn vorhersehbar ist, dass jemand beispielsweise Krampfanfälle bekommt, sollte er nicht Auto fahren." Zugleich sagte Steltner: "Das kann jedem passieren."
An die Patientenakte des Fahrers kommen die Ermittler nicht heran, weil für die Akte wegen der ärztlichen Schweigepflicht ein sogenanntes Beschlagnahmeverbot gilt. Die Papiere müssten von dem Mann selbst freigegeben werden, was er aber bislang nicht veranlasst hat. Die Befragung von Zeugen und die Auswertung des Bordcomputers dauern laut Staatsanwaltschaft an.
Neue Erkenntnisse erhoffen sich Polizei und Staatsanwaltschaft jetzt aus sichergestellten Beweismitteln aus der Wohnung des Fahrers, der sich bislang nicht selbst äußerte. Die Wohnung war am Freitag durchsucht worden.
Kommentare
"Es gibt keine Hinweise auf einen technischen Defekt" Damit ist das Auto also unschuldig und der Fahrer ist der Schuldige. Das Auto macht nur das, was der Fahrer will/macht.
Die Frage was 2,5 Tonnen SUV mit 211 bis 440 PS (war ja ein Porsche Macan) in der Stadt oder überhaupt auf der Straße verloren haben darf man aber auch durchaus mal stellen.
"Der Justizsprecher sagte, die Frage sei, ob gesundheitliche Probleme oder eine Grunderkrankung vorhersehbar gewesen seien. Dann wäre der Unfall von strafrechtlicher Relevanz."
Wenn es sich bei dem epileptischen Anfall/Krampf um eine Lüge handeln sollte, wäre es aber auch von strafrechtlicher Relevanz.
"Wenn es sich bei dem epileptischen Anfall/Krampf um eine Lüge handeln sollte, wäre es aber auch von strafrechtlicher Relevanz."
Nein. Sie müssen nicht die Wahrheit sagen. Sie dürfen sogar lügen. Nur nicht vom dass eine andere Person verdächtigt wird.
Das stimmt, im konkreten Fall hat aber die beifahrende Mutter behauptet, der Sohn habe einen e.Anfall gehabt. Sie darf, im Unterschied zum Sohn, nicht lügen. Der Sohn und Unfallverursacher hat bisher die Aussage ja verweigert.
Natürlich darf die Mutter Lügen, sie hat sogar das Recht nix zu sagen! Thomas Fischer hatte hier mal was zu diesem Thema veröffentlicht.
Weiß jemand ob die Möglichkeit besteht einen solchen Anfall nachträglich festzustellen, oder festzustellen dass keiner Vorlag?
Wenn nicht, dürfte ein unbewiesen behaupteter Anfall doch eigentlich nich strafmildernd wirken, da sich sonst jeder bei einem selbstverschuldeten Unfall darauf berufen würde.
Vielen denkbare Alternativen könnten strafrechtliche Relevanz haben.
"Wenn vorhersehbar ist, dass jemand beispielsweise Krampfanfälle bekommt, sollte er nicht Auto fahren." Zugleich sagte Steltner: "Das kann jedem passieren."
Hatte die Person überhaupt einen Führerschein?
Nach meiner Kopfverletzung musste ich mir erst von einem Arzt bescheinigen lassen, dass ich nicht gefährdet bin epileptische Anfälle zu bekommen und auch in einer gesundheitlich guten Verfassung bin Auto zu fahren. Mein Zimmernachbar in der Reha-Klinik musste sogar Fahrstunden absolvieren um seinen Führerschein wieder zu bekommen.
Laut BAST:
Epilepsie-Patienten dürfen unter den folgenden Bedingungen PKW und/oder Motorrad fahren:
Bei einem einmaligen Anfall: Nach einer anfallsfreien Zeit von mindestens 6 Monaten
Nach einer anfallsfreien Zeit von mindestens 3 Monaten, wenn der Anfall durch bestimmte Auslöser, wie Fieber oder Schlafentzug, verursacht wurde
Bei der Diagnose Epilepsie: Nach einer anfallsfreien Zeit von mindestens 1 Jahr
Bei ausschließlich an den Schlaf gebundenen Anfällen nach mindestens 3- jähriger Beobachtungszeit
Bei einfachen fokalen Anfällen, ohne Bewusstseinsstörung und ohne weitere Behinderungen nach mindestens 1-jähriger Beobachtungszeit
Bei einem erneuten Anfall (oder mehreren Anfällen innerhalb von 24 Stunden) nach langjähriger Anfallsfreiheit nach einer Fahrpause von 6 Monaten, sofern die Untersuchung keine Hinweise auf eine erhöhte Gefahr einer Anfallswiederholung gibt
Bei der Beendigung der Epilepsie-Therapie. Personen, die fahrtauglich sind, dürfen kein Fahrzeug führen, solange Epilepsie-Medikamente reduziert werden und mindestens 3 Monate nach der letzten Medikamenten-Einnahme.
An die Patientenakte des Fahrers kommen die Ermittler nicht heran, weil für die Akte wegen der ärztlichen Schweigepflicht ein sogenanntes Beschlagnahmeverbot gilt. Die Papiere müssten von dem Mann selbst freigegeben werden, was er aber bislang nicht veranlasst hat.
Ich verstehe unsere Gesetze manchmal nicht. Wenn Menschen gestorben sind und eine Frage wie Vorerkrankung im Raum steht, darf die nicht geklärt werden?
Die Aufklärungspflicht kennt Grenzen. Die StPO kennt Beweisverbote. So dürfen Personen, die zur Berufsverschwiegenheit verpflichtet sind (Ärzte, Anwälte, etc.), nicht zu Aussagen gezwungen werden. Gleichzeitig darf diese nicht dadurch umgangen werden, indem kurzerhand ihre Praxen oder Betriebsräume durchsucht werden.
Sollte der Beschuldigte also die Ärzte nicht von der Verschwiegenheitspflicht entbinden, kommt man an deren Wissen nicht heran.