ZEIT ONLINE: Herr Treumann, hat Hamburg ein Drogenproblem?
Enno Treumann: Ein gewisses Maß an Drogenkriminalität ist leider normal. Es gab eine Zeit, da hatten wir in der Stadt eine offene Drogenszene. Das ist heute nicht der Fall. Wir haben jedoch festgestellt, dass sich die Wahrnehmbarkeit der Drogenszene in bestimmten Gebieten verstärkt hat. An einigen Hotspots werden inzwischen rund um die Uhr Drogen verkauft. Und es gibt Personen, die extra zum Dealen nach Hamburg kommen. Aus diesen Gründen intensivieren wir aktuell unsere Maßnahmen gegen die Szene.
ZEIT ONLINE: Wie viele Dealer verkaufen denn Drogen in Hamburg?
Treumann: Wir gehen von etwa 80 bis 90 Männern aus, die in St. Georg, St. Pauli und in der Schanze dealen. Am Hansaplatz sind es etwa 15, rund um die Reeperbahn etwa 25. Im Schanzenviertel wissen wir von etwa 30 Männern, die im Florapark dealen und noch einmal ungefähr 20, die im Schanzenpark Drogen verkaufen.
ZEIT ONLINE: Dass in der Schanze und auf dem Kiez gedealt wird, ist seit Jahren bekannt. Was ist passiert, dass auf einmal dagegen vorgegangen wird?
Treumann: Wir gehen seit Jahren kontinuierlich gegen die Drogenszene vor, jetzt intensivieren wir unsere Maßnahmen. Wir reden hier sicherlich nicht von einer dramatischen Veränderung im Vergleich zu den Vorjahren. Aber die Wahrnehmbarkeit der Szene hat sich doch deutlich verstärkt. Die Dealer sind sichtbarer und auch offensiver geworden, sprechen die Leute gezielt an. Dadurch hat sich die Beschwerdelage der Anwohner verstärkt. Das wollen wir ändern.
ZEIT ONLINE: Was wollen Sie denn unternehmen?
Treumann: Wir erfinden keine Maßnahmen neu, wir machen nichts, was wir nicht auch schon in der Vergangenheit gemacht haben. Aber wir können jetzt mit mehr Personal, häufiger und flexibler agieren. Insgesamt werden 80 Polizeibeamte gegen die Dealer eingesetzt, uniformierte Beamte und in zivil. Die Dealer müssen nun stets damit rechnen, überprüft zu werden, zu jeder Tages- und Nachtzeit.
ZEIT ONLINE: Und wie genau wollen Sie einen Dealer dingfest machen?
Treumann: Es ist tatsächlich sehr schwierig, Dealer ihrer Taten zu überführen. Denn sie achten sehr darauf, dass wir bei einer Kontrolle weder Drogen noch Geld bei ihnen finden. Also arbeiten sie häufig in Gruppen. Einer spricht Sie beispielsweise an und wenn Sie sich einig sind, bringt ein Zweiter Ihnen die Drogen. Ein Dritter verwaltet das Geld. Aber meine Mitarbeiter sind erfahren, engagiert und kreativ. Denen fällt schon etwas ein, wie sie die Taten trotzdem nachweisen können.
ZEIT ONLINE: Warum hat die Polizei denn eigentlich nicht schon eher reagiert?
Treumann: Wir beobachten die Szene permanent, die Situation ist uns also nicht neu. Aber wir verfügen nun mal nicht über unendlich viele Einsatzkräfte und setzen daher immer wieder neue Schwerpunkte. Da wir das Problem mit den Dealern bislang nicht lösen konnten, haben unsere Maßnahmen nun absolute Priorität.
ZEIT ONLINE: Woran wird sich der Erfolg der neuen Strategie messen lassen?
Treumann: Wir sind sicherlich nicht blauäugig und glauben, den Drogenhandel in einer Millionenmetropole wie Hamburg ganz beseitigen zu können. Aber wir wollen die Dealerszene mit unseren Kontrollen verunsichern. Wir werden es ihnen damit so ungemütlich wie möglich machen. Wir wollen die Szene reduzieren.
In der neuen ZEIT:Hamburg (erscheint am 28. April) können Sie lesen, was einen jungen Mann aus Gambia dazu gebracht hat, als Drogendealer in der Sternschanze zu werden.
Kommentare
Herr Treumann - kennen Sie The Wire?
Es könnte so einfach sein
Wenn Straßendealer kein Monopol mehr hätten, würden sie ihren verstreckten Stoff nicht mehr los. Wären sämtliche Drogen legal und würden nur noch staatlich und ärztlich kontrolliert an Erwachsene -bei Oberligachemikalien wie Alkohol, Tabak und anderen kann es ruhig ein Mindestalter von 21 sein- als Spitzenqualität zu moderaten Preisen, bei denen der größte Posten die Steuer wäre, verkauft, käme niemand mehr auf die Idee, bei Straßendealern zu kaufen.
Deren Lieferanten würden sich vom Schwarzmarkt zurückziehen, weil Schmuggel sich nicht mehr lohnen würde. Das wäre das Ende des Straßenhandels. Um Jugendschutz zu gewährleisten, müssten drakonische Strafen für Leute, die an Minderjährige verkaufen, fällig werden. Die Herkunft der Drogen wäre leicht nachzuweisen durch bestimmte Füllstoffe, die man von der pharmazeutischen Industrie kennt, von daher wäre effektiver Jugendschutz tatsächlich erstmals (!) möglich.
Da nicht alle Deutschen kettenrauchende Alkoholiker sind, obwohl beide Drogen legal sind und an jeder Ecke zu haben und in den Niederlanden weniger gekifft wird als in Ländern, wo Hanfdrogen verboten sind, verfängt das Argument, dass durch Legalisierung alle Dämme brechen würden, nicht.
Polizei und Zoll könnten sich den wirklich wichtigen Dingen wie Menschen-, Waffenhandel, anderen Verbrechen die Opfgerv fordern und Umweltkriminalität widmen. Und mit den Steuereinnahmen könnten glaubwürdige Präventionskampagnen finanziert werden.
Die Zahl der Drogentoten in Deutschland (nicht nur die circa 1000 Opfer illegaler Drogen pro Jahr, sondern auch die ca. 180 000, die jedes Jahr an legalem Dreck verrecken) würde drastisch zurückgehen, da es ein bisschen peinlich wäre, als Junkie geoutet zu werden. Wer Drogen braucht, müsste apothekenartige Verkaufsstellen aufsuchen, sich dort ausweisen und unterschreiben, dass Aufklärungsgespräche mit Fachleuten sowie schriftliche Informationen verstanden wurden.
Es müsste deutlich werden, dass selbst verschuldete Unzurechnungsfähigkeit nicht mehr strafmildernd, sondern strafverschärfend wirkt. Beschaffungskriminalität wäre auch so gut wie vom Tisch, denn die meisten Drogen sind günstig in der Herstellung, und Preisvorteile würden an die Konsumenten weitergegeben. Die Steuereinnahmen könnten außer Präventionsprogrammen der Suchttherapie zugute kommen. Kranke würden nicht länger stigmatisiert, und ale Erwachsenen hätten das Menschenrecht auf Rausch.
Wegen finanzieller Erwägungen und wegen der Einsicht, dass die einzigen Gewinner des Drogenkrieges Kriminelle sind, muss die Prohibition aufhören. Es ist doch wohl hinreichend bewiesen, dass Verbote nichts bringen. Wer Drogen konsumieren will, tut das auch. Diese Menschen zu entkriminalisieren und gleichzeitig Verbrechern die Geschäftsgrundlage zu entziehen trägt zu einer besseren Welt bei.
Offiziell bestätigt ist, dass nur 5% des weltweiten Drogenhandels polizeilich ermittelt werden. Bestürzt muss man feststellen, dass durch die 95%, die auf illegalem Wege verkauft werden, hunderttausende Milliarden von Euros Schwarzgeld von den Kriminellen Händlern und Erzeugern pro Jahr verdient werden und große Teile der Erlöse ganz "legal" auf offshore Bankkonten landen.
Würde der Handel legal sein, würden tausende von Menschen pro Jahr, zum Beispiel in Bandenkriegen in Mexiko nicht sterben müssen. Alle Länder hätten immense Summen an Steuereinnahmen. Abertausende wegen Drogebhandels einsitzende Häftlinge würden die überfüllten Gefängnisse entlasten, was auch weltweit Milliarden einsparen würde.
Wer kann also Interesse an der Illegalität haben. Natürlich diejenigen, die diese Milliarden jetzt Abgabenfrei verdienen. Mir diesen Geldern werden zum Beispiel in Afghanistan terroristische Kriege locker finanziert.
Es ist schon eigenartig, ja mehr als anrüchig, dass unsere Politiker hier die Interessen der Drogenmafia immer weiter vertreten und stur darauf beharren, dass der illegale Drogenhandel weiter sein Unwesen treiben kann.
Dass sie bisher mit ihren Verboten den Konsum nicht eindämmen konnten, weiß jedes Kind auf dieser Welt.
Diese Kriminalisierung des Drogenhandels ist ausschließlich Unterstützung der Drogenmafia durch unsere Politiker.
Ein weiterer Grund, der die Bevölkerung an der maßlosen Heuchelei und Ignoranz der Politik verzweifeln lässt.
Entfernt. Bitte verzichten Sie auf Polemik und Pauschalisierungen. Die Redaktion/ts