Heute ist Equal Pay Day. Der 21. März, das ist rechnerisch auch der Tag, bis zu dem Frauen arbeiten müssen, um genauso viel Geld zu verdienen wie Männer zum Ende des Vorjahres. Mehr als zwei Monate mehr also. Frauen in Deutschland erhalten im Schnitt 22 Prozent weniger als Männer. Dadurch können sie weniger Vermögen aufbauen und leben am Ende von einer Rente, die durchschnittlich 60 Prozent niedriger ist als die von Männern.
Junge Frauen können es gar nicht glauben: Wie – benachteiligt? Emanzipiert sind sie doch längst selbst. In der Schule und an der Universität haben sie nichts von fehlender Chancengleichheit bemerkt, im Gegenteil: Meist hatten sie die Nase vorn. Seit Jahren machen mehr Mädchen als Jungen Abitur. Jungen sind doch eher die Bildungsverlierer – das liest man ja überall. Dass bereits 25- bis 34-jährige Frauen durchschnittlich elf Prozent weniger bekommen als ihre männlichen Kollegen, ahnen sie noch nicht.
Die Realität holt sie spätestens mit Mitte 30 ein: Der Kollege erhält die Leitungsposition. Auch die Aufteilung von Haushalt und Erwerbsarbeit mit dem Partner klappt irgendwie nicht so, wie sie es erwartet hatten, obwohl sie beide genau das doch immer wollten. Wenn die Frau dann auch noch ein Kind bekommt, steht sie plötzlich vor denselben Herausforderungen wie noch ihre Mutter: Ihr Partner arbeitet plötzlich mehr (er muss ja schließlich jetzt eine Familie ernähren), eine gute Kinderbetreuung ist schwer zu finden und kostet viel Geld. Also entscheidet sie sich zunächst für Teilzeit. Das Problem ist nur: Für Führungspositionen kommt sie jetzt nicht mehr infrage. Und weil ein Rückkehrrecht auf Vollzeit fehlt, bleibt sie in Teilzeitjobs. Ohne es zu merken, hat die Rollen-Falle zugeschnappt. Bereits im Alter zwischen 35 und 44 Jahren verdienen Frauen in Deutschland im Durchschnitt rund 24 Prozent weniger.
Es gibt drei Ursachen für den sogenannten Gender Pay Gap: Erstens die Teilzeitarbeit. Frauen kümmern sich noch immer hauptsächlich um die Familie, Kinderbetreuungsplätze fehlen. Zweitens Maßnahmen wie das Ehegattensplitting oder Betreuungsgeld, die dafür sorgen, dass es sich für Frauen finanziell oft gar nicht lohnt, ihre Erwerbstätigkeit nach einer Familienpause wieder aufzunehmen. Drittens werden Berufe, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden, oft schlechter bezahlt. Dazu gehören auch Gesundheitsberufe, die beim diesjährigen Equal Pay Day unter dem Motto "Viel Dienst – wenig Verdienst" im Fokus stehen.
In die Rollen-Falle getappt
Rund 80 Prozent der Beschäftigten in der Gesundheitsbranche sind Frauen. Die Einkommen in diesem Berufszweig liegen im Vergleich zu anderen Ausbildungsberufen am Ende der Lohnskala. Und das, obwohl Hebammen und Krankenschwestern wie auch Arzthelferinnen und Laborfachkräfte anspruchsvolle Tätigkeiten ausüben und eine große Verantwortung für die richtige Diagnose und den Heilungsprozess tragen. Dass Tariflöhne vor geschlechtsspezifischer Ungleichbezahlung nicht schützen, ist weitgehend unbekannt: Oder wussten Sie, dass das Heben schwerer Lasten bei Müllmännern in die Arbeitsbewertung mit eingeht und damit das Entgelt erhöht? Und dass das bei Pflegekräften nicht der Fall ist?
Der Gender Pay Day ist auch der Tag, an dem wir darauf aufmerksam machen, dass gleiche Bezahlung für Männer und Frauen nicht nur ein Gebot der Fairness, sondern eine wirtschaftliche Notwendigkeit ist. Das neue Unterhaltsrecht fordert sowohl von Männern als auch von Frauen, dass sie ihren Lebensunterhalt nach einer Trennung selbst erwirtschaften. Jede fünfte Frau ist heute Familienernährerin. Somit sind auch Männer und Kinder von einer angemessenen Bezahlung abhängig.
2008 haben die Business and Professional Women (BPW) Germany den Equal Pay Day in Deutschland initiiert, um darauf aufmerksam zu machen, dass die Karrierechancen zwischen Frauen und Männern immer noch ungleich verteilt sind. 22 weitere europäische Länder sind unserem Beispiel gefolgt, doch die Lohnlücke ist in kaum einem Land so hoch wie in Deutschland. Verbände, Gewerkschaften und Parteien unterstützen uns dabei, doch die nötigen Veränderungen gehen langsam vonstatten. Unser Ziel haben wir aber erst erreicht, wenn der Aktionstag sich selbst abgeschafft hat. Wenn es in diesem Tempo weitergeht, dauert es nur noch 100 Jahre.
Kommentare
Besseres Artikel in der SZ
Eine sehr verkürzte Ansicht, die wesentliche Punkte unter den Tisch fallen lässt. Der Artikel in der SZ dazu ist da wesentlich genauer.
http://www.sueddeutsche.d...
Pay Gap
in der Tat ein überflüssiger Artikel. Es ist ja nicht der erste am heutigen Tag, aber mit Abstand der inhaltsleerste. Die Diskussion ist doch schon deutlich weiter. Hier ist nicht einmal von der "bereinigten Lücke" zu lesen.
Waren wir nicht schon weiter ?
Erstaunlich, daß in dem Artikel von 22 Prozent weniger die Rede ist. Das Statistische Bundesamt stellte fest, daß "rund zwei Drittel des Gender Pay Gap auf strukturell unterschiedliche arbeitsplatzrelevante Merkmale von Männern und Frauen zurückzuführen" seien. In der Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes heißt es weiterhin: "Bezogen auf den für 2006 veröffentlichten Gender Pay Gap lag der um den Einfluss dieser Merkmale statistisch bereinigte Verdienstunterschied bei rund 8%. Dies bedeutet, dass Frauen auch bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit je Stunde durchschnittlich 8% weniger als Männer verdienten. Dieser Wert stellt insofern eine Obergrenze dar, als einige weitere Faktoren, die zur Erklärung des Verdienstunterschieds beitragen könnten, in der Analyse nicht berücksichtigt werden konnten, da die entsprechenden Angaben nicht vorlagen." https://www.destatis.de/D...
Das heißt konkret, daß selbst die 8 Prozent weiterer statistischer Untersuchungen bedürfen.
Einleitung ist top (1)
"Heute ist Equal Pay Day. Der 21. März, das ist rechnerisch auch der Tag, bis zu dem Frauen arbeiten müssen, um genauso viel Geld zu verdienen wie Männer zum Ende des Vorjahres. Mehr als zwei Monate mehr also. Frauen in Deutschland erhalten im Schnitt 22 Prozent weniger als Männer."
Ja sorry, aber schon der Einleitungssatz ist falsch. 22% ist das, was Frauen insgesamt weniger verdienen als Männer (da ist also nicht drinn, dass sie weniger arbeiten). Das bedeutet, dass eine Frau, die die gleichen Arbeitsstunden wie ein Mann hat weit weniger als 2 Monate arbeiten muss, bis sie auf das gleiche Gesamtgehalt kommt. Es waren glaube ich 7% Unterschied.
"Und das, obwohl Hebammen und Krankenschwestern wie auch Arzthelferinnen und Laborfachkräfte anspruchsvolle Tätigkeiten ausüben und eine große Verantwortung für die richtige Diagnose und den Heilungsprozess tragen"
Ich habe Zivi in einem Krankenhaus gemacht, wo ich einen Einblick in die Welt der Gesundheit bekommen habe. Die Aussage, dass Arzthelferin, Krankenschwester, Hebamme und Co. anspruchsvolle Beruf sind kann man stehen lassen, aber dann ist beispielsweise Mediendesigner ein Genieberuf :P
Frauen müssen halt endlich mal abchecken: Geistige Arbeit wird besser bezahlt, als körperliche Arbeit. Angebot und Nachfrage an Arbeit bestimmen den Lohn. Bei der Studienwahl ist ein Fach zu wählen, bei welchem die Verdienstaussichten gut sind.
Tja Sorry...
Mit Ihrem Kommentar offenbaren Sie sehr schön eines der Kernprobleme dieser ungerechten Bezahlung. Ihre Kurzbilanz ist doch recht deutlich im Blick gefärbt, nicht durchdacht.
Wenn Sie Mediendesigner für einen anspruchsvolleren Beruf halten als Krankenschwester oder Hebamme, dann spricht das nicht gegen diese beiden Berufe, sondern nur dafür, wie schlecht Ihre (geistige - sic!) Wahrnehmung und wie groß ihre Ignoranz während ihres Zivivjobs war. Wenn der Mediendesigner einen Strich falsch setzt, bekommt er wenn er Pech hat, etwa hinter die Löffel. Das falsche Stellen eines Medikamentes, das nicht Erkennen einer Verschlechterung des Patienten, die Fehlentscheidung einer Hebamme... kann schwere gesundheitliche Folgen haben, Menschenleben kosten.
Körperliche Arbeit wird nun mal weniger gut bezahlt? Wieso verdient der Schreiner dann mehr als die Altenpflegekraft? Beide verrichten körperliche Arbeit, beides ist Ausbildungsberuf?