Mit zunehmender Digitalisierung verändert sich auch die Arbeitswelt – das ist eigentlich Allgemeinwissen. Aber wie sich Führung in Zukunft verändern wird, das ist bislang noch unklar. Dabei zeigen sich bereits erste Konturen, die das gängige Führungsverständnis über den Haufen werfen.
In Zukunft wird es in Unternehmen darum gehen, kollektive Strategien zu entwickeln. Es wird keine Chefs mehr geben, die eine Vision haben und von oben nach unten Anweisungen geben. Stattdessen werden Unternehmen auf eine langfristige Vision setzen, an der alle beteiligt sind: Mitarbeiter, Kunden, Marktteilnehmer. Diese Veränderungen
sind für das eigene Unternehmen und auch für alle anderen Mitbewerber und
Kunden relevant. Ein Beispiel dafür hat bereits Bill Gates in den achtziger Jahren geliefert. Als er feststellte, dass die Entwicklung
von Mainframes zu Desktop-Computern gehen werde, betraf das natürlich Microsoft,
aber auch alle anderen Teilnehmer des IT-Marktes.
Heutzutage ist es in der IT-Branche längst schon gängig, dass Strategien auch kollektive Entwicklungen schaffen, Vorhaben also, an denen mehrere Parteien
teilhaben können.
Wie funktioniert dies? Indem über soziale Medien und Plattformen Anreize entwickelt werden, die viele Interessierte motivieren, mitzumachen. Diese kollektiven Entwicklungen können – und dies ist ebenfalls neu – nicht nur von der Unternehmensspitze losgetreten werden, sondern auch von anderen Ebenen im Unternehmen. Ein Beschaffungsmanager kann eine Plattform gründen, an der sich Lieferanten über Effizienzmaßnahmen austauschen und sich so auch für das Unternehmen präsentieren können. Ein für die Infrastruktur zuständiger Manager schafft eine Kollaboration verschiedener Nutzer, die sich für den Einsatz und die Wartung von Open Software interessieren. Die Teilnehmer lernen voneinander, reduzieren ihre Kosten und Risiken und fördern den Trend in Richtung dieser Art von Software.
Schon heute werden externe Akteure – etwa Freelancer und Dienstleister, aber sogar Kunden – bei der Weiterentwicklung von Produkten und sogar bei der Entwicklung von Innovationen miteinbezogen. Dies stellt eine der weitestgehenden Neuerungen im Management im digitalen Zeitalter dar.
Manager müssen das berücksichtigen. Sie sind in Zukunft nicht mehr nur für das Führen der eigenen Mitarbeiter zuständig, sie sind in Zukunft auch verantwortlich für die Identifikation und Einbindung
externer Interessierter in die Wertschöpfungskette.
In einer vom Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft herausgegeben Umfrage unter deutschen Unternehmen gaben bereits knapp 19 Prozent der Befragten an, mit der komplexen Gruppe der Crowd zu kooperieren und diese für das Design, aber vor allem auch für die Bewertung und den Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen einzusetzen. Die Intelligenz der Masse wird damit zum Kapital.
Gerade auch um die vielbeschworene
Innovationsökonomie zum Laufen zu bringen, also stets neue Produkte, Ideen, Dienstleistungen auf den Markt zu bringen, müssen Unternehmen immer öfter auf
externe Ressourcen zurückgreifen. Und die sollen möglichst kostengünstig oder gar umsonst ihren Ideenreichtum einbringen. Die traditionellen Unternehmen und ihre
Belegschaft sind nach den vielen Kostensenkungsmaßnahmen hierzu gar nicht mehr
in der Lage. Der Druck auf die Führungsetagen der Wirtschaft ist heute schon enorm. Er führt dazu, dass sich Unternehmen weiter öffnen. Und symptomatisch für den neuen Managementstil gaben viele der in der gleichen Studie befragte Manager an, dass sie derartige Initiativen eigenmächtig gestartet haben, ohne Unterstützung durch das Top-Management abzuwarten. Eine wohl einmalige Situation in der Geschichte der Unternehmung.ben.
Big Data verändert das Verhalten von Managern
Auch Big Data ermöglicht dem Management neue Möglichkeiten: War man zuletzt bei vielen Entscheidungen wie etwa der Personalauswahl auf subjektive
Kriterien angewiesen, so ermöglichen Datensammlungen und -auswertungen,
Entscheidungen rationaler und faktenbasierter abzuleiten. Mithilfe
von sogenannten Mitarbeiter-Analytics werden etwa Verhalten der Mitarbeiter
beobachtet und ausgewertet, um bessere Prognosen und Entscheidungen zu treffen.
Die Datenbasen der Firmen komplementieren natürlich auch alle möglichen Kunden- und
Lieferantendaten. Schon heute brüstet sich etwa Amazon-Gründer John Bezos damit, dass alle
Entscheidungen beim Online-Versandhändler auf statistischen Analysen basieren müssen. Abgesehen
von ethischen Bedenken gegenüber der massiven Nutzung von Daten (Befürworter
werden anmerken, dass derartige Entscheidungen allemal besser und gerechter
sind als vorurteilsbeladene Bauchentscheidungen), führen Big-Data-Techniken zu
einer massiven Veränderung im Verhalten der Manager. Führungskräfte verwenden die 80:20-Regel: Mit 20 Prozent aller Maßnahmen kann man 80 Prozent der notwendigen Verbesserungen
erreichen. Und mit Big Data können nun auch die verbliebenen 20 Prozent der Verbesserungspotenziale
erreicht werden.
Ein derartiges empirisches Vorgehen ist allerdings mühsam und besteht aus vielen kleinen Schritten und Versuchen. Hier ein Beispiel: Um 50 Millionen US-Dollar Spritkosten zu senken, musste die Speditionsfirma UPS die täglichen Daten von über 60.000 Lieferwagen auswerten.
Es bleibt am Ende ein Bild des neuen Managements, welches sehr unterschiedliche Fähigkeiten benötigt. Die Führungskräfte von morgen brauchen visionäre Entwürfe, die vor allem die Beziehungen der Markteilnehmer auf den Kopf stellen. Sie benötigen das Gespür und Geschick, externe Kollaborationen zu gründen und für sich (und andere) Werte zu schaffen. Und sie brauchen das detailversessene Vorgehen eines Empirikers, der Entscheidungen faktenbasiert trifft. Man erkennt unschwer, dass dies alles Fähigkeiten sind, die die junge Generation ungleich leichter aufbringen kann als die heute 45-jährigen. Aber dies ist ein anderes Thema.
Kommentare
Selten so einen Schwachsinn gelesen!
"Mithilfe von sogenannten Mitarbeiter-Analytics werden etwa Verhalten der Mitarbeiter beobachtet und ausgewertet, um bessere Prognosen und Entscheidungen zu treffen."
Das heißt: Es geht um Überwachung und Gängelung, nicht um ein "Mitmach-Unternehmen"!
Und wieso sollte bitte ein Freelancer einem Unternehmen dabei helfen, innovativer zu werden? Wird er dann auch prozentual am Gewinn beteiligt?
Das nächste Problem: Viele neue Dienstleistungen gehörten in den vergangenen Jahren in den Bereich "virtuell" , waren also mit direkter Mediennutzung verbunden. Manche Jugendlichen kommen heute schon auf 8,5 Stunden (!) Mediennutzung am Tag. Da ist halt irgendwann kein Wachstum mehr möglich ...
Aber der Mann ist ja auch von Haus aus Unternehmensberater. Und die haben ja bekanntlich die Weisheit mit Löffeln gefressen.
Der Autor hat schon recht..
Tüllich werden Freelancer und Agenturen bei Innovationen miteingebunden. Und natürlich werden diese nicht beteiligt. Wieso denn auch, die sind "nur" ausführende Kraft. Genauso wenig wie der Bauarbeiter die Lorbeeren für die Umsetzung des Star-Architekten bekommt.
Mal die Zielvereinbarung eines X-beliebigen Managers/Fachkraft in einem Konzern gesehen? Das ist alles mit Zahlen belegt. Geld, Kundenzufriedenheit..etc Alles wird quantifiziert, erhoben und gemessen. Und das ist gut so. Weniger Willkür und mehr Effizienz in der Bewertung. Rationalität vor Bauchgefühl.
Der Text stimmt schon. Aber um den zu vestehen, muss man sich mal mit der komplexen Tätigkeit von "Management" auseinandersetzen.
Sehe ich ähnlich..
Big Data haben doch die meisten garnicht begriffen. Als "Zukunftsforscher" sollte man sich auch garnichtmehr damit beschäftigen, das Thema gibt es nämlich seit Jahren. Das ist imo keine Zukunft mehr. Ich würde ihm vorschlagen sich mit Deep Learning oder sowas auseinanderzusetzen. Das kann man dann auch auf Big Data draufsetzen.
"Schon heute brüstet sich etwa Amazon-Gründer John Bezos damit, dass alle Entscheidungen beim Online-Versandhändler auf statistischen Analysen basieren müssen."
Ja, Wahnsinn. Kaufen sie mal irgendwas dort. Zum Beispiel einen Staubsauger. Dann kriegen Sie die nächsten Tage und Wochen erstmal nurnoch Staubsauger empfohlen. Bestimmt weil die anderen Kunden alle gleich 3 hintereinander bestellt haben. Nichtmal solch einfache Dinge funktionieren da, aber hauptsache 1-Click patentiert, weil man sich für den genialen Erfinder hält.
Aber als Unternehmensberater führt man Amazon ganz ehrfürchtig an, weil eh keiner dort je bei Amazon bestellt hat und sowas bemerken würde. Ist ja Neuland. Deshalb brauchts dafür auch einen Zukunftsforscher.
Ganz so stimmt es auch nicht
"Und wieso sollte bitte ein Freelancer einem Unternehmen dabei helfen, innovativer zu werden? "
Allein dadurch, dass er eine externe Arbeitskraft ist, bringt er andere oder neue Ideen mit in das Unternehmen. Dies kann zu Innovationen im Unternehmen führen, auch dafür wird er bezahlt.
Wer damit nicht leben kann, für andere Ideen zu entwickeln, die erfolgreich umgesetzt werden, der soll sich doch selbständig mit der Idee machen ;-)
Ansonsten sehe ich das mit der Datenerfassung über die Mitarbeiter überaus kritisch, so darf es nicht weitergehen.
rEvolutionär!
"In Zukunft wird es in Unternehmen darum gehen, kollektive Strategien zu entwickeln. Es wird keine Chefs mehr geben, die eine Vision haben und von oben nach unten Anweisungen geben. Stattdessen werden Unternehmen auf eine langfristige Vision setzen, an der alle beteiligt sind:..."
WOW eine unglaubliche erkenntniss!
Vor 200.000 Jahren machten es die Menschen schon so, jetzt 199.000 Jahre später wurde es wieder entdeckt!
Gruppenarbeit!
Wow! Unglaublich! Dem Man gehört ein Nobelpreis verliehen, ach was gleich alle!
Schon heute werden externe Akteure – etwa [...] Kunden – bei der Weiterentwicklung von Produkten und sogar bei der Entwicklung von Innovationen miteinbezogen.
Das nennt sich öffentlicher Betatest! Verarsche^10
Am besten zu sehen bei PC Spielen, aber bei anderen Produkten läuft es ähnlich ....
Und so etwas als "Fortschritt" zu bezeichnen ist schon dreist!
Hier wird Massenmanipulation sichtbar, und ZON veröffentlicht so etwas noch!
BildBlog übernehmen sie!
Ich bezweifle
doch eher stark, dass Sie den Absatz verstanden haben.
Es geht um eine weitere Abnahme der Hierarchie innerhalb eines Unternehmens.
Grob gesagt gibt es zwei globale "leadership styles" (transactional und transformational) - die visionsträchtigen, motivierenden leader sind die Letzteren.
Jedenfalls gehen momentane Studien auch in die Richtung das Konzept von Führung, wie man es kennt, abzuwerfen und zB flache Hierarchien zu installieren.
Das ist Ihnen wahrscheinlich beim Lesen entgangen, denn historisch gesehen fällt mir keine Gesellschaft oder Gruppe ein, die so dachte.