Eigentlich könnte man doch ganz zufrieden sein. Wären da nicht die Alltagssorgen. Ärger mit dem Chef beispielsweise, Unzufriedenheit im Job und unnötige Streitereien mit dem Partner oder den Kindern. Viele Menschen könnten eigentlich glücklich sein, verglichen mit dem Leid, das andere auf dieser Welt ertragen müssen. Die meisten Deutschen sind gesund, haben eine Familie und Freunde, eine Wohnung, ein auskömmliches Einkommen und die allermeisten können auch sofort entweder einen Menschen oder eine ideelle Sache nennen, die sie mit Sinn erfüllt. Und warum scheint das Gras auf der anderen Seite trotzdem grüner zu sein?
Es ist schon ein Phänomen, dass sich Menschen selten mit dem zufrieden geben, was sie selbst haben. Wie man diese Selbstzufriedenheit erreicht, damit beschäftigt sich unter anderem auch die positive Psychologie, mittlerweile eine anerkannte Strömung der Psychologie. Seit den fünfziger Jahren beschäftigen sich Psychologen statt mit dem psychischen Leiden der Menschen mit den positiven Emotionen und psychischen Zuständen.
Seit den neunziger Jahren erfährt die positive Psychologie nicht zuletzt durch das Entstehen der ebenfalls positiv ausgerichteten Coachingbranche und dem Trend der Lebensberatungen einen regelrechten Boom. Interessant sind in vielerlei Hinsicht aber die vielfältigen wissenschaftlichen Studien, die diesen Ansatz verfolgen. Und demnach gibt es vor allem zehn Hauptursachen dafür, dass viele Menschen sich nicht so zufrieden und glücklich fühlen, wie sie eigentlich könnten.
Grund Nummer 1: Man hat unrealistisch hohe Erwartungen – und wird enttäuscht, wenn nicht alles reibungslos verläuft. Bestes Beispiel: ein harmonisches Weihnachtsfest mit der Familie. Gibt es in den seltensten Fällen, weil immer jemand schlechte Laune hat oder es irgendwie stressig wird.
Grund Nummer 2: Man hält sich grundlos für etwas ganz Besonderes. Zwar spricht nichts gegen ein starkes Selbstbewusstsein – wer sich aber für Außergewöhnlich hält, wird meist dann enttäuscht, wenn andere das nicht so sehen und den vermeintlich Außergewöhnlichen ganz normal behandeln.
Grund Nummer 3: Man hält die falschen Werte für die einzig richtigen. Wer etwa nur dem Geld hinterherläuft, wird in der Regel dann enttäuscht, wenn sich einmal im Leben zeigt, dass Geld nicht alles ist.
Grund Nummer 4: Man gewöhnt sich an das, was man erreicht hat – und will immer mehr. Sicherlich spornt es an, immer nach Neuem zu streben und sich hohe Ziele zu setzen – wer aber dabei aus den Augen verliert, was bereits erreicht wurde, verliert die Verhältnismäßigkeit. Besser ist es, sich an dem Erreichten zu erfreuen.
Kommentare
"Viele Menschen könnten eigentlich glücklich sein, verglichen mit dem Leid, das andere auf dieser Welt ertragen müssen. Die meisten Deutschen sind gesund, haben eine Familie und Freunde, eine Wohnung, ein auskömmliches Einkommen und die allermeisten können auch sofort entweder einen Menschen oder eine ideelle Sache nennen, die sie mit Sinn erfüllt."
Pauschalisierungen sind immer problematisch.
Ich würde sagen, in materieller Hinsicht geht es den meisten Deutschen gut (aber auch längst nicht mehr allen!), doch wie sieht es mit der immateriellen Lebensqualität aus?
Zeit? Muße? Familie?
Andere auf dieser Welt mögen materiell ärmer sein, dafür haben sie meistens größere Familien als so manche Deutsche. Der Individualismus, die Fixierung aufs Materielle, die berufliche "Karriere", und als Folge davon verbreitete Kinderlosigkeit haben schon zu Erosionen der Familien geführt.
Nach der individualistischen Lehre soll es zwar jedem selbst überlassen sein zu entscheiden, welche ideellen Sachen das Leben mit Sinn erfüllen. Ich bin aber mal so frech zu behaupten, daß Familie und ausreichend Muße einen Menschen ebenso glücklich machen können wie Geld und Sicherheit.
Wenn ich durch die Straßen gehe und mir die Menschen anschaue - nicht Alle machen einen glücklichen Eindruck. Alkoholprobleme, Vereinsamung, psychische Erkrankungen... Obwohl sie das Privileg genießen, in die deutsche Gesellschaft hineingeboren worden zu sein. Stehen die alle nur ihrem Glück selbst im Wege?
"Grund Nummer 5: Man erwartet von anderen, dass sie einen glücklich machen. Wer vom Partner, der Familie oder Freunden erwartet, dass sie für das persönliche Glück zuständig sind, der macht sich nicht nur abhängig von anderen – das Risiko ist auch groß, enttäuscht zu werden, wenn diese Dritten andere Prioritäten setzen."
Inzwischen wird mantraartig wiederholt, dass man nicht von anderen Menschen erwarten darf, dass sie einen glücklich machen.
Das mag gelten , wenn man sich ein einseitig passives Verhalten vorstellt
Es wird von einem stark individualisiertem Menschenbild ausgegangen.
Überspitzt, wäre jeder Mensch eine autarke Insel, dessen Begegnungen mit anderen Menschen unverbindlich bleiben müssen, um nicht abhängig zu werden.
So lässt sich vielleicht Verlustschmerz in Grenzen halten aber leider auch die potentielle Zufriedenheit.
Verbindliche Beziehungen sind wohl für die allermeisten Menschen Voraussetzung für einen sicheren Stand im Leben.
Sie sind schön und schrecklich.
Sie geben Kraft und hindern an 100%er Selbstentfaltung.
Sie machen frei und abhängig.
Die Abhängigkeit sorgt für ein hohes Maß an Verletzbarkeit--- und damit auch dafür, dass das eigene Glück sehr wohl von anderen Menschen abhängig ist.
Mir scheint der unbedingte Wille zu Unabhängigkeit ein viel höherer Garant für Unglück zu sein, als die Einschränkungen partieller familiäre Abhängigkeiten, die durch Verbindlichkeit zeitweise entstehen können.
Ganz wichtig: Ein weiterer Grund für Unzufriedenheit - regelmäßig "Tagesschau" sehen oder Tageszeitung lesen. Das ganze Elend muss ja unzufrieden machen. Seit ich das nicht mehr praktiziere, geht es mir wesentlich besser.
Grund Nummer 11: Viele Menschen betreiben ängstliche Selbstverzärtelung und gehen Herausforderungen, Mühen und der Realität aus dem Weg. Das hält sie gefangen in einem Kokon der Bequemlichkeit und Mittelmäßigkeit.
Grund Nummer 8 ist der eigentliche Grund für das Unglücklichsein. Warum muss ich irgend etwas tun, sein oder erreichen um glücklich zu sein?
Weil das verinnerlichtes Verhalten ist das uns im Hamsterrad zum Horizont rennen lässt.