Seit 1952 wurde das Mutterschutzgesetz nicht mehr überarbeitet. Jetzt hat der Bundestag eine Reform beschlossen, die das Ziel hat, Schutzzeiten für schwangere Frauen flexibler zu gestalten. Auch soll der Mutterschutz auf neue Personenkreise ausgeweitet werden.
Die Neuerungen in der Übersicht:
Ausweitung des Mutterschutzes: Schülerinnen, Studentinnen und Praktikantinnen können künftig während des Mutterschutzes für verpflichtende Veranstaltungen, Prüfungen oder Praktika Ausnahmen beantragen, ohne deswegen Nachteile zu erleiden.
Keine Arbeitsverbote gegen den Willen der Frau: Arbeitsverbote gegen den Willen schwangerer Frauen sind demnächst nicht so einfach möglich. Um Gesundheitsgefährdungen auszuschließen, soll der Arbeitgeber stattdessen den Arbeitsplatz entsprechend umgestalten oder aber die Frau an einem anderen geeigneten Arbeitsplatz einsetzen. Erst wenn beides nicht geht, darf er die schwangere oder stillende Frau nicht weiter beschäftigen. Das gilt natürlich auch bei einem entsprechenden ärztlichen Zeugnis. Die entsprechende Verordnung zum Schutz der Mütter am Arbeitsplatz wird in die Gesetzesnovelle integriert.
Arbeitszeitbeschränkungen: Die Frauen erhalten mehr Mitsprache bei der Gestaltung der Arbeitszeit. Unabhängig von der Branche können alle schwangeren Frauen künftig entscheiden, ob sie sonn- und feiertags arbeiten wollen. Grundsätzlich darf ein Arbeitgeber eine schwangere oder stillende Frau nicht zwischen 20 Uhr und 6 Uhr beschäftigen. Bald ist das bis 22 Uhr möglich, sofern die Frau einwilligt und aus ärztlicher Sicht nichts dagegen spricht. Gleiches gilt unter bestimmten Bedingungen für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen. Diese Regelung stößt vor allem bei den Gewerkschaften auf Kritik. Sie fürchten, dass Frauen aus Angst um ihren Job einwilligen.
Kinder mit Behinderungen: Mütter von Kindern mit Behinderung erhalten künftig vier Wochen länger und damit insgesamt zwölf Wochen Mutterschutz nach der Geburt.
Fehlgeburten: Neu in das Mutterschutzgesetz aufgenommen wurde auch ein Kündigungsschutz nach Fehlgeburten. Frauen, die nach der zwölften Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erleiden, dürfen danach bis zum Ablauf von vier Monaten nicht gekündigt werden.
Beamtinnen: Für Beamtinnen, Richterinnen und Soldatinnen sollen die Regelungen des Mutterschutzes durch entsprechende Rechtsverordnungen auf Bundes- und Landesebene umgesetzt werden.
Für Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) bietet das Gesetz eine gute Balance zwischen dem Schutz und der Selbstbestimmung der Frauen. Jutta Krellmann von der Linken warf der Bundesregierung hingegen vor, eine falsche Vorstellung von Selbstbestimmung zu haben. Durch das Aufweichen von Schutzrechten hätten die Arbeitgeber "den Fuß in der Tür", um gleich weitere Schutzrechte abzubauen.
Der Gesetzentwurf war bereits im vergangenen Jahr vom Kabinett beschlossen worden. Die Koalition hatte noch um letzte Details der Reform gerungen. Nun muss der Bundesrat dem Gesetz noch zustimmen.
Kommentare
>>Keine Arbeitsverbote gegen den Willen der Frau<<
Ich finde das äußerst unsozial von Frau Schwesig und der SPD, öffnet das Ausnutzern doch Tür und Tor.
Was, wenn Hochschwangere unter Druck gesetzt werden, bis zum letzen Tag weiter zu arbeiten, nach dem Motto "Arbeite oder du hast hier keine Perspektive mehr"?
Es klingt m.E. auch etwas naiv, zumal der Schutz des Kindes hier völlig unter den Tisch fällt.
Andererseits nehme ich an, dass eine bspw. Kassiererin, die dazu verdonnert wird, bis 22h zu arbeiten, sofort mit einem Beschäftigungsverbot kontern wird.
Der Druck des Arbeitsmarktes wird nun auch auf die Schwangeren erhöht. Man räumt den Frauen scheinbar mehr Rechte ein, damit der "Betriebsunfall Schwangerschaft" gemanaged werden kann. Die Leistungsfähigkeit steht hier im Mittelpunkt, weit ab vom Kindeswohl. Es reicht nicht, dass man auf die weibliche Arbeitskraft möglich bald nach der Geburt zugreifen kann (Kleinkinder werden schon mit unter einem Jahr in den Kitas erwartet).
Mit Lebensqualität und erfülltem Familienleben hat das in meinen Augen schon lange nichts mehr zu tun. Die Wirtschaft fordert und die Politik zieht mit. Mutterschutz würde in meinen Augen mit drei Monaten vor der Geburt und drei Jahren nach der Geburt ein humanes Bild ergeben.
"Mutterschutz würde in meinen Augen mit drei Monaten vor der Geburt und drei Jahren nach der Geburt ein humanes Bild ergeben."
Mutterschutz != Elternzeit
Sie wollen Frauen drei Jahre lang das Arbeiten verbieten und nennen das human? Wenn das Realität wäre, würde ich garantiert kein weiteres Kind in die Welt setzen wollen.
Ein Jahr Elternzeit meinetwegen, wer länger will, soll das machen, aber irgendwann würde zumindest ich dann gern wieder was anderes sehen als nur Windeln und Brei.
Das was Sie da als human bezeichnen, wäre die vollständige Bevormundung.
Mehr Schutz aber Schwangere sollen bis 22 Uhr und auch noch am Wochenende arbeiten "dürfen". Ist das so eine Art Realsatire?
"Mehr Schutz aber Schwangere sollen bis 22 Uhr und auch noch am Wochenende arbeiten "dürfen". Ist das so eine Art Realsatire?"
Ne, das ist Wirtschaftspolitik, endlich "für schwangere Frauen flexibler".
Und flexibel ist schließlich immer gut! Flexibel 4.0 und so...
es mag banal klingen, doch für junge Mütter kann man wirklich nicht genug tun.