Märklin ist berühmt für seine Modelleisenbahnen – Detailtreue, Verarbeitung und Technik setzen seit 150 Jahren Maßstäbe, vor allem Sammler sind bereit, für einzelne Lokomotiven oder ganze Zugsets viele Hundert Euro zu zahlen. Trotzdem musste das Traditionsunternehmen im schwäbischen Göppingen vor gut einem Jahr Insolvenz anmelden.
Inzwischen scheint das Schlimmste überwunden, doch was Insolvenzverwalter Michael Pluta bei seiner Bestandsaufnahme entdeckte, rückte eine Branche ins Zwielicht, die sich selbst gern als omnipotente Rettungstruppe in Notsituationen aller Art inszeniert: die Unternehmensberater. Für deren Leistungen hatte Märklin in den drei Jahren vor der Pleite insgesamt knapp 37 Millionen Euro gezahlt. Ohne Erfolg: Im Gegenteil, in der gleichen Zeit häufte das Unternehmen Verluste vor Steuern von insgesamt rund 51 Millionen an. "Da tränen einem die Augen", schimpfte Insolvenzverwalter Pluta.
Nicht immer ist das Missverhältnis zwischen Aufwand und Ergebnis bei Unternehmensberatungen so eklatant wie bei Märklin. Aber dass die Erwartungen deutlich höher sind als die tatsächlichen Erfolge, ist beileibe kein Einzelfall. "Fast ein Drittel aller von uns untersuchten Projekte brachte nicht den gewünschten Erfolg oder wurde vorzeitig abgebrochen", sagt Dietmar Fink, Beratungsexperte und Professor an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Was nicht nur an den Beratern liegt: "Häufig trifft die Auftraggeber ein gehöriges Maß an Mitschuld, weil sie die Projekte schlecht vorbereitet haben, die falschen Leute in die Projektteams schicken oder schlichtweg nicht genau wissen, was sie überhaupt wollen", fasst Eva Manger-Wiemann, Partnerin der Züricher Meta-Beratung Cardea, die Ergebnisse der "Return on Consulting"-Studie zusammen.
Als sogenannte Meta-Beratung hat Cardea in den vergangenen zehn Jahren rund 400-mal Konzerne und mittelständische Familienunternehmen dabei unterstützt, den passenden Berater zu finden, Beratungsprojekte auszuschreiben oder richtig vorzubereiten. Und seine Klienten so davor bewahrt, ähnlich existenzbedrohende Fehler wie Märklin zu begehen. Die Schweizer Berater haben die Studie zum dritten Mal durchgeführt. Untersucht wurden 58 Kostensenkungs- und 48 Wachstumsprojekte aus den Jahren 2006 bis 2009. Beratungsexperte Fink hat die Antworten von 106 befragten Führungskräften aller Branchen aus Deutschland und der Schweiz ausgewertet.
Als erfolglos gelten Beratungsprojekte bei Auftraggebern, wenn konkrete Ergebnisse ausbleiben oder die Probleme wie bei Märklin noch schlimmer wurden. Das ist laut Cardea mit 87 Prozent der häufigste Grund. Als gescheitert eingestuft werden auch solche Projekte, deren Ergebnisse sich in der Praxis nicht umsetzen lassen, etwa weil die Widerstände in der Belegschaft unterschätzt wurden, die Umsetzung zu lange dauern oder das Budget gesprengt würde, weil zum Beispiel die Umstellung der gesamten IT notwendig wäre.
Auch wer sich für ein namhaftes Consultinghaus entscheidet, hat keine Erfolgsgarantie, wie die Schweizer Privatbank Vontobel zeigt. Das Züricher Geldhaus hatte im März 2000 das Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen PricewaterhouseCoopers beauftragt, eine neue Banksparte auf Internet-Basis zu entwickeln. Doch schon nach wenigen Monaten lief das Projekt aus dem Ruder. Fast genau ein Jahr nach dem Startschuss wurde das Projekt "You-Bank" beerdigt, "weil weder der Kostenrahmen noch der Zeithorizont zu halten waren", so die offizielle Begründung. Mehr als 97 Millionen Euro hat Vontobel bei dem Projekt in den Sand gesetzt.
Kommentare
Dann brauchen die Firmen wohl Berater...
...um die Beratungsziele zu definieren. Mir ist das ein Rätsel: wenn ich als Berater einen Auftrag annehme, dann fällt mir auf, ob die Ziele klar definiert sind und wenn nicht, erarbeite ich sie mit dem Auftraggeber gemeinsam neu. Das Problem ist eher, dass die vielen Unternehmensberater wenig fachlich kompetente Mitarbeiter haben, sondern solche, die am schnell verdienten Geld interessiert sind. Im Schnitt sehr unseriös, gerade auch die großen Beratungsfirmen.
Schmierige Typen
Berater kann jeder werden, der tolle Noten hat oder beim IQ- Test gut abschneidet. "Es ist egal, was sie gelernt haben, sie sind ein Herrenmensch und jetzt zeigen wir ihnen mal, wie man ein Unternehmen umkrempelt."
Klar, und mit der Arroganz kommen sie dann in die Firmen.
Die Ideen der ...
Mitarbeiter sind häufig besser als jede externe Beratung.
Aber da gilt Goethe:
Hat Rat bei Menschen je gegolten?
Ein kluges Wort erstarrt im harten Ohr.
Zustimmung...
...Chefs die (freundschaftlich) mit ihren Mitarbeitern kommunizieren, brauchen keine externen Berater. Warum ausgerechnet vor Selbstbewusstsein idR strotzende Chefs sich ausgerechnet externe Leute holen, die per Definition keine Ahnung von Klima und Abläufen in der Firma haben, bleibt mir ein Rätsel.
Wahrscheinlich sind sie geblendet von den vermeintlich erfolgreichen (in der Wirtschaft haben ja alle immer nur Erfolg, bis kurz vor der Insolvenz) Abspeck/Outsourcing/Börsen/Steuerspar-Erfolgen anderer Firmen und hoffen ebenfalls den Gewinn ohne große Mühe und Risiko zu vervielfachen, wissen aber nicht wie. Und dann fallen sie, wie die Oma von nebenan, auf den nächstbesten Klingelputzer mit renommierten Namen rein und ausbaden muss es die Belegschaft, so oder so.
Wirklich belustigend...
...man braucht also Berater, die den Kunden im Umgang mit dem Berater beraten.
Und wenn was schief läuft, ist meistens der Kunde schuld, denn der hat sich schlecht auf den Berater vorbereitet.
Hm, meines Wissens kosten Unternehmensberater ein Stange Geld. Sollte es nicht ihre Aufgabe sein, den Kunden dahingehend zu beraten, was er braucht? Wie er sich vorzubereiten hat.
Meine Erfahrung mit Unternehmensberatern bestätigt mir, ehrlich gesagt, das Klischee: Gutgekleidete BWL-Fuzzis (sorry, aber ist so), die vive im Umgang mit Excel und Powerpoint sind. Ein Unternehmen gibt Ihnen die Bilanzzahlen, die sowieso schon vorliegen und diese werden dann in Tabellenkalkulationen neu zusammengefasst. Anhand dieser Zahlen werden ein paar Leute rausgeschmissen, die die Liste als "zu teuer" deklariert hat. Dann gehen die UBs wieder, nicht ohne eine satte Rechnung zu hinterlassen. Eine paar Montate später stellt der Kunde fest, warum die gefeuerten Mitarbeiter eigentlich so teuer waren (sie waren die wichtigsten für die Firma) und kurz darauf geht die Firma in Insolvenz.
Mein Fazit: Wenn eine Firma ein effektives Controlling hat, braucht sie keine externen Unternehmensberater.
Märklin ist ein schlechtes Beispiel.
Denn da ging es nur darum, das vorhandene Kapital aus dem Unternehmen steuerlich einwandfrei abzupumpen.
Variante "Heuschrecke 007".
Bitte begründen Sie ihre Meinung mit sachlichen Argumenten. Danke. Die Redaktion/er
Aber mit dem grösstem Vergnügen, liebe Redaktion!
Siehe etwa
http://www.nachdenkseiten...
bzw.
http://www.nachdenkseiten...
"Seit dem Jahr 2006 landeten fast 30 Mio. Euro in den Taschen sogenannter Unternehmensberater. Diesen „Beratern“ gelang es aber nicht einmal, eine funktionierende Kostenrechnung zu erstellen. Laut Insolvenzverwalter wäre Märklin ohne die horrenden Beratungskosten nicht pleite. Skandalös hierbei ist insbesondere, dass viele Honorare an Berater gezahlt wurden, die im Aufsichtsrat des Unternehmens oder bei Kingsbridge beschäftigt waren. Sie sahen in Märklin offenbar einen Selbstbedienungsladen."
Kannten Sie denn diesen kleinen Trick noch nicht?