Muss ich die Reisekosten meiner Bewerber zahlen, wenn ich sie zum Vorstellungsgespräch einlade?, fragt Michael Pohlmann.
Sehr geehrter Herr Pohlmann,
laden Arbeitgeber Bewerber zum Vorstellungsgespräch ein, tragen sie auch die Kosten, die bei diesem Gespräch entstehen. Wollen Sie diese nicht übernehmen, müssen Sie in der Einladung explizit darauf hinweisen, dass Sie die Reisekosten nicht bezahlen .
Weil die meisten Unternehmen die Kosten übernehmen, rate ich Ihnen dazu, dem Kandidaten auf jeden Fall schriftlich mitzuteilen, dass Sie die Kosten nicht erstatten. Eine mündliche Aussage allein könnte im Streitfall nicht ausreichend sein.
Versäumen Sie, den Bewerber darüber zu informieren, sind Sie vom Grundsatz her verpflichtet, die Reisekosten zu tragen – und zwar unabhängig davon, ob am Ende das Arbeitsverhältnis zu Stande kommt oder nicht.
Laden Sie einen arbeitslosen Bewerber ein, ersetzt die Agentur für Arbeit unter bestimmten Voraussetzungen die Reisekosten ganz oder zum Teil. Hier empfiehlt es sich, dass Sie vor Antritt der Reise den Bewerber diese Frage klären lassen.
Falls Sie nicht selbst zum Bewerbungsgespräch einladen, sondern die Personalsuche von einer Personal- oder Unternehmensberatung durchführen lassen, hat der Bewerber dennoch einen Anspruch auf Erstattung der Reisekosten. Auch dann müssen Sie diese übernehmen.
Nur wenn Bewerber sich unaufgefordert vorstellen, entfällt für sie der Anspruch.
Ihr Ulf Weigelt
Kommentare
Auch wenn der Bewerber es nicht ernst meint,
Wenn der Bewerber nur nach Hamburg kommt um die Reeperbahn zu besuchen und den Job eigentlich nicht wollte, sondern nur die Reisekosten abstauben wollte, muss man diese auch nicht unbedingt zahlen.
Quatsch
"Wenn der Bewerber nur nach Hamburg kommt um die Reeperbahn zu besuchen und den Job eigentlich nicht wollte, sondern nur die Reisekosten abstauben wollte, muss man diese auch nicht unbedingt zahlen."
Wenn der Bewerber zum vereinbarten Termin zum Vorstellungsgespraech auftaucht, hat er damit seine Leistung erbracht. Was er/sie vorher oder nachher noch macht, geht das Unternehmen einen SD an.
Bewerbungskosten
Das ist natürlich alles richtig.
Prof. Firmen weisen zusätzlich darauf hin, was sie übernehmen. Viele Firmen schreiben dazu gar nichts. Besonders problematisch ist das bei telef. Einladungen.
Wenn eine längere Anreise erforderlich ist zB Bewerber wohnt in Hamburg, Vorstellung in München, sind die Kosten erheblich.
Bei telefonischen Einladungen wäre dem Bewerber zu empfehlen, die Firma zu bitten, die Einladung noch kurz schriftlich zu bestätigen.
Im Prinzip gilt was im Thema geschrieben wurde.
Problematisch wird es immer dann, wenn Arbeitgeber das einfach nicht bezahlen. Dann bedarf es der Beweise, was vereinbart war.
Je nach Position bezahlt eine Firma auch den Flug. Daher ist es hilfreich, wenn die Firma mitteilt, was sie genau bezahlt:
Die Bahn (welche Klasse?), km-Geld fürs Auto, Flug oä.
Wichtig ist noch, dass in aller Regel eine Anreise aus dem Ort nicht bezahlt wird.
Bei ordentlichen Firmen ist das auch gar kein Problem.
Ein Problem entsteht oft bei unerfahrenen Firmen.
Wenn ein Bewerber sicher gehen will, kann er zB schriftlich den Termin gerne bestätigen und kurz in dem Schreiben anmerken, dass er davon ausgeht, dass die Anreise bezahlt wird. Bei Telefonaten kann man kurz nachfragen, "die Reisekosten werden doch von ihnen übernommen?"
Leider kenne ich Fälle in denen die Firmen die Bewerber 500 km anreisen ließen (einfache Strecke) - nichts bezahlt haben. Dann muss man klagen, was nur Ärger schafft. Besser ist vorher alles zu klären.
Herr Weigelt hat aber klar geantwortet
Ich denke klarer wie hier im Artikel kann man aber nicht antworten auf all Ihre Fragen: Rechtlich gesehen, hat der potentielle Arbeitgeber die Pflicht, entweder schriftlich eindeutig klar zu machen, dass er für die Reisekosten nicht(!) aufkommen will, oder er muss sie erstatten. D. h. für die von Ihnen genannten Fälle muss er sie auch erstatten, sofern er nicht schriftlich festgelegt hat, dass er sie nicht erstattet.
Wenn das eingeladenene Bewerber wissen, können sie sogar vor Gericht ihr Recht einfordern und gewinnen jeden Prozess.
Was Sie hier beschreiben macht eher den Eindruck auf mich, dass sich die Betroffenen ihres Rechts nicht bewusst sind, was dann von den Firmen schamlos ausgenutzt wurde.
Der Artikel ist sehr nützlich, denn in der Tat wusste auch ich bisher nicht, dass Firmen grundsätzlich verpflichtet sind, Reisekosten zu erstatten und, falls sie dies nicht tun wollen, schriftlich darauf hinweisen müssen.
An der Realität vorbei
Formal ist die Rechtslage richtig beschrieben. Die aktuelle Situation stellt sich anders dar. Viele Firmen weisen nicht daraufhin, daß sie die Reisekosten nicht erstatten. Selbst kleinste Beträge müssen wiederholt angemahnt werden. Von einer Rechtschutzversicherung sollte man auch nicht allzuviel erwarten. Der Mitarbeiter erklärte einmal auf telefonische Nachfrage, ob die Rechtschutzversicherung die Kosten für ein Fahrtkostenverfahren übernimmt "In der heutigen Zeit können Sie froh sein, wenn sie eingeladen werden."
Die gelebte Rechtslage, die die Kolumne beschreibt, ist seit 10 Jahren vorbei. Zeitarbeitsunternehmen zahlen generell keine Fahrtkosten.
Bei vielen Bewerbungsgesprächen entsteht ohnehin der Eindruck, daß sie nur dem Selbsterhalt der Personalabteilungen dienen. Schlecht vorbereitete Mitarbeiter arbeiten eine Standardprozedur ab und können sich das bei der Lage des Arbeitsmarktes auch erlauben.
Theorie <=> Praxis
Abseits theoretischer Wenn-dann-sonst-Überlegungen oder der fabelhaften Welt der Personalmanagement-"Fachzeitschriften" werden Bewerber kaum für ihre Aufwände entschädigt.
1) "Ich habe nicht soviel Geld. Bekomme ich die Anreise bezahlt?" : Heutzutage ist ein Bewerber oft über eine Einladung heilfroh und vermeidet es, anfangs mit "unangenehmen" Geldfragen negativ aufzufallen.
2) Hinterher könnte man hingehalten werden. Will man dann mit der Frage nach Kostenerstattung zugeben, dass man selbst nicht mehr an eine Anstellung glaubt und "wenigstens" die Kosten erstattet haben möchte?
3) Recht haben und Recht bekommen sind... Kaum ein Bewerber zieht vor Gericht, obwohl der Arbeitgeber schon die moralische Pflicht hätte, einen eingeladenen Bewerber aus 100 km Entfernung u. mehr zu entschädigen. Der Bewerber als Arbeitssuchender hat ohnehin keine üppige Reisekostenportokasse...
Also Herr Michael Pohlmann. Keine Sorge! In den überwiegenden Fällen "vermeiden" bereits viele Unternehmen mit einer Zeit-Hinhaltetaktik die anfallenden Reisekostenzahlungen der eingeladenen Bewerber.
P.S.: Selbst viele angestellten Mitarbeiter begehren bei den Reiseaufwänden nicht auf, wenn es dem Unternehmen nicht gut geht und man wiederum nicht "negativ" auffallen will.
Man könnte dann nämlich beim Buhlen um positive Aufmerksamkeit übergangen werden.