Die allermeisten Führungskräfte gehören zum mittleren Management. Sie müssen gleichzeitig Fachaufgaben, Managementaufgaben und Führungsaufgaben wahrnehmen – sie sind gewissermaßen Eier legende Wollmilchsäue.
Eine Untersuchung der Dr. Jürgen Meyer Stiftung aus dem Jahr 2011 identifizierte fünf Problemfelder in dieser Führungsposition: Rolle, Leistungsdruck, Qualifikation, Ethik und Strategie.
Weil Führungskräfte in Sandwichpositionen Bindeglieder zwischen strategischem Topmanagement und operativem Kern sind, müssen sie verschiedene Rollen einnehmen, die zu widersprüchlichen Anforderungen und somit zu Konflikten führen können. Sie erhalten von Vorgesetzten Anweisungen, die sie umzusetzen haben. Und sie führen Mitarbeiter und Abteilungen, die sie motivieren müssen und denen sie die Unternehmensziele kommunizieren müssen. Führungskräfte im mittleren Management sind vor allem Informationsvermittler. Sie steuern die Infos gewissermaßen in die verschiedenen Richtungen. Im Prinzip eine verantwortungsvolle Rolle – denn sie sind die Wissensträger und Wissensvermittler im Unternehmen und haben vielleicht sogar den umfassendsten Blick.
Durch diese Rollenvielfalt sitzen sie allerdings auch zwischen den Stühlen. Viele fühlen sich ihren Mitarbeitern näher als der obersten Managementetage – auch weil sie in der Regel aus dem Unternehmen selbst heraus rekrutiert werden. "Es gibt einen Rollenkonflikt zwischen Leader und Follower: Mittelmanager führen ihre Bereiche und je mehr sie sich in der Führungsrolle entwickeln, desto schwieriger kann es werden, weiterhin Anforderungen vom Topmanagement zu befolgen", sagt Claus Steinle, Professor am Institut für Unternehmensführung und Organisation an der Leibnitz Universität Hannover.
Ein weiteres Problem der Rollenvielfalt: Mittelmanager leiden oft an der mangelnden Wertschätzung und Sichtbarkeit ihrer Leistungen. Auch werden Misserfolge der Teams gern dem mittleren Management zugewiesen, den Erfolg hingegen streicht das Topmanagement für sich ein. Diese mangelnde Wertschätzung wirkt nicht nur stark demotivierend, sondern kann langfristig zu einer negativen Einstellung gegenüber dem Topmanagement oder dem Unternehmen führen.
Auch wenn Mittelmanager immer verschiedene Rollen im Unternehmen einnehmen werden, sollten die konkreten Rollen und die wichtigsten Funkionen klar definiert werden. Hilfreich kann hier das Erstellen eines Leitbilds sein, das Ziele, Erwartungen sowie Verantwortlichkeiten festhält. Das fördert die Identität und bietet klare Handlungsleitlinien. Ferner sollte das Topmanagement die wichtige Rolle der Führungskräfte auf mittlerer Ebene angemessen honorieren . Dazu können sich Boni eignen. Allein auf den monetären Anreiz sollte man allerdings nicht setzen. Viel besser ist, den Führungskräften Freiräume zu schaffen und ihnen zu ermöglichen, zusätzliche Qualifikationen zu erwerben. Auch Sabbaticals können ein Anreiz sein.
"In vielen Großunternehmen galt das mittlere Management lange als Behörde oder Lehmschicht. Heute soll das mittlere Management aktiv seine Scharnierfunktion ausüben. Teamleiter, Gruppenleiter, Projektleiter und Abteilungsleiter sind das Scharnier zwischen allen strategischen Plänen und Zielen und dem, was jeden Tag in den einzelnen Abteilungen abläuft, was die Mitarbeiter denken und was sie tun", sagt Ruedy Baarfuss vom Malik Management Zentrum St. Gallen. Für Unternehmen heißt das, ein Bewusstsein zu schaffen, dass eine Position im mittleren Management durchaus eine Schlüsselposition ist. Und zwar eine, die über den Unternehmenserfolg entscheidet.
Kommentare
"Sinnvolle" Unternehmensziele und Wertschätzung
Die fehlende Wertschätzung trägt zu einem großen Teil zum Stress-Erleben und Frustration der Mittleren Manager bei. In meiner Praxis erlebe ich sehr oft auch eine hohen Grad an Fremdbestimmung und gefühlter "Sinnlosigkeit" bestimmter Vorgaben durch nicht klar kommunizierte Unternehmensziele.
Kurz und auf den Punkt!
Ja, so ist es. Deshalb brennen gerade die Führungskräfte im Mittleren Management aus. Ein klare Rollen- und Aufgabenbestimmung und Wertschätzung sind definitiv wichtige Faktoren, um diese Position auch für das Unternehmen sinnvoll zu nutzen und seine Führungskräfte in Sandwich-Position zu stärken. Sie als "Scharnier" zu sehen, ist ein wirklich gutes Bild, das ihre Funktion deutlich macht. Und dieses Scharnier sollte regelmäßig "geölt" werden.
Sandwichversteher
Die intrapersonelle Rollenvielfalt sowohl nach oben als auch nach unten entsprechend zielgerichtet zu operationalisieren, ist die große Herausforderung für das mittlere Management.
Noch wichtiger als Leitbilder, sind neben der Festlegung von Verantwortung und Befugnissen, die Beziehungen nach oben und nach unten bzw.die positiv-reversiven Ausprägungen dieser Beziehungen zwischen den Elementen der Hierarchiesysteme.
Der verstärkte Abbau der mittleren Positionen diente zu einem Teil auch dem Selbstschutz der obersten Leitungsrollen; ein anderer Teil wurde durch immer stärkere Festlegung/Standardisierung von Prozessen und Verfahren; und im Glauben auf sich selbst steuernde Teams ohne formelle Führungsrollen, für überflüssig erklärt.
Malik vertritt einen ethischer Ansatz der zwar vorbildlich ist; leider aber desto weniger weniger gelebt wird, je mehr Bücher darüber geschrieben werden. Ersatzweise pflegt man die Kommunikation positiver Unternehmensleitbilder nach außen.
Die Zeit der Humanisierung industrieller Arbeit/Dienstleistungen wurde mit dem verstärkten Trend zu Shareholder-Value-Ansätzen ( beginnend in den 1990ern)beendet. Eine Wiederbelebung auf breiter Front ist wohl ausgeschlossen. Dem mittleren Management droht eher und bedingt durch die zukünftige Fachkraftschwemme, ein Darwinisums um besetzte und freie Stellen.
Wieder ein Baustein des Leistungsklima
Ich habe in einem Unternehmen als Führungskraft gearbeitet, in dem Führungskräfte alle zwei Jahre von der Geschäftsführung (wieder-) eingesetzt wurden und anschließend von den zugeordneten Mitarbeitern in geheimer Wahl bestätigt wurden - oder eben auch nicht. Das prägt den Umgang mit den Mitmenschen erheblich. Authentizität ist hier das wichtigste Merkmal um wieder eingesetzt und bestätigt zu werden. Meinen Führungsstil hat dies in den 6 Jahren erfolgreicher Führung nachhaltig geprägt. Diese und andere Erfahrungen führten zu Etablierung der Leistungsklimabilanz für Unternehmen. Nach einer Organisationsdiagnose wird bilanziert und Handlungsempfehlungen ausgesprochen. nach den Interventionen erfolgt eine Evaluation, zur Kontrolle der durchgeführten Maßnahmen. So entsteht ein gesundes Leistungsklima in dem Bestleistungen möglich werden. Das mittlere Management wird deutlich entlastet.
@twgneuss
klingt sehr schön, aber wann hatten sie denn zeit zum arbeiten, ich stelle mir diese prozedur als extrem zaitaufwendig vor. weiter stellt sich mir die frage, warum sie nicht mehr dabei sind, sind sie abgewählt worden? was passiert denn wenn der boss sie aufstellt aber das personal sie ablehnt ......
scharnier klingt retro....ich sag immer amortiseur....