In meinem Unternehmen gibt es wenig Aufstiegschancen und leider werden auch keine Weiterbildungen angeboten. Ich würde mich aber gerne weiterentwickeln. Gibt es ein Recht auf Weiterbildungen?, fragt Thorsten Kuhn.
Sehr geehrter Herr Kuhn,
obwohl viele Bereiche und Branchen im stetigen Wandel sind, sehen noch immer viele Arbeitgeber nicht die Notwendigkeit, ihre Mitarbeiter regelmäßig weiterzubilden. Neben den Kosten für die Weiterbildung stellt für diese Unternehmen auch immer wieder die Freistellung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts ein Problem dar.
Eine gesetzliche Grundlage, die bundesweit gilt, existiert bezüglich eines Weiterbildungsrechts nicht, da diese Fortbildung auf Bundesländerebene geregelt wird. Das heißt, wer von seinem Arbeitgeber die Freistellung für eine Fortbildung einfordert, sollte sich zunächst informieren, wie viel Tage Freistellung von der Arbeit für die Teilnahme an anerkannten Bildungsveranstaltungen ihm zustehen. Ein Übersicht bietet das InfoWeb Weiterbildung (IWWB).
Auch eine Finanzierungspflicht für die jeweilige Bildungsveranstaltung haben Arbeitgeber nicht. Es sei denn, ein Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung, ein Sozialplan oder eine Rationalisierungsmaßnahme regeln etwas anderes.
Möchten Sie sich auf eigene Kosten weiterbilden, darf Ihr Arbeitgeber Ihnen das aber nicht verweigern. Vorausgesetzt, betriebliche Gründe stehen Ihrem Freistellungswunsch nicht entgegen und die Bildung bzw. Weiterbildung erfüllt die Voraussetzungen des jeweiligen Bildungsurlaubsgesetztes des Landes. So ist zum Beispiel im Berliner Bildungsurlaubsgesetz geregelt, dass der Bildungsurlaub der politischen Bildung und der beruflichen Weiterbildung dienen soll. Ist das der Fall, beträgt der Bildungsurlaub in Berlin zehn Arbeitstage innerhalb eines Zeitraumes von zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren.
Die 58. Kammer des Arbeitsgerichts Berlin geht zum Beispiel in einem aktuellen Fall und in einer ersten Einschätzung davon aus, dass ein Sprachkurs für Portugiesisch in Brasilien die Voraussetzungen des Bildungsurlaubs im Sinne des Berliner Bildungsurlaubsgesetzes nicht erfüllt, wenn ein Mitarbeiter gar nicht Portugiesisch in seinem Beruf sprechen muss. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dienen Sprachkurse auch regelmäßig nicht der politischen Weiterbildung. Ein Sprachkurs, der als berufliche Weiterbildung anerkannt würde, darf demnach also nicht schwerpunktmäßig die Vermittlung von Sprachkenntnissen dienen, sondern er müsste die Vermittlung politischer Inhalte zum Ziel haben – und der Mitarbeiter müsste die Sprache in seiner Tätigkeit für den Arbeitgeber anwenden.
Möchten oder können Sie die Kosten für Ihre Weiterbildung nicht allein tragen, schlagen Sie Ihrem Arbeitgeber zunächst eine Kostenteilung vor. Dann sollten Sie aber auch damit rechnen, dass Ihr Arbeitgeber dieses Arrangement an gewisse Regeln koppelt. Nicht selten vereinbaren Unternehmen hier schriftlich die Rückerstattung der Kosten. Das heißt, verlässt ein Mitarbeiter das Unternehmen kurz nach der Weiterbildung, ist er zur Rückzahlung der Kosten verpflichtet, vorausgesetzt eine solche Vereinbarung ist wirksam geschlossen worden.
Ihr Ulf Weigelt
Kommentare
Vertane Chance
Für die im kommenden Jahr anstehende Tarifrunde verlangt die IG Metall analog zur bisherigen Altersteilzeit eine von ihr so bezeichnete Bildungsteilzeit für deren dort in der Metall- und Elektroindustrie gewerkschaftlich organisierten Mitglieder; wobei sich schon heute eine Auseinandersetzung in der Frage abzeichnet, was unverrückbar die gesellschaftlichen Voraussetzungen politischen Handelns sind. Weite Teile der Gewerkschaft erkennen die unzähligen Formen des Kapitalismus wider besseres Wissen als solche an und lassen den Arbeitgebern daher keine andere Wahl, als der auf diese Weise fälschlich erhobenen Forderung nach einer betrieblich finanzierten Weiterbildung eine Abfuhr zu erteilen. Solange also die in Europa mächtigste Einzelgewerkschaft sich unverdrossen den besagten Unfug gleichsam selbst auf ihre eigenen Fahnen schreibt, sieht es zumindest von deren Seite für den Einzelnen sehr düster aus, sobald er mehr zur Beschaffenheit der sozialen Welt für sich herausfinden will.
Bildungsurlaub ein Recht für Previligierte?
Bei 6 Wochen Urlaubsanspruch, scheint es mir durchaus zumutbar hier die Zeit selbst zur Verfügung zu stellen. Ansonsten wird wohl jeder Arbeitgeber das möglichste für einen Mitarbeiter tun wenn die Bildungsmaßnahme dem Betrieb direkt Nutzen bringt.
Der Bildungsurlaub selbst ist ein Relikt aus einer Zeit als viele noch dachten die Wirtschaft kann alles leisten. Wie viele Maßnahmen sind die Programmme auf den öffentlichen Dienst und große Konzernen zugeschnitten, wobei bei den letzteren Bildungsurlaub auch kein Selbstgänger ist. .
Es wäre sinnvoll gleich noch eine Statistik mitliefern könnnte wer Bildungsurlaub eigentlich in Anspruch nimmt. Das Ergebnis wird mich nicht überraschen
Notwendig
Wieso sollte der Bildungsurlaub ein Relikt sein.
Er ist eine sinnvolle Einrichtung für Arbeitnehmer sich beruflich und politisch weiter zu bilden und sollte unbedingt in Anspruch genommen werden.
Das DGB Bildungswerk bietet einige sinnvolle Seminare im Bereich der politischen Bildung an:
http://www.forum-politisc...
das Problem ...
ist mir nicht plausibel. Was hält den Frager denn ab, sich fortzubilden. Das sollte doch auch ohne die dezidierte Unterstützung seines Arbeitgebers möglich sein.
via ZEIT ONLINE plus App
Klar kann man das
Angenehmer ist es natürlich schon wenn der AG mitzieht. Teilweise ist es leider sogar so dass der AG selbst private Weiterbildungsbemühungen torpediert. Und es hat schon ein Geschmäckle wenn im technischen Bereich bei regelmäßig 45 bis 50 Stunden pro Woche noch private Weiterbildung in der Freizeit erwartet wird. Man muss gewisse AG durchaus zu ihrem Glück zwingen. Anders werden die MA auf Verschleiß gefahren und dann bemängelt dass sie kaputt sind.