Eigentlich hätte es für Julia Orbig nicht besser laufen können. Nach dem Abitur gehörte sie zu denjenigen, die eine der sehr beliebten dualen Ausbildungen anfangen durften: Aviation Management bei der Lufthansa in Kombination mit einem BWL-Studium an der European Business School in Frankfurt. "Ich habe mich total gefreut, denn ich wollte immer in einem großen, internationalen Konzern arbeiten", erzählt sie. Nach dem dreijährigen Studium konnte sie im Unternehmen bleiben, betreute ein IT-Projekt mit Tochtergesellschaften von Lufthansa im Ausland. Eine Aufgabe, die der 23-Jährigen Spaß machte.
Doch einen Umstand gab es, der ihr die Laune jeden Tag gründlich verhagelte: "Das Mittagsessen. Es gab für uns Mitarbeiter am Flughafen keine andere Möglichkeit, als in die Kantine zu gehen. Das Essen war oft deftig, außerdem wiederholte es sich sehr stark und ich als Vegetarierin war extrem eingeschränkt in der Auswahl."
Also fing sie an, am Abend selbst ihr Mittagessen für den nächsten Tag zu kochen und nahm es mit in den Betrieb. "Endlich konnte ich mich wieder auf ein Essen ganz nach meinem Geschmack freuen", erzählt die junge Frau freudestrahlend. Da ihr neben ihrem Vollzeitjob wenig Zeit zum Einkaufen, Essen vorbereiten und Kochen blieb, suchte sie nach einer Möglichkeit, alles schneller zu machen, ohne auf Frische und Geschmack verzichten zu müssen. "Eigentlich war das die Grundidee für pack2cook", weiß Orbig heute.
Etwas Eigenes machen
Während sie bis über beide Ohren in dem Lufthansa-IT-Projekt steckte, wurde in ihr der Wunsch nach mehr beruflicher Autonomie immer stärker. Der Großkonzern erschien doch ein bisschen zu groß, der Job zu unflexibel, zu hierarchisch und strukturell geordnet. Ihr fehlte die Kreativität. Und: "Ich sehnte mich nach etwas Kleinerem, wo man schneller Dinge vorantreiben und ausprobieren kann."
So beschloss Orbig eines Abends am Kochtopf, ihre bis dahin kreierten schnellen Rezepte mit frischen Zutaten in eine Geschäftsidee umzuwandeln. "Aus meinem Arbeitsumfeld und von Freunden wusste ich, dass vielen der Aufwand des Kochens zu groß war, sie aber auch das Kantinenessen meist nicht leiden konnten. Und ich hatte in meinen abendlichen Kochsessions den Weg gefunden, ihnen eine leckere Mittagspause gestalten zu können." Kurzerhand kündigte Orbig ihren Job in Frankfurt und gründete in Berlin das Start-up pack2cook.
In angemieteten Geschäftsräumen mit einer Küche, die alle gastronomischen Voraussetzungen erfüllt, bereitet sie seit einem halben Jahr mit mittlerweile zwei Mitarbeiterinnen alles für ein gutes Mittagessen mit geringem Aufwand vor. "Pack2cook ist ein Kochpaket, das die Zutaten für genau eine Mahlzeit beinhaltet. Alles ist bereits geschnitten und abgepackt, vom Öl bis zum Salz ist alles enthalten. Damit ermöglichen wir die Zubereitung des Essens in weniger als 20 Minuten", erklärt die Gründerin. Zudem kann das Gericht in nur einem Topf gekocht werden, der Abwasch bleibt also überschaubar. Und auch bei der Verpackung hat Orbig einen umweltfreundlichen Weg gefunden: "Wir verwenden 100 Prozent plastikfreie Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen."
Wackelige Finanzierung, viel Zuversicht
Finanziell kann die junge Geschäftsfrau noch auf Reserven zurückgreifen und hat zudem eine Crowdfunding-Kampagne initiiert – die aber leider nicht so erfolgreich lief. Weniger als 2.000 Euro kamen dabei zusammen. Orbig bleibt trotzdem optimistisch und empfindet ihren Schritt in die Selbstständigkeit nach wie vor als richtig: "Ich fühle mich gut mit dem, was ich jetzt mache. Außerdem haben die ersten Geschäftsmonate gezeigt, dass es einen Markt für meine Idee gibt."
Am meisten schätzt die 23-Jährige die Abwechslung an ihrer neuen Tätigkeit. Statt reiner Schreibtischarbeit wechselt sie zwischen Küche und Büro, nimmt Bestellungen entgegen und schnippelt, wenn sie gebraucht wird, fleißig Gemüse in der Küche. Ideen für die Zukunft hat sie auch schon: "Ich habe die fleischlosen Gerichte in meiner privaten Küche kreiert. Langfristig würde ich aber auch gern Kundenwünsche miteinbeziehen oder Rezepte aus Foodblogs an unser 5-Schritte-Rezept anpassen." Als nächster großer Schritt stünden aber erst einmal Kooperationen mit Berliner Unternehmen an.
Kommentare
Das vegetarische Speiseangebot in schonender Verpackung halte ich für eine gute Idee. Allerdings verstehe ich nicht, warum ich das Essen noch selbst kochen soll - ich würde das lieber "prêt-à-manger", also gleich verzehrfertig kaufen wollen.
Naja, so hat es den Touch von Frische im Gegensatz zu "normalen" Dosenfutter.
Wenn hier irgendjemand die Lufthansakantine kennt.... und diese mit so ziemlich jeder anderen Kantine vergleicht, dann wird diese Person merken, dass die Lufthansakantine eine der besten überhaupt ist.
Durfte vor einigen Jahren mal ein Praktikum dort absolvieren und war meine Schulkantine gewohnt. Dazwischen liegen Welten. Mittlerweile kenn ich auch noch ein paar andere... Da frag ich mich ernsthaft, was die junge Frau von einer Kantine erwartet?
Abgesehen davon ist die Idee natürlich trotzdem gut und ich wünsche ihr viel Erfolg.
sie ist 23. lol. zu hause ist einfach am besten. richtige kantinen hat sie nie gesehen.
30 Minuten Mittagspause, 20 Minuten zum kochen. Bleiben 10 Minuten zum runterschlingen. Den Gedanken kann ich nachvollziehen: Das Kantinenessen ist meistens miserabel und zum vorkochen hat man auch nicht immer Lust. Fragt sich aber tatsächlich, welchen Vorteil man dadurch hat, dass man das Essen selbst kocht und nicht frisch zubereitet geliefert bekommt. Preislich dürfte es keinen großen Unterschied machen. Teurer als Kantinenessen wird es in jedem Fall sein.
"30 Minuten Mittagspause, 20 Minuten zum kochen. Bleiben 10 Minuten zum runterschlingen."
Sie haben da Grundsätzliches missverstanden. Vielleicht den Beitrag noch einmal lesen?
Wieder so ein ding von moralischer Überheblichkeit.
Ich bin selbst kantinengänger. Da sind leute, die machen ihren job so gut es geht, sind freundlich. Ich verlange keinen Perfektionismus. Na klar wiederholen sichnsavhen und manchmal ist nix dabei und ich nehme mir nur Kartoffeln und Gemüse, na und?
Vegetarisch find man immer was.
Nix gegen das Start up, manche brauchen halt so etwas. Aber die Art und weise geht gar nicht.
Mir wird eher schlecht, wenn ich solche Sprüche lese " die Kantine hat meinen arbeitstag verkleidet". Für mich nur unsympathisch und arrogant.
Soll sie machen, meine Wellenlänge ist es nicht
@ Juan Pablo
Das kann ich so nur bestätigen.
Bei uns müssen die Leute ein paar TAUSEND Mitarbeiter täglich versorgen, und ich habe grossen Respekt vor der Aufgabe, zumal ich schon im Studium in der Uni-Kantine gejobbt habe. (allein schon der Hygiäne-Aspekt, und dann muss bei mehreren Menues genügend von fast allem während der Öffnungszeit von 2Std. verfügbar sein, sonst beschweren sich viele)