"Aus freiem Willen, mit freiem Herzen, im Freien." Das war das Motto der Hochzeit von Tatjana und Maria Feuerer aus Schönhofen bei Regensburg. Im Juli 2016 war es soweit: Auf der Terrasse der Befreiungshalle auf dem Michelsberg in Kelheim, hoch über der Donau, besiegelten die beiden Frauen ihr Eheglück. "Unter freiem Himmel fühle ich mich mit Gott am besten verbunden", sagt Maria Feuerer. Doch ihre Ringe tauschte das Paar nicht vor einem Priester, sondern vor der freien Theologin und Zeremoniengestalterin Silvia Schäfler.
Standesamtlich hatten sie
schon ein Jahr zuvor geheiratet. Die private Trauung sollte das Bündnis vollenden. Und weil den Frauen die spirituelle Dimension ihrer Eheschließung sehr wichtig war, sie aber als lesbisches Paar nicht kirchlich heiraten können, mussten sie sich den Segen für ihre Verbindung woanders holen – und entschieden sich für Schäfler.
"Für mich ist es vollkommen egal, wer heiratet, Hauptsache die
beiden lieben sich", sagt die Theologin, die keineswegs nur auf homosexuelle Paare spezialisiert ist. Zusammen mit ihrem Mann Markus Schäfler, einem exkommunizierten katholischen Priester, arbeitet sie als Zeremonienleiterin und Hochzeitsrednerin. Vor allen in ihrer Region in Buchloe im Allgäu, wo sich aber auch immer mehr Schwule und Lesben trauen lassen. "Vor ein paar Jahren waren die Anfragen noch ganz zaghaft: 'Macht ihr
so etwas überhaupt?'", erzählt der frühere Priester. Er fand es schrecklich, dass viele Homosexuelle immer wieder von kirchlichen Geistlichen abgewiesen werden. Der 44-Jährige weiß, wie es ist, von der Kirche ausgegrenzt zu werden. Als er sich in seine Frau verliebte und sie heiratete, erfuhr er diese Ausgrenzung am eigenen Leib.
Aber auch immer mehr Heterosexuelle lassen sich von freien Theologen und Rednern trauen. Dazu zählen Geschiedene, die streng genommen nicht noch einmal kirchlich heiraten dürfen und Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind, ebenso wie Menschen, die gar nicht erst getauft wurden und Freigeister, denen die standesamtliche Heirat zu wenig und eine kirchliche Hochzeit zu viel ist. Allein in ihrer Region im Allgäu bekommt das Theologenpaar Schäfler gut 400 Anfragen im Jahr – aber tatsächlich trauen sie nur einen Teil der Paare. "Bei uns kommen die Trauungen nicht vom Fließband. Wir schließen grundsätzlich nur eine Ehe pro Tag, sonst wirkt sich das auf die Qualität der Zeremonie aus", sagt Silvia Schäfler. Dabei könnten sie an bestimmten besonders beliebten Trauungsterminen, wie zum Beispiel an Tagen im Juni, bis zu 20 Zeremonien abhalten. "Ich trage aber die Verantwortung, dass der Hochzeitstag für das Paar ein unvergesslicher Moment in ihrem Leben wird. Und da muss ich zu 100 Prozent da sein und nicht schon mit den Gedanken bei der nächsten Trauung", sagt die freie Theologin.
Wie die Feier abläuft, entscheidet dabei das Paar selbst. Tatjana und Maria Feuerer etwa wählten das Lied Today is the Day ihrer Lieblingssängerin Pink, sprachen ein spontanes Eheversprechen und führten ein Ritual durch, bei dem jeder Gast
etwas Sand und damit gute Wünsche für eine solide Beziehungsbasis in ein
graviertes Glas mit der Hochzeitskerze goss.
Etwa 40 Stunden plus Anfahrtszeit kalkulieren die Schäflers für eine Trauung ein, von den Vorbereitungsgesprächen über die Auswahl der Texte, des Verfassens der persönlichen Ansprache und manchmal Fürbitten sowie der Konzeption und Durchführung der Feier. Außerdem kümmern sich die beiden darum, wenn das Paar symbolisch Luftballons oder Tauben fliegen lassen möchte – oder Weihrauch anzünden. Die Schäflers gestalten außerdem ein Erinnerungsheft. Der Preis berechnet sich nach Art und Umfang der Trauung.
Zwischen 150 Euro und einigen Tausend Euro pro Hochzeit
Die Kosten für freie Hochzeitsredner variieren stark. Manche nehmen 150 Euro für eine Rede, andere verlangen mehrere Tausend Euro für eine Trauung. Auch die Schäflers liegen preislich eher im oberen Bereich, verraten sie. "Aber wir bieten auch viel Service", sagt Silvia Schäfler. Mehr will sie nicht sagen. Generell gebe es immer mehr Konkurrenz auf dem Markt und auch der Preiskampf sei größer geworden, sagt sie.
Manche nennen sich Zeremonienleiter, andere sogar Zeremonienmeister und wieder andere einfach Trauredner. Die Berufsbezeichnungen sind alle nicht geschützt. Eine offizielle Ausbildung gibt es entsprechend nicht und auch keine allgemeinen Qualitätsstandards. Jeder kann seine Dienste anbieten – egal, ob theologisch fundiert oder nicht.
Kommentare
Finde ich klasse.
Die christliche Lehre ist eine Lehre der Liebe. Wenn die Kirche ein Problem damit hat, dass Leute sich lieben, dann ist sie schlicht nicht mehr zeitgemäß.
Hier ein themennaher Artikel, den man fast schon für Satire halten möchte:
http://www.faz.net/aktuel...
>>Der wachsende Veganismus entzweit zunehmend katholische Veganer von ihrer Kirche: Können sie noch Katholiken bleiben? Können sie weiter an der katholischen Feier der Eucharistie teilnehmen? Diese Fragen sind Gegenstand einer wissenschaftlichen Studie von Katholischen Dogmatikern und Fundamentaltheologen in Bochum. Erste Antworten klingen nach einem eindeutigen „Nein“;<<
Ich finde diese Entwicklung auch klasse. Warum sollte dieses Ritual nur von einer der Amtskirchen durchgeführt werden. Es ist reine Symbolik ohne rechtlichen Gehalt und ohne jede Konsequenz. Der Kunde darf sich (zumindest in Deutschland) den Dienstleister frei aussuchen. Konkurrierende Anbieter können den Sinneswandel bei den Altbackenen nur beschleunigen.
Wenn Veganer und Katholik inkompatibel sind, dann ist das halt so. Zu wessen Vor- oder Nachteil das nun geraten soll, darüber mögen sich Menschen mit Wahrnehmungen auseinandersetzen.
Liebe ist schön.
"Ganz frei Ja sagen"
Das sollte das juristische, innen- wie familienpolitische Motto insbesondere ggü den aus religiösen und/oder kulturellen Gründen meist minderjährig zwangsverheirateten Mädchen und Jungen sein.
Dass Homo-, Trans-, Hetero- oder sonstig Sexuelle gleichberechtigt heiraten bzw eine Familie gründen, ob mit oder ohne Kind, können und dürfen, ist mMn ein durchweg lohnendes Ziel, wie der Artikel recht gut darzustellen versteht.
Es ist ebenfalls wichtig, dass sie diesen so wichtigen Tag in ihrem Leben angemessen begehen können. Insofern ist die Überlegung nach einem Qualitätssiegel als Orientierungshilfe vielleicht doch nicht verkehrt.
Der Artikel ist zu pauschal, in Bezug drauf, was in der Kirche (angeblich) nicht möglich ist.
In der evangelischen Kirche dürfen Geschiedene sehr wohl wieder heiraten und in vielen ev. Landeskirchen Deutschlands ist mittlerweile eine kirchenrechtl. der Trauung gleichgestellte Segnung homosexueller Paare möglich, in fast allen eine Segnung.
Und selbst in mach altkatholischer Kirche ist in D zumindest ein Segnungsgottesdienst für gleichgeschlechtliche Paare möglich.
Was nicht heitß, dass in Sachen Gleichstellung noch einiges Verbesserungswürdig ist.
Schon richtig, aber dafür mussten Leute auch Jahrzehntelang kämpfen. Und wofür? Um irgend einem riesigen kafkaesqen Apparat die Rente und das Eigentum zu finanzieren? Befreiungstheologen aller Art mussten sich schon immer mit den tiefst reaktionären Kirchen auseinandersetzen ganz egal ob es um soziale Gerechtigkeit in Latein-Amerika oder eben Homosexuelle hierzulande geht.
Man könnte daraus auch die einfache Lehre ziehen dass die tatsächlichen Christen sich wohl häufiger außer als in ihrer Kirche befinden, und mehr Leute sollten den Mut haben sich von diesen Institutionen zu emanzipieren.