Alemgema Alemayoh pflückt täglich Tomaten, die sie nie kosten darf. Sie arbeitet in ihrem Heimatland Äthiopien auf der Farm eines niederländischen Investors. Ihr Arbeitgeber schwärmt von den idealen Bedingungen: die fruchtbare Erde, die niedrigen Produktionskosten, eine Regierung, die ausländische Farmer unterstützt, die kurzen Wege zu den Kunden in den wohlhabenden Golfstaaten. Die fordern höchste Qualität – und zahlen gut.
Alemgema Alemayoh aber wird am ganzen Körper abgetastet, wenn sie die Farm verlässt, damit sie kein Gemüse nach draußen schmuggeln kann. Von ihrem Verdienst kaufe sie immer nur Mais für sich und vier ihrer Kinder, sagt sie. Etwas anderes sei nicht drin. Ihre drei anderen Kinder könne sie nicht auch noch ernähren; sie leben bei Alemgemas Mutter.
Die Geschichte der Arbeiterin gehört zu den stärksten im Dokumentarfilm Landraub. Denn wenige Einstellungen später wird gezeigt, wo das von Alemayoh geerntete Gemüse landet: im Burj Al Arab in Dubai, einem der luxuriösesten und teuersten Hotels der Welt, wo man den Gästen frische bretonische Austern mit einer Dekoration aus Blattgold serviert.
In Landraub behandelt der österreichische Journalist und Regisseur Kurt Langbein ein drängendes Thema: Seit der Hungerkrise 2008 wächst der weltweite Bedarf an Ackerland, und seit wegen der Finanzkrise andere Anlageformen nicht mehr so gewinnträchtig sind, stürzen sich die Investoren erst recht auf die fruchtbaren Flächen. Die Nachfrage nach Biosprit und lukrative Aufforstungsprojekte im Namen des Klimaschutzes heizen das Geschäft noch an – häufig zum Schaden der einheimischen Bauern.
Das ist nicht nur in Äthiopien so, wo Alemgema Alemayoh lebt, sondern auch in Kambodscha, wo Politiker und Agrarunternehmer Bulldozer schicken, um Bauern zu vertreiben. Sie wollen auf dem Land Zuckerrohr und Kautschuk pflanzen. Ein gutes Geschäft, auch dank der von der Europäischen Union subventionierten Zuckerexporte nach Europa. 500.000 Menschen in Kambodscha seien bereits von den Landkonflikten betroffen, sagt der Mönch Luon Sovath, der die Menschenrechtsverletzungen mit seiner Kamera dokumentiert.
Ein Investor mit besten Absichten
Oder in Sierra Leone: Dort baut die Schweizer Firma Addax Zucker an, um Treibstoff daraus zu gewinnen. Wie der Zucker aus Kambodscha ist auch der Sprit für den europäischen Markt bestimmt. Und offenbar hat dieser Investor sogar beste Absichten: Langbein begleitet den Leiter der Addax-Anlage in dem westafrikanischen Land, wenn er mit dem Jeep durchs Gelände fährt, seine Treibstoffraffinerie zeigt und auf Landkarten die Grenzen seines Grund und Bodens zeigt. Man habe alle Dorfbewohner in das Landgeschäft miteinbezogen, berichtet er, und schule die Bauern nun drei Jahre lang darin, ihr Land mit Traktoren zu bestellen statt auf die althergebrachte Art, damit sie mehr ernten könnten.
Kommentare
7 Fragen zu dem Artikel:
1. Hat die Frau mit 7 Kindern keinen Mann? Wenn sie in der Lage ist 4 Kinder zu ernähren , ist der Mann doch auch noch zu etwas in der Lage? Wovon ernährt die Mutter ihre 3 Enkel?
2. Warum schadet die Plantage den Bauern "eher". Sind es die Konditionen für den Kauf des Traktors? Wird der Traktor vielleicht von einer Genossenschaft betrieben?
3. Trägt nicht auch der Eigentümer "Verantwortung", wenn er sein Land verkauft? Wurde in der Gemeindeversammlung nicht diskutiert? Gab es vielleicht sogar eine Mehrheit der Bauern, die für den Verkauf stimmten.
4. Gibt es Zahlen, um welche Größenordnungen es geht? Wieviel Bauern sind in Kambodscha betroffen? 500 000 Menschen verstanden, aber viewiele Bauern, Bauernfamilien?
5. Gibt es wirklich zu wenig Land oder vielleicht zuviel Land, seit die Erzeugung dank moderner Methoden weiter stark ansteigt? Deswegen ist es günstig geworden Land kaufen?
6. Wo ist Landwirtschaft ohne staatliche Subventionen "profitabel"?
7. Gehört China auch zu den "reichen Ländern"?
Meist bleibt den Bauern nichts anderes übrig, als das Land zu verkaufen.
Z.B. weil sie sich bei den Saatgutkonzernen schon so hoch verschuldet haben, dass dies als letzter Ausweg erscheint - in Indien z.B. ist in dem Zusammenhang ja das Problem, dass sich viele Bauern umbringen, weil sie aus der Schuldknechtschaft nicht mehr heraus kommen.
Zudem wird den Bauern von seiten der Konzerne immer (!) eine Verbesserung ihrer Lebensumstände versprochen, die nicht eintritt.
Siehe zum Beispiel in dem Zusammenhang:
"Gentechnisch verändertes Saatgut wurde bei uns auf dem Markt mit dem Versprechen eingeführt, dass mit diesem Saatgut die Ernteerträge ständig steigen und der Pestizideinsatz ständig sinken würden. Keines der beiden Versprechen hat sich erfüllt.6 Tatsächlich liegt die Ernte bei gentechnisch veränderten Pflanzen laut einem jüngeren Bericht der US-Regierung teilweise unter der bei entsprechenden Pflanzen aus nicht gentechnisch verändertem Saatgut."
http://www.theletterfromamer…
Dieser Ausverkauf der Erde muss gestoppt werden.
Auch die Investoren sägen auf dem Ast, auf dem sie sitzen.
Fruchtbare Erde ist nicht unbegrenzt verfügbar.
Sauberes Wasser ist nicht unbegrenzt verfügbar.
Und selbst, wenn man auf das eine verzichten und das andere vielleicht künstlich herausfiltern kann:
Die Schäden, die die exzessive Landwirtschaft (und GMO) auf das Ökosystem und damit auf die gesamten Lebensprozesse auf diesem Planeten haben, sind nicht abzuschätzen - was man bisher darüber aber weiss: sie haben das Potential, absolut verhehrend zu sein - und letztendlich tödlich für alles Leben auf der Erde!
"Dieser Ausverkauf der Erde muss gestoppt werden."
Naja, pauschaler gehts nicht. Was genau wollen Sie stoppen? Ganz nüchtern betrachtet, haben Sie einen Verkäufer A und einen Käufer B. Wenn A ein - sagen wir mal - "legitimer" Eigentümer ist, kein Druck auf ihn ausgeübt wurde und B sich an seinen Teil der Abmachung hält, ist das Ganze wohl in Ordnung. Leider scheinen genau diese Bedingungen und die Fragen, die in Kommentar 1 aufgeworfen wurden, in dem Film bestenfalls peripher abgeklopft zu werden.
"Landraub" - auch eine der Ursachen, die Menschen zur Flucht aus ihrer Heimat treibt.
Auch wenn der Film so ausgewogen die ganze Thematik beleuchtet, wie hier zu lesen ist, dieses Land-Grabbing kann und muss man einfach nur verurteilen. Es verstärkt den Unterschied zwischen Arm und Reich. Es ist in keiner Wiese nachhaltig und ausschließlich auf Raubbau ausgelegt. Daran wird auch das eine oder andere Entgegenkommen der sogenannten Investoren nichts ändern. Die Freihandelsabkommen unterstützen diese Praxis sogar noch mit diesem ominösen Investorenschutz. Die westlichen Länder wie auch andere Staaten haben sich dort rauszuhalten. Die Leute dort wissen wie man Landwirtschaft betreibt. Man muss sie einfach nur in Ruhe lassen.
"Die Verantwortung, daran etwas zu ändern, liegt aus seiner Sicht bei den Konsumenten und Politikern der reichen Länder"
Hmm...es wird aber sehr viel getan damit der Konsument nicht und nur sehr schwer an Informationen ran kommt die seine täglichen Einkäufe betreffen.
Und die Politik ist nicht konsequent genug.
Haben die Milchbauern nicht erst vor ein paar Wochen ein paar hundert Millionen bekommen, obwohl sie wussten das die Milchpreise frei gegeben werden?