Bei der Verleihung der diesjährigen Grimme-Preise ist die ARD-Trilogie Mitten in Deutschland über die Verbrechen der rechtsextremen Terrorgruppe NSU gleich zweimal ausgezeichnet worden. Sowohl die erste Folge Die Täter sowie das Gesamtkonzept der Fernsehfilmreihe erhielten je einen Preis.
Alle Gewinner gab das Grimme-Institut am Mittwoch im Essener Grillo-Theater bekannt. In der Kategorie Fiktion wurde außerdem die Produktion Das weiße Kaninchen (ARD/SWR) über Cybergrooming, in der es um die Anbahnung von sexuellem Missbrauch eines Kindes im Internet geht, geehrt. Die weiteren Preisträger in dieser Kategorie sind Dead Man Working (ARD/HR/Degeto), ein Film über die Exzesse von Investmentbankern, sowie Ein Teil von uns (ARD/BR), ein Film über die Beziehung einer Tochter zu ihrer obdachlosen Mutter.
In der Kategorie Information und Kultur wurden vier Dokumentationen ausgezeichnet sowie der Journalist Ashwin Raman. Für preiswürdig erachtete die Jury Ebola – Das Virus überleben von SWR und Arte, Protokoll einer Abschiebung vom NDR Fernsehen, Hundesoldaten von SWR Fernsehen über die einzige Diensthundeschule der Bundeswehr bei Ulmen in der Eifel sowie Schatten des Krieges, eine zweiteilige Co-Produktion von ARD, rbb und NDR über die Spätfolgen des Zweiten Weltkriegs für Russland und Deutschland. Ashwin Raman erhält den Preis für je eine ZDF- und eine ARD-Dokumentation zur Terrororganisation "Islamischer Staat".
In der Kategorie Unterhaltung gibt es zwei Preisträger: Den Comedian Oliver Polak, der für seinen inzwischen nicht mehr im Programm von ProSieben geführten Late Talk Applaus und raus geehrt wurde und Moderator Jan Böhmermann für sein Neo Magazin Royale von ZDF neo. Böhmermann war bereits in den vergangenen beiden Jahren unter den Preisträgern.
Polak traf in seiner Sendung auf Überraschungsgäste, die er mittels Drücken eines Buzzers aus dem Studio werfen konnte, wenn ihm das Gespräch zu langweilig wurde. Teile der Grimme-Jury distanzierten sich allerdings von der Auszeichnung, ein bisher einmaliger Vorgang in der Geschichte des Grimme-Preises. Grund war, dass Polaks Redaktion die Talksendung in der ersten Folge auf Twitter mit dem Hashtag "#GastoderSpast" beworben hatte. Die Kritiker der Auszeichnung sehen darin eine "plumpe Provokation" von Menschen mit Behinderung.
Publikumspreis an Dokumentation aus Bayern
In der vierten Kategorie Kinder und Jugend geht ein Grimme-Preis an Der Mond und ich. Der im Kinderkanal KiKa gezeigte Kurzfilm aus der ZDF-Reihe Siebenstein handelt von einem kleinen Jungen, der nicht einschlafen kann. Ebenfalls mit einem Preis bedacht wurde die im WDR-Fernsehen gesendete Doku Nordstadtkinder: Lutwi über einen von der Abschiebung bedrohten Jungen aus dem Kosovo, der in der Dortmunder Nordstadt lebt. Auch der neue Jugendonlinekanal von ARD und ZDF FUNK konnte mit der Mystery-Webserie Wishlist (Radio Bremen/MDR) auf Anhieb bei der Jury punkten.
Der Publikumspreis der Marler Gruppe geht an stark! Ibrahim und Jeremia. Brüder auf Zeit vom ZDF. Die Dokumentation begleitet eine Familie aus Bayern, die ein Pflegekind aus Syrien aufnimmt.
Von den Fernsehsendern war die ARD die große Gewinnerin der diesjährigen Preisvergabe. Von den insgesamt 14 vergebenen Auszeichnungen gingen 11 an den Verbund beziehungsweise seine einzelnen Sendeanstalten. Insgesamt waren 81 Produktionen von mehr als 1.000 Vorschlägen nominiert gewesen.
Der undotierte Grimme-Preis zeichnet Fernsehsendungen und -leistungen aus, die von Kommissionen als vorbildlich und modellhaft bewertet wurden. Er gilt als einer der wichtigsten Preise für Qualitätsfernsehen in Deutschland. Stifter des Preises ist der Deutsche Volkshochschul-Verband. Die Auszeichnung wird seit 1964 jährlich verliehen. Jeder Zuschauer kann ebenso wie Fernsehanstalten und Produzenten Sendungen vorschlagen. Vier Nominierungskommissionen beraten darüber, welche Vorschläge in die Jury-Endrunde gelangen.
Kommentare
Böhmermann verhält sich zum Grimmepreis wie Dylan zum Literaturnobelorden: ein Resultat zweier zwanghafter unqualifizierter Giesskannenprinzipien.
Da Sie Dylan und Böhmermann in einem Zug nennen, möchte ich noch anmerken, dass beide Preisträger zurecht ausgezeichnet wurden.
"Entfernt. Nutzen Sie den Kommentarbereich bitte um sich sachlich über den Artikelinhalt auszutauschen. Danke, die Redaktion/mb"
"Teile der Grimme-Jury distanzierten sich allerdings von der Auszeichnung, ein bisher einmaliger Vorgang in der Geschichte des Grimme-Preises. Grund war, dass Polaks Redaktion die Talksendung in der ersten Folge auf Twitter mit dem Hashtag "#GastoderSpast" beworben hatte. Die Kritiker der Auszeichnung sehen darin eine "plumpe Provokation" von Menschen mit Behinderung."
Das ist ja genau die Art von "Political Correctness", die es den Rechten so leicht macht diesen Begriff negativ zu besetzen. Wenn man dann mal darüber nachdenkt für welche Zielgruppe diese Show war und dann mal in die sprachliche Lebensrealität dieser Generation eintaucht wird man feststellen das "Spast" hier keinesfalls als Beleidigung von Behinderten dienen soll. Da hat wieder irgendein Clown in der Redaktion gesessen und gefragt "Sach ma was, was sich auf Gast reimt" und irgendwer ruft "Spast!" und dann kommt das halt so in den Twitter-Teaser (und zack feddich: Behindertenbeleidigung).
Grade Polak vorzuwerfen er beleidige Behinderte ist doch lächerlich. Gucken Sie sich mal "Das Lachen der Anderen" an, dann können wir da nochmal drüber reden. Da reissen Polak und Beissenherz Witze vor Betroffenen die ich in der vorauseilenden PC nichtmal zu denken wagen würde und die Leute lachen sich schlapp...
Inklusion und Teilhabe heißt doch nicht, 24/7 bemuttert zu werden und bloss nichts falsches sagen/hören zu müssen sondern eher im Gegenteil - den Menschen und nicht die Behinderung zu sehen...
Früher hing ich wirklich mal der Illusion an, dass da das Handwerk, die reine Qualität geehrt wird. Grimme-Preis, das war eine Institution. Na ja, war mal, spätestens seit den Preisen für hanebüchene Online-Kampagnen.