Der Herbst hält auch im ARD-Sonntagabendkrimi Einzug. Auf
die sonnige Frankfurter Folge Falscher
Hase letzte Woche folgt mit Maleficius aus Ludwigshafen (SWR-Redaktion: Ulrich Herrmann) ein spürbarer
Temperaturabfall in der Begeisterung.
Es geht in diesem Fall um die ganz großen Zukunftsthemen, wie man in der Politik sagen würde: Im Prolog wird
das Vaterunser gesprochen zu Bildern einer tentakeligen Operationsmaschine, die
in klinisch weißer Umgebung mit der Menschenoptimierung beschäftigt ist.
Ein nobelpreisverdächtiger Arzt namens Sven Bordauer
(Sebastian Bezzel emanzipiert sich hier ins offensiv Schluffelige aus seiner
Zeit als anstelliger Bodensee-Assistent Perlmann) verspricht Leuten mit
Behinderung, dass sie nach der Implantation eines Chips wieder gehen können.
Dass die Methode noch am Anfang steht, zeigt sich am Ende: Da stampft der
seit einem Verkehrsunfall querschnittsgelähmte Lukas Pirchner (Igor Tjumenzev)
zwar in einer robocopesken Apparatur rum, aber wie diese schwere Gerätschaft im
Alltag punkten sollte, weiß man nicht so recht.
Maleficius
kokettiert mit der Trashigkeit solcher Bilder (gefilmt wird meist aus weitem
Winkel: Cornelia Janssen) und Vorstellungen, um kulturkritisch Gegenwart zu
erklären, ehe die in einer völlig veränderten Zukunft verschwindet (Buch und
Regie: Tom Bohn). In einer zweiten Ton-Bild-Montage führen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter) zu Aufnahmen
der durch schönste Natur joggenden Senior-Kommissarin ein leicht sentimentales
Hörspiel auf.
"Merkst du nicht, wie man uns immer mehr wegnimmt von
dem, was uns ausmacht?", fragt Odenthal. Und meint damit den von Personen
betriebenen Individualverkehr, weshalb man sich angesichts des großen Bogens,
den der Film spannt, kurz fragt, ob Autofahren tatsächlich schon im biblischen Menschenbild
vorgesehen war.
Odenthal und Stern müssen Pirchner suchen, dessen Rollstuhl
am Flussufer rumsteht, während sein Körper nicht auffindbar ist. Die
Ermittlungen führen in die Autotuner-Szene, in der Pirchner bis zu seinem
Unfall zu Hause war, und in das Institut von Bordauer. Eine von
dessen Ärztinnen liegt irgendwann als Leiche vor, ein Schicksal, das den –
logischerweise – kulturskeptischen Pfarrer (Heinz Hoenig) auch noch ereilt. Das
Auffinden des getöteten Pfarrers ist, könnte man sagen, als Reverenz an die
Edgar-Wallace-Filme inszeniert, die dieser Tage auf 60 Jahre Kinostart
zurückblicken können:
Großorgelige Musik (Hans Franek), eine Gläubige, die durch die Tür zur Kapelle
schlüpft, um nach ein paar Sekunden einen krassen Schrei auszustoßen.
Die Musik wuchtbrummt überhaupt sehr; einmal hilft sie mit voller
Lautstärke, eine Seite aus der Versicherungsakte von Pirchner umzuschlagen. Was
lehrt: Filmische Mittel werden hier nicht unbedingt subtil eingesetzt. Statt
mit dem feinen Pinsel sind die Charaktere mit dickem Marker gezeichnet.
Kommentare
Kinder des Olymps,
freut Euch schon auf die neuen "Fälle" von Ferdinand v. Schirach!