Der Roman Die Hauptstadt von Robert Menasse erhält den deutschen Buchpreis 2017. Das gab der Börsenverein des Deutschen Buchhandels in Frankfurt bekannt. Mit dem Preis wird zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse der beste deutschsprachige Roman des Jahres ausgezeichnet.
Die Hauptstadt sei "ein vielschichtiger Text, der auf meisterhafte Weise existenzielle Fragen des Privaten und des Politischen miteinander verwebt und den Leser ins Offene entlässt", begründete die siebenköpfige Jury ihre Wahl. "Dramaturgisch gekonnt gräbt er leichthändig in den Tiefenschichten jener Welt, die wir die unsere nennen."
Menasses Buch, ein ironischer
Gesellschaftsroman mit Krimielementen, spielt in Brüssel und setzt sich
mit der EU-Bürokratie auseinander. Am Beispiel zahlreicher Figuren und
Erzählstränge entwirft er ein schillerndes Panorama der europäischen
Eliten. Der 63-jährige Österreicher gilt als leidenschaftlicher Anhänger eines
supranationalen Europas. Mit der europäischen Idee hat er sich schon
mehrmals in Büchern und Essays beschäftigt. Für seinen neuen Roman hat Menasse auch in Brüssel recherchiert. Das Humane sei immer erstrebenswert, aber niemals zuverlässig gegeben, führte die Jury ihr Urteil weiter aus. "Dass dies auch auf die Europäische Union zutrifft, das zeigt Robert Menasse mit seinem Roman Die Hauptstadt auf eindringliche Weise."
Menasse ist einer der bekanntesten zeitgenössischen Schriftsteller Österreichs und sicherlich einer mit den meisten Auszeichnungen: Er hat unter anderem den Heinrich-Mann-Preis, den Max-Frisch-Preis und den französischen Ordre des Arts et des Lettres ("Orden der Künste und der Literatur") erhalten.
Kühnes Denken über Europa
Jeder der Nominierten hätte den Preis verdient gehabt, sagte Robert Menasse in seiner Dankesrede für den mit 25.000 Euro dotierten Buchpreis. Weitere 12.500 Euro werden unter den anderen fünf Autoren aufgeteilt, die es neben dem Österreicher auf die Shortlist für den Preis geschafft hatten. Das waren in diesem Jahr Gerhard Falkner, Franzobel, Thomas Lehr, Marion Poschmann und Sasha Marianna Salzmann. Zur Begründung der Auswahl sagte die Jurysprecherin Katja Gasser: "Kühnes Denken: Das ist es, was die Texte der Shortlist miteinander verbindet." Nach der Lektüre der Romane bestehe kein Zweifel, dass die Idee Europa auf dem Spiel stehe.
Das Floß der Medusa des Österreichers Franzobel erzählt vom Überlebenskampf auf See, Lehrs Schlafende Sonne entwirft ein Geschichtslabyrinth, Salzmanns Debütroman Außer sich begleitet eine Familie auf der Flucht von Moskau nach Deutschland. Auch auf der Liste stehen Poschmanns poetische Kieferninseln und Falkners Schriftstellerabenteuer Romeo oder Julia.
Verlage aus Deutschland, Österreich und der Schweiz hatten zum Buchpreis 200 Titel eingereicht – so viele wie nie zuvor.
Daraus hatte die Jury zunächst 20 Bücher für die Longlist
ausgewählt. Viele bekannte und erfolgreiche Autoren schieden in der
zweiten Runde zur Shortlist aus, darunter Ingo Schulze, Sven Regener
und Feridun Zaimoglu.
Der Deutsche Buchpreis wird vom Dachverband des Deutschen Buchhandels seit dem Jahr 2005 vergeben. Er hat sich zur wichtigsten Auszeichnung der Branche entwickelt. Die Auszeichnung hat deutlichen Einfluss auf die Verkaufszahlen und führt in der Regel zu einem vorderen Platz auf den Bestsellerlisten.
Kommentare
Menasse vertritt meiner Meinung nach, den alten österreichisch ungarischen Leitspruch:" Alles für das Volk, nichts durch das Volk."
Das ist ein legitimer poltischer Ansatz.
Dieser scheint auch ausgezeichnet worden zu sein.
Als Roman ist es ein bisschen fad.
Ich halte das auch für eine eher politische Entscheidung als für eine literarische. Ich fand den Roman überfrachtet: mit hier einem Gedänkchen und da einem Beobachtüngchen. So richtig zum dichten Gesamtwerk fügt sich das Ganze nicht. Ein Page-Turner - aber in dem Sinne, dass es einen in den Fingern juckt, mal schnell ein paar Seiten zu überblättern.
Mit dem Preis wird"der beste deutschsprachige Roman des Jahres ausgezeichnet."
Den, den die Jury dafür hält, soviel Genauigkeit muss sein.
Robert Menasse sei es gegönnt, aber Aussagen wie die der Jurysprecherin Katja Gasser "Nach der Lektüre der Romane bestehe kein Zweifel, dass die Idee Europa auf dem Spiel stehe", lassen einen doch an der Urteilskraft der Jury zweifeln.
Jaja, was Europa ist, wird immer noch in Deutschland entschieden.