Drei Vorurteile gibt es gegenüber fair gehandelter und fair produzierte Mode: Sie ist teuer, nicht überall zu haben, und man sieht in ihr aus wie ein typischer Öko.
Faire Mode kostet zwar mehr als Textilien aus dem Discounter. Einen preislichen Unterschied zu konventionell gehandelter und produzierter Mode gibt es aber nicht unbedingt. Beispielsweise zahlt man für einen Kapuzenpulli der Marke Continental Clothing, deren Mode unter geprüft fairen Produktionsbedingungen entsteht, 26,95 Euro. Ein vergleichbarer Pullover aus konventioneller Produktion kostet aktuell bei H&M zwischen 20 und 25 Euro, bei Esprit zwischen 35 und 50 Euro.
Natürlich gibt es in den Großstädten mehr Geschäfte und Labels für faire Mode als auf dem Land. Aber auch in kleineren Städten erweitert sich das Angebot ständig. Außerdem gibt es die besten Angebote meist online, also für jeden, der Zugang zum Internet und einem entsprechenden Bezahlsystem hat.
Das Klischee von bunt gebatikten Baumwollschals, lila Haremshosen und gewalkten Filzpuschen ist auch schon längst nicht mehr Realität. Das gängigste Kleidungsstück im Repertoire der fairen Mode ist das Baumwoll-T-Shirt – und zwar ein schlichtes, ohne Aufdruck. Ein Modeklassiker also, den jeder im Kleiderschrank hat. Faire Mode deckt mittlerweile die gesamte Palette der typischen Freizeitmoden ab: T-Shirt, Sweatshirt, Kapuzenpullover, Trainingshose, Leggings, ja sogar einfache Laufschuhe.
Biomode-Labels
Modisch interessant sind Labels wie Continental Clothing und Earth Positive. Beide sind in Berlin ansässig und bieten Freizeitmode, die in London entworfen wird. Die Kollektionen zeichnen sich durch ihre modischen Schnitte und die schmale Passform aus. Einzelne Kollektionsteile wie das Women's Speckled Rolled Up Sleeve T-Shirt könnten ebenso gut aus der aktuellen Sommerkollektion der französischen Designerin Isabel Marant stammen. Continental Clothing und Earth Positive verwenden GOTS-zertifizierte Baumwolle (also Baumwolle, die zu mindestens 70 Prozent aus Biofasern besteht) und produzieren sozial abgesichert – es gibt keine Zwangs- und Kinderarbeit, keine exzessiven Arbeitszeiten, stattdessen existenzsichernde Löhne und feste Anstellungsverträge.
Das Streetwear-Label Bleed erinnert an die amerikanische Marke carhartt. Neben Sweat- und T-Shirts gibt es eine kleine und gute Auswahl von Arbeiterjacken, Strickpullovern und Freizeithemden. Zu den Accessoires gehören neben Skateboard-Decks auch iPhone-Hüllen aus Kork und der unvermeidliche Jutebeutel mit dem Spruch I can dance my name. Bleed verwendet hauptsächlich GOTS-zertifizierte Biobaumwolle, Tencel (ein Stoff, der umweltschonend aus Eukalyptus gewonnen wird), Hanf von einer Partnerfarm in China sowie recyceltes Polyester, das mit dem Ökotex Standard 100 ausgezeichnet ist.
Sogar Jeans, die durch ihre aufwendige und umweltbelastende Produktion in Verruf geraten sind, gibt es fair und modisch: Beispielsweise vom Hamburger Label Goodsociety.org, das Hosen für Frauen und Männer in klassischen Passformen und unterschiedlichen Waschungen anbietet, aus GOTS-zertifizierter Baumwolle, die in organischer Wechselwirtschaft (wechselnde Fruchtfolge statt Monokultur) angebaut wird und für deren Waschgänge wiederaufbereitetes Wasser genutzt wird. Hergestellt werden die Jeans in italienischen Familienbetrieben. 25 Prozent des Gewinns spendet Goodsociety unter anderem an die The Sea Foundation, eine Organisation in Nepal und Kanada, die sich gegen Menschenhandel einsetzt.
Der spanische Hersteller Natural World hat Turnschuhe für Frauen und Männer aus zertifizierter Biobaumwolle im Programm. In der Produktion kommen keine chemischen Substanzen und Klebstoffe zum Einsatz – die Einzelteile werden durch Vulkanisation miteinander verschweißt. Zu kaufen gibt es die Schuhe beispielsweise in dem Online-Store www.grundstoff.net.
Eine besonderes Konzept verfolgt der Hersteller Manomama (übersetzt "mit den Händen der Mütter hergestellt"). Vom Von der Garn bis zur fertigt Manomama die ganze Jeans in Deutschland. Weil den üblichen Öko-Zertifizierung der Regionalbezug fehlt, hat sich Manomama zudem für eine Kooperation mit Bioland entschieden und fertig seine Textilien nach deren Richtlinien. Neben einer kleinen Auswahl an Jeans gibt es T-Shirts für Damen, Herren und Kinder, mit sehr einfachen, eher wenig modischen Passformen. Gefertigt wird die Kollektion von ehemaligen Langzeitarbeitslosen, darunter zahlreiche Frauen über 50, Alleinerziehende und Menschen mit Handicap. Die Produktion ist transparent gestaltet, die Rohstoffe stammen aus kontrolliert biologischem Anbau.
Kommentare
Schuhe, elegante Hemden
Aus persönlicher Erfahrung kann ich berichten, dass es nach wie vor extrem schwierig ist, klassisch geschnittene Herrenhemden nach GOTS (geschweige denn BEST) zu finden. Der eine Hersteller/Designer (chochuri) scheint nicht mehr nachzufertigen und ich bin froh, dass ich überhaupt noch zwei Hemden übers Netz bekommen habe.
Fair und ökologisch hergestellte Schuhe zu bekommen, grenzt dann schon erst recht an ein Ding der Unmöglichkeit. Es sei denn, ich lasse mir Maßschuhe anfertigen. Aber 1000+ für einen Leisten habe ich derzeit noch nicht übrig. Es gibt ein paar Hersteller, die in die richtige Richtung gehen (Ekin, Think), aber 100%ig glücklich bin ich auch noch nicht.
Beides kein Problem …
Der Hersteller brainshirt bietet klassische Oberhemden in diversen Schnitten und Farbvariation an, von weit und locker, bis hin zu modisch und sehr eng und bisher fand ich die Preise angemessen für die Hemdqualität. Den Maßkonfektionsservice habe ich noch nicht in Anspruch genommen, da mir die Hemden auch so sehr gut passen. Was Schuhe besteht auch hier eigentlich kein Problem: NoHarm, Novacas, Noah und die sind allesamt sogar lederfrei produziert. Hochwertige Schuhe aus Leder gibt's dann auch von Trippen sowohl in sehr ausgefallen als auch in klassisch (aber dann auch entsprechenden Preisen).
Viel interessanter ist doch: wo sind fair und ökologisch produzierte Anzüge? Von tierproduktfreien Anzügen möchte ich ja noch gar nicht erst sprechen, aber ich habe noch keinen hochwertigen Anzug gesehen, der aus unproblematischer Wolle hergestellt wurde und für den in der Produktion faire Löhne gezahlt wurden. Es gibt ein israelisches Unternehmen, dass aus recycleten PET Flaschen Stoffe für Anzüge weben soll, aber die Anzüge habe ich noch nirgends gesehen und ich habe auch keine Informationen zu fairen Löhnen oder der sonstigen Umweltverträglichkeit. Hosen sind ein weiterer Punkt: es ist kein Problem eine Jeans nach entsprechend Standards zu finden oder eine Chino, alles auch in modernen Schnitten, aber eine modische etwas schickere Herrenhose? Pustekuchen!
Frauenmode ist da wesentlich weiter, da ist alles von sportlich locker bis hin zu High Fashion verfügbar.
Empfehlungen
Eine große Auswahl an ökofairer Mode gibt es auf
http://www.zuendstoff-clo...
@stabilobox: Für Hemden kann ich noch
http://toodot.de/index2.html
http://www.knowledgecotto... und
http://www.brainshirt.eu/
empfehlen
Ausführliche Listen aller ökofairen Läden, Labels und Onlineshops in Deutschland findet man dem Grüne Mode-Blog:
http://http://www.kirsten...
Danke
brainshirt ist mir bereits bekannt. Hat aber nichts, was meinen Vorstellungen und Erwartungen entspricht: Elegantes Herrenhemd, slim fit, OHNE Brusttasche, schwarz, mindestens nach GOTS produziert. Killer Feature: verdeckte Knopfleiste. Und wie ich gerade sehe, haben auch die anderen Seiten derartiges nicht im angebot.
Da wird die Wahl echt eng :)
Hess Natur und die Rüstungsindustrie
Hess Natur wurde 2012 von Capvis gekauft, einer Private-Equity-Gesellschaft.
Als ehemalige Kunden von Hess Natur behaupteten, dass einer der Capvis-Investoren die Private-Equity-Gesellschaft Harbourvest sei, die ihr Geld unter Anderem mit Rüstung verdiene, ging ein wüster Reschtsstreit los, der allerdings nicht zur Aufklärung beigetragen hat.
Leider wollte oder konnte Hess Natur die Behauptung nie widerlegen, seitdem bleiben viele Kunden von Hess Natur fern.
Second Hand
Das schöne an Second Hand ist, dass man auf keinen Fall zur Nachfrage nach billiger Kleidung beiträgt. Natürlich unterstützt man aber auch keine faire Produktion.
Habe letzte Woche das erste mal in einen Oxfam Shop reingeschaut, und wahnsinnig günstig ein S.Oliver Hemd erstanden. Die Auswahl ist natürlich klein (gerade für Männer) aber dafür gibts für kleines Geld ein gutes Gewissen. Schön.