Die Fallhöhe war groß beim ADAC. Über Jahre gab sich der Automobilclub ähnlich unfehlbar wie der Papst und ließ keine Kritik zu. Selbst am Donnerstag spottete ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair bei der Verleihung des Gelben Engel noch, er könne nur versichern, dass die Süddeutsche Zeitung die vier Buchstaben ADAC richtig geschrieben habe. Das Blatt hatte am Dienstag die Manipulation der Stimmzahlen für den Publikumspreis "Lieblingsauto der Deutschen" öffentlich gemacht.
Obermair geißelte den Bericht als "Skandal für den Journalismus" – einen Tag später gestand ihm Michael Ramstetter, Leiter der ADAC-Kommunikationsabteilung und zugleich Chefredakteur der Motorwelt, die falschen Zahlen. Laut SZ bekam das Siegermodell 2014, der VW Golf, nur 3.409 Stimmen; im offiziellen ADAC-Papier zum "Lieblingsauto der Deutschen" 2014 hätten 34.299 Stimmen gestanden.
Nach bisherigem Kenntnisstand waren die Manipulationen, die offenbar auch Abstimmungen in den Vorjahren betrafen, die Tat eines einzelnen Menschen, Ramstetters. Kleinlaut musste Obermair nun einräumen, niemand in der ADAC-Führung habe sich vorstellen können, dass es bei der Wahl zum "Lieblingsauto der Deutschen" zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein könnte. "Was hier geschehen ist, ist für das gesamte Präsidium und die Geschäftsführung des ADAC unfassbar."
Es mag sein, dass Obermair und ADAC-Präsident Peter Meyer am Freitag aus allen Wolken fielen, als der bedrängte Ramstetter ihnen endlich die korrekten Abstimmungszahlen vorlegte. Doch damit sind sie nicht frei von Schuld. Offenkundig konnte ihr Kommunikationschef über Jahre hinweg schalten und walten, ohne kontrolliert zu werden. Intern galt Ramstetter als unangenehmer, aufbrausender Chef. Er hielt sich offenbar für so unangreifbar, dass er glaubte, unbehelligt jahrelang die Abstimmungszahlen für den von ihm ins Leben gerufenen Preis frisieren zu können.
Die ADAC-Führung hat versagt
Hierin liegt
der eigentliche Skandal. Der Gelbe Engel – benannt nach dem Spitznamen für die
beliebten Pannenhelfer – gilt in der Automobilbranche als wichtiger Preis. Der
Club hat ihn über Jahre zu einer Institution aufgebaut; er weiß,
dass die prämierten Hersteller in Anzeigen mit der Auszeichnung werben. Damit
hat der Preis im Wettbewerb der Fahrzeugmodelle auch einen finanziellen Effekt.
Bei einer Auszeichnung mit solcher Wirkung muss der Auszeichnende für möglichst große Transparenz sorgen und sicherstellen, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Wenn der Bericht der SZ stimmt, liefen die Stimmzahlen aber allein über Ramstetters Schreibtisch. Obermair hat also mindestens geschlafen, sein Versagen sollte ebenfalls Folgen haben.
Jetzt sichert der ADAC eine interne Revision zu, die die Abstimmungen der vergangenen Jahre überprüfen soll. Und die Abstimmung zum "Lieblingsauto der Deutschen" 2015 soll notariell überwacht werden. Das ist lobenswert. Doch die wohl tatsächlichen Zahlen der Abstimmung für 2013 und 2014 zeigen: Nur ein Bruchteil der ADAC-Mitglieder beteiligte sich überhaupt. 2013 sollen laut SZ 146.000 Stimmen eingegangen sein, davon aber 70.000 ungültige. Gewertet wurden also 76.000 Stimmen, noch nicht mal ein halbes Prozent der damals rund 18,5 Millionen Mitglieder.
Bei solchen Teilnehmerquoten sollte der ADAC sich von der Bezeichnung "Lieblingsauto der Deutschen" trennen – die Wahl steht noch nicht einmal für das beliebteste Modell der ADAC-Mitglieder. Am besten wäre es, den fragwürdigen Preis ganz abzuschaffen. Wer wissen will, was das Lieblingsauto der Deutschen ist, muss nur einen Blick auf die Zulassungsstatistik des Kraftfahrtbundesamtes werfen.
Auch die Lobbyarbeit braucht mehr Transparenz
Nach allem,
was bisher bekannt ist, gibt es keinen Anlass, bei sämtlichen Tests des ADAC –
von Crashtests neuer Automodelle bis hin zu den Prüfungen von Winterreifen und
Kindersitzen – Mauscheleien zu unterstellen. Aber natürlich hat die
Manipulation der Abstimmungszahlen die Glaubwürdigkeit des Clubs
beschädigt. Will er Vertrauen zurückgewinnen, wird er
künftig transparenter auftreten müssen. Dazu zählt auch, mögliche Verflechtungen
mit der Automobilindustrie, also etwaige Verträge als Dienstleister für
bestimmte Hersteller offenzulegen. Die Stiftung Warentest verzichtet auf Anzeigen in ihrer Zeitschrift, um ihre Unabhängigkeit zu wahren. Dieses Prinzip sollte der ADAC für seine Motorwelt übernehmen.
Und
schließlich gehört zur Transparenz auch die Frage, wie viele seiner
Mitglieder die politischen Thesen, die der ADAC als Lobbyist regelmäßig
vorbringt, mittragen: die Ablehnung eines Tempolimits auf Autobahnen,
der Kampf gegen die Umweltzonen in Innenstädten, die jüngst vom
ADAC-Präsidenten vorgetragene Forderung nach einer höheren Mineralölsteuer.
Der Autoclub gibt sich gern als das Sprachrohr der deutschen Autofahrer. Ob er wirklich die Mehrheitsmeinung vertritt oder nur die der ADAC-Führung – oder schlimmer noch womöglich die Interessen der Autoindustrie –, diese Frage ist bisher kaum gestellt worden. Um sie wird der Club nach der Affäre um den Gelben Engel nicht mehr herumkommen.
Kommentare
Ziel wird der Lächerlichkeit Preisgegeben - Satire!!!!
Es wird vieles in die Lächerlichkeit hinein gezogen. Ob es ADAC ist oder irgendwelche Institutionen - es es geht bei ihnen nur darum den Bürger ab zu Zocken oder mit unehrlichen Mittel in eine bestimmte Richtung des Kaufverhaltens zu drängen. Was ist in Deutschland los, dass eine solche Oberflächlichkeit einnistet. Man wird in allen Bereichen - wenn es um den Menschen gemeint Bürger geht - mit falschen Aussagemethoden öffentlich gehandelt. Deutschland geht das Ehrliche, das Vertrauen zum Bürger verloren. Dann muss man sich nicht wundern, dass in fast allen Bereichen die Lustlosigkeit zunimmt.
Abzocke, Bestimmen, Aussagemethoden
> "Ob es ADAC ist oder irgendwelche Institutionen - es es geht bei ihnen nur darum den Bürger ab zu Zocken oder mit unehrlichen Mittel in eine bestimmte Richtung des Kaufverhaltens zu drängen"
Um mal beim ADAC zu bleiben.
Auf welche Weise zockt der ADAC den Bürger, also d.h. wohl nicht nur seine Mitglieder, sondern jeden von uns, denn ab?
Mit welchen (unehrlichen) Mitteln drängt der ADAC den Bürger, also d.h. wohl nicht nur seine Mitglieder, sondern jeden von uns, zu einem bestimmten Kaufverhalten? Wie sollte das dem ADAC möglich sein? Um beim konkreten Fall zu bleiben: Glauben Sie wirklich, dass signifikant mehr Bürger einen VW Golf kaufen, nur weil anfangs angeblich rd. 35.000 (statt wohl richtigerweise rd. 3.500) von über 18 Millionen ADAC-Mitgliedern den VW Golf zu ihrem Lieblingsauto erklärt hatten?
Können Sie Ihre Vorwürfe auch begründen, statt nur Thesen aufzustellen?
> "Man wird in allen Bereichen - wenn es um den Menschen gemeint Bürger geht - mit falschen Aussagemethoden öffentlich gehandelt."
Was meinen Sie mit "in allen Bereichen mit falschen Aussagemethoden öffentlich gehandelt werden, wenn es um den Bürger geht"? Könnten Sie diesen Satz zum besseren bzw. "überhaupt"-Verständnis dieses Ihres Kritikpunkts verständlich formulieren bzw. erläutern?
Entfernt. Bitte beteiligen Sie sich nur, wenn Sie einen konstruktiven Beitrag zur Diskussion leisten möchten. Danke, die Redaktion/jk
Der Kommentar, auf den Sie Bezug nehmen, wurde mittlerweile entfernt. Danke, die Redaktion/jk
Na Gottseidank
bisheriges Nummer 1 Thema der Deutschen (laut Polit-Barometer) war die 'Armutszuwanderung', während der NSA-Skanal auf Platz 15 dümpelt. Jetzt besteht immerhin die Hoffnung, dass der ADAC zur Numer 1 auf dieser Liste avanciert und die Bewertung damit von 'peinlich' immerhin in Richtung 'lustig' dreht.
Und die Regierung kann endlich mal 'lückenlose Aufklärung verlangen', (Kein Scherz, hat sie laut SPON bereits getan..
Was ist jetzt die Neuigkeit in der Nachricht?
“I only believe in statistics that I doctored myself”
Das sagte schon Churchill, als auch den folgenden Satz:
"Statistics are like a drunk with a lampost: used more for support than illumination"
Damit wäre eigentlich schon alles gesagt.
Traue keiner Statistik, die....
“I only believe in statistics that I doctored myself” ist nicht von Churchill.
Es wird vielmehr angenommen, dass dieser angebliche Spruch Churchills von Josephs Goebbels diesem angedichtet wurde.
Es ist auch nicht damit getan diesen Allerweltsspruch bei jeder Gelegenheit hervorzuholen, ohne konkret in die Matererie einzusteigen. Wer diesen Auspruch nur so einwirft, setzt sich dem Verdacht aus, von Statistik einfach nur keine Ahnung zu haben.