Carsharing boomt – und bleibt trotzdem in der Nische. Selbst unter Idealbedingungen dürfte die Zahl der deutschen Nutzer in den kommenden fünf Jahren lediglich von aktuell eine auf drei Millionen steigen, prognostiziert eine neue Studie von TÜV Rheinland, der Prüforganisation FSP und der Beratungsgesellschaft BBE Automotive. Die zum Teil erwarteten enormen Wachstumsraten ließen sich so nicht realisieren, heißt es weiter.
Allein mit dem klassischen Geschäftsmodell scheint großer Gewinn nur schwer möglich zu sein. Der Anbieter Drive Now etwa, hinter dem BMW und Autovermieter Sixt stehen, hat zwar kürzlich erstmals einen Gewinn im operativen Geschäft vermeldet. Wegen der hohen Anlaufkosten bleibt unter dem Strich aber weiterhin ein Verlust. Eine Expansion in Deutschland über die aktuellen Standorte Berlin, Hamburg, München, Köln und Düsseldorf hinaus ist daher zunächst nicht geplant.
Daimlers Konkurrenzangebot Car2go hat sein Angebot zwar zuletzt mit Stockholm auf weltweit 30 Städte ausgedehnt – in Ulm, wo das Projekt 2009 startete, ist aber bereits wieder Schluss. Der Standort war einfach nicht profitabel. In den größeren Städten läuft es zwar möglicherweise besser. Ob dort aber allein durch die Fahrzeugvermietung viel Geld zu verdienen ist, ist ungewiss. Die Unternehmen geben sich in dieser Hinsicht verschlossen.
Stören muss das die Autohersteller, die in den vergangenen Jahren massiv in den Markt eingestiegen sind, aber kaum. Die TÜV-Studie sieht auch jenseits des reinen Vermietgeschäfts positive Aspekte. Mit den Fahrzeugen – Drive Now setzt etwa den gefragten Mini ein, Car2go den Smart – lasse sich Begeisterung der Kunden für die Marke wecken. Auch innovative Technologien könnten durch den Einsatz in Leihfahrzeugen bekannter werden: Car2go nimmt zunehmend die Elektroversion des Smart in die Flotte auf.
Personalisierte Werbung im Auto
Finanziell attraktiv könnte das Geschäft aber auch in anderer Hinsicht werden, glaubt zumindest Markus Deutsch von der Beratungsgesellschaft KPMG. Er und sein Team haben ein alternatives Geschäftsmodell entwickelt: Werbung auf Basis der während der Fahrt gesammelten Kundendaten. "Denkbar wäre etwa, Werbung von Geschäften im Fahrzeug einzublenden, wenn diese an der Route liegen", sagt Deutsch. Natürlich möglichst personalisiert – und vielleicht gleich in Verbindung mit einem Rabatt-Gutschein, der einen ungeplanten Stopp noch einmal attraktiver macht.
Potenziell fallen bei der Nutzung haufenweise Informationen über den Fahrer an: Name und Anschrift sind ohnehin bekannt, Routen können über lange Zeiträume aufgezeichnet werden, Fahrtzeiten und -rhythmen lassen Rückschlüsse auf Interessen und Gewohnheiten zu. Auf rund 780 Euro schätzt Deutsch den Wert eines Datensatzes, der das Bewegungsprofil eines Verbrauchers binnen eines Jahres enthält. Wer als Carsharing-Kunde seine Daten zur Nutzung freigibt, könnte im Gegenzug besonders günstige Ausleihkonditionen erhalten. Im Extremfall wäre selbst eine Gratisnutzung denkbar.
Technisch ist die personalisierte Werbung kein Problem. Die Fahrzeuge sind schon zu Abrechnungszwecken mit Onlineverbindungen ausgerüstet, ein Bildschirm ist ebenfalls in der Regel an Bord. Drive Now etwa nutzt ihn schon für sogenannte Partnerangebote. Nutzer finden im Bordmenü etwa ein Pauschalpreis-Paket des Skizentrums Hochzillertal, das sich per Knopfdruck buchen lässt – inklusive Freikilometern für das Carsharing-Auto und Skipass. Auch eine Therme oder ein Designer-Outlet dürfen an Bord Kunden werben. Allerdings nur, wenn der Fahrer aktiv sucht. Unverlangte Onlinewerbung gibt es nicht. Vorstellen kann man sich das künftige Einspielen von derartigen Angeboten prinzipiell aber auch bei Drive Now.
Das sogenannte E-Commerce-Geschäft wird in den kommenden Jahren für die Autohersteller immer wichtiger. Die Marktforschungsagentur Gartner schätzt, dass 2017 jeder vierte Automobilhersteller zusätzlich Geld mit im Fahrzeug getätigten Onlinegeschäften machen wird. Nicht nur in Carsharing-Autos, sondern auch in ganz normal genutzten Pkw.
Kommentare
Kann dieser Wahn der Personalisierung der Werbung nicht ein Ende
Eine Studie wie sich personalisierte Werbung auf die Symphatie eines Produktes/ einer Firma im Verhältnis zum Kunden auswirkt sollte man vielleicht auch mal andenken.
Die NSA zum Beispiel ist doch auch gerade allen unsymphatisch, weil sie unsere Kanzlerin und andere Leute ungefragt bespitzelt hat. Warum soll mir jetzt positiv auf eine Firma reagieren, die mich bei den alltäglichsten Sachen, wie Fortbewegungung beobachtet und aus den Daten auf mein Kaufverhalten schließen.
Muss man sich bei dem DriveNow Concept dann erstmal 5 Minuten Werbung anschauen bevor man losfahren darf, während der Fahrt darf man doch als Fahrer gar keine Filme schauen
Naja ...
Diese privaten Firmen bieten häufig einen Gegenwert, wie eben diese Fahrt oder die Nutzung von Karten- oder Wetterdiensten, Nachrichten ... Google bietet ein komplettes Office-Paket zur Gratisnutzung.
Manchen Leuten ist das durchaus etwas wert.
Was bieten Geheimdienste? Unter Umständen lediglich den Besuch durch ominöse Gestalten, die dann Fragen stellen, warum von ihrem Internetanschluss aus mal Druckkochtöpfe recherchiert und dann mal nach Angeboten von Rucksäcken geschaut wurde.
Werbung?
Unabhängig von der Frage des Datenschutzes - was soll denn noch alles über "Werbung" finanziert werden? Werbung bringt nur etwas, wenn das beworbene Produkt auch gekauft wird und zwar einschließlich des Aufpreises, der für die allfällige Werbekampagne notwendig wird.
Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass die Steigerungen im Umsatz die von der Werbeindustrie immer angegeben werden stimmen - diverse Onlineportale, Zeitschriften etc., die sich nur über Werbung finanzieren wollen beweisen diese Schwierigkeiten. Selbst die BILD hat auf ihrer Onlineseite inzwischen überwiegend Bezahl-Content.
Und eine Webseite etc. ist noch relativ preiswert zu betreiben - zumindest im Verhältnis zur Zahl der Kunden. Ein Projekt, dass viel investitions- und kostenintensiver ist, wie eine Fahrzeugflotte - dass sehe ich skeptisch.
Ich kann natürlich nur von mir und vielleicht meinem Bekanntenkreis ausgehen, aber welche Alltagsprodukte ich einkaufe und wieviel davon, hängt vom Bedarf und von der Erreichbarkeit ab. Ich besuche den Supermarkt, der mir am nächsten ist (sofern er das liefert, was ich suche).
Eine andere Sache mögen Onlineprodukte sein, aber ich kann mich nicht erinnern, dass jemals ein Bedürfnis bei mir durch Werbung geweckt wurde. Bestenfalls kann sie subtil helfen, einen darauf hinzuweisen, wo bestehende Bedürfnisse gestillt werden können - und da ist Wachsamkeit angesagt!
Und schließlich muss man sich die Produkte auch noch leisten können, sonst war die Werbung vergebens...
Die große Lüge von der Werbung
Selbst Google hat ja letztens zugegeben, dass an die 50% der in Verbindung mit Google geschalteten Werbung ungelesen bleibt. Wir werden derzeit derart mit Werbung zugeschissen, dass ich inzwischen nicht mehr glauben mag, dass Werbung noch ein funktionierendes Geschäftsmodell ist. Die werbenden Unternehmen werden hier meines Erachtens schön über den Leisten gezogen und merken es gar nicht. Ich höre kein Privatradio mehr, weil ich dieses permanente Werbegedröhne nicht mehr hören kann, ich schaue kein Privatfernsehen mehr, weil mir das permanente Werbegedröhne auf die Nerven geht, ich surfe teilweise nur noch mit Addblockern, wo es geht und wenn irgendwo Werbung blinkt, schaue ich schon aus Prinzip nicht mehr hin. Kurz, ich behaupte, den meisten geht es inzwischen wie mir. Der Kanal ist irgendwann voll. Wenn mir Car2Go jetzt Werbung auf mein Navi funken will, gut, mache ich mit, aber trotzdem reagiere ich nicht darauf. Ich werde schon Wege finden, auch diese Werbung geflissentlich zu ignorieren und mich darüber freuen, umsonst fahren zu dürfen. Ich bin inzwischen Vollprofi im Ignorieren von Werbung.
Werbung während der Fahrt?
Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass sowas durch den TÜV geht.
Nebenkosten
Ein "ungeplanter Stop" kostet beim aktuellen Preismodell -- optimistisch gerechnet: 10 min Parkplatz suchen (oder ins Parkhaus fahren), 20 min parken, ins Geschäft gehen und dort einen Kauf tätigen, mindestens 7 €. Da muß der Rabatt-Gutschein aber schon recht großzügig ausfallen, damit das für den Kunden nicht zum Minus-Geschäft wird...
Drive-Ins?
Meine Vorstellung war eher so etwas:
Ein Burger King liegt auf der Route, 2 Minuten vorher wird auf dem Bildschirm ein Coupon eingeblendet - "Das Whopper Menu jetzt 2€ guenstiger!"
Beim Drive-In verliert man nahezu keine Zeit, und gegessen wird immer.
Ich kann mir vorstellen das so etwas funktionieren koennte.