"Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird": Wir mussten diesen Schachtelsatz aus der Straßenverkehrsordnung lernen, um an den begehrten Führerschein zu kommen. Doch gilt das auch für den Roboter, der künftig das Kommando über unser Auto übernehmen will?
Die moderne Technik mit Stereokameras, Radaraugen und sensiblen Sensoren steht strengen Grenzen und staatlichen Vorschriften bislang entgegen. Was die Roboter heute schon können, ist laut einschlägiger Paragrafen schon seit gestern verboten. So paart sich auch derzeit in Las Vegas auf der Elektronikmesse CES die Euphorie über einen Mercedes-Benz oder einen Audi der Zukunft mit der Ernüchterung, dass es riesige Hürden zu überwinden gibt, bis die Technik wirklich im Straßenverkehr landen wird.
Die beiden genannten deutschen Autohersteller beherrschen mit ihren Entwürfen zum selbstfahrenden Auto, das den Fahrer zum Beifahrer macht, die Schlagzeilen. Audi ist mit dem autonom fahrenden Wagen 900 Kilometer von Kalifornien zur CES gefahren und Daimler präsentierte in Las Vegas das Forschungsfahrzeug F 015, in dem man sich künftig gemütlich in Lounge-Sessel fläzen soll, während der Autopilot einen ans Ziel bringt.
Konvention aus dem Steinzeitalter des Computers
Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. "Wir müssen die Politik überzeugen, wie sicher unsere modernen Systeme sind, wozu sie fähig sind und welche Chancen für die Verkehrssicherheit in diesen Entwicklungen stecken", sagen unisono Ralf Herrtwich (Mercedes) und Alejandro Vukotich (Audi). Beide verantworten in ihren Unternehmen den Bereich der sogenannten Fahrerassistenzsysteme. Und bei aller Konkurrenz ziehen sie an einem Strang, damit die teuren Entwicklungen eine Chance auf Verwirklichung haben.
"Im Dachverband VDA gibt es schon seit einiger Zeit einen Arbeitskreis, der sich mit dem Thema autonomes Fahren beschäftigt", erläutert Herrtwich. "Wir stehen auch in ständigem Kontakt mit dem zuständigen Ausschuss im Verkehrsministerium." Die zentrale Frage lautet: Darf ein Autofahrer die Verantwortung an einen Computer übergeben? Nein, sagen die heutigen Bestimmungen, die auf der Wiener Konvention aus dem Jahre 1968 basieren. Der Mensch muss immer die Kontrolle über die Technik haben, muss dazu auch im Auto sitzen.
Allerdings: Vor mehr als 45 Jahren war außer in Science-Fiction-Filmen nirgendwo vom Roboterauto die Rede. Der Computer steckte noch in den Kinderschuhen, der Begriff Internet war noch nicht einmal erfunden. Wer in dieser Zeit ein Auto wie den Mercedes F 015 vorhergesehen hätte, wäre wohl in einer geschlossenen Anstalt gelandet.
"Vor allem die Entwicklung der Sensorik, der hochauflösenden Kameras, der LED-Technik und der Vernetzung über das Internet hat sich in den letzten Jahren so rasant beschleunigt, dass wir Lösungen anbieten können, die den Fahrer von vielen Aufgaben im täglichen Verkehr entlasten können", sagt Audi-Ingenieur Vukotich. "Unsere Systeme sind aber so konstruiert, dass der Mensch im Ernstfall innerhalb von höchstens zwölf Sekunden wieder die Kontrolle übernehmen kann. In diese Richtung zielen auch unsere Gespräche mit den Behörden."
Kommentare
Haftung
Das Problem ist: wer haftet, wenn doch mal ein Unfall passiert? Der Hersteller?
Wer haftet, wenn es nicht eingeführt wird?
Es ist wahrscheinlich, dass mittelfristig Robotorautos deutlich sicherer sind als welche, die von Menschen gefahren werden. Es gibt in Deutschland etwa 3300 Verkehrstode pro Jahr. Wenn diese Zahl deutlich reduziert wird, dann ist es eine wünschenswerte Entwicklung. Wenn man jetzt bewusst auf diese Vorteile verzichtet, wer haftet dann?
NIcht absehbar
Selbstfahrende Automobile können noch so gut sein, es wird dennoch immer wieder zu verschuldeten Unfällen kommen. Einmal, weil aufgrund von plötzlich auftauchenden oder sich bewegenden anderen Verkehrsteilnehmern (z.B. wartendes Kind, welches kurz vor dem Auto letztendlich doch den Zebrastreifen betritt) nicht mehr rechtzeitig angehalten werden kann und zweitens, weil es aufgrund von Versagen in den Amtsstuben widersprüchliche Vorrangsituationen angeordnet wurden, etwa gegnerisches Grün oder Vorfahrt trotz "Vorrang gewähren".
Entweder haftet im Falle eines Unfalls wie heute der Fahrer, was die ganze Sache nutzlos macht, da dennoch ständig der Verkehr beobachtet werden muss, oder der Fahrzeughersteller, welcher dies nur durch zusätzliche Kosten kompensieren könnte, was solche Automobile unbezahlbar machen dürfte.
Synthetische Situation
Die Situation, die Sie konstruieren, ist ziemlich synthetisch. Ein autonom fahrendes Fahrzeug wäre schon zum Stillstand gekommen, noch bevor der menschliche Fahrer überhaupt reagiert hätte.
Beispiel: Bei 30 km/h steht ein autonomes Fahrzeug nach gut vier Metern. Der durchschnittliche menschliche Fahrer hat da noch nicht mal mit dem Bremsen begonnen und würde Ihr hypothetisches wartende Kind noch mit 30 km/h umnieten.
Wo würden Sie da jetzt ein 'Verschulden' sehen?
"...der Mensch im Ernstfall innerhalb von höchstens
zwölf Sekunden wieder die Kontrolle übernehmen kann ..."
heißt was genau?
Ich drösel mich in den Halbschlaf, der Computer kommt nicht mehr zurecht und innerhalb von höchstens 12 Sekunden muss ich völlig wach sein, das Steuer übernommen, die Lage umfassend erfasst und angemessen reagiert haben??
Oder, ich sehe, dass der Computer Mist baut und er braucht bis zu 12 Sekunden, bis er mir das Steuer übergibt??
12 Sekunden
Das ist sicher die Reboot-Zeit des Systems. Aber nur wenn keine automatischen Updates anstehen.
Sicherheit im Vordergrund
"Heutige Gesetze stehen einer zügigen Markteinführung aber entgegen"
Und das ist auch gut so! Technik und Automation entwickelt sich nicht von heute auf morgen, Maschinen, die sich bewegen, gefährden Menschen. Und ein Auto bewegt sich unter Umständen sehr schnell. Ein "Roboter-Auto" ist ein Auto, das von einem Computer aufgrund von Sensoren und Aktoren steuert/regelt. Der Computer ist aber nur so gut wie seine Sensoren und seine Algorithmen. Die Automobilhersteller sind Heuchler, wenn sie die Sicherheitsgesetze kritisieren, denn sie wissen zumeist am Besten, wo es noch hakt. Und so souverän und universell in allen Lebenslagen wie der Mensch ist die Maschine noch lange nicht. Die Hersteller hätten wohl gerne Gesetze, die die Verantwortung von ihnen nimmt, aber das kommt hoffentlich nicht. Die heutigen Autos sind mit ihrer Technik schon an der Grenze des möglichen. Ein Drive by wire - das also die Gassteuerung übernimmt, muss schon sehr sicher sein, ein Computer, der auch für mich lenkt, da gruselts mir.
Manchmal besser
"Und so souverän und universell in allen Lebenslagen wie der Mensch ist die Maschine noch lange nicht."
In einigen Fällen ist die Maschine dem Menschen allerdings auch deutlich überlegen. Sehen wir uns mal ESP und ABS an oder die Berechnung der Geschwindigkeit des vorausfahrenden Fahrzeugs oder das ständige Wach- und Aufmerksamsein.
Und sehen wir uns mal unsere älteren Mitbürger an, die auch mit 80 oder älter noch ihr Fahrzeug steuern. In vielen Lebenslagen fährt hier das Fahrzeug autonom deutlich souveräner.
Es ist und bleibt erstaunlich, wie sehr sich viele Menschen überschätzen. Nicht umsonst denken über 80% der Autofahrer, dass sie besser fahren als der Durchschnitt... ;-)