Damit Deutschland seine Verpflichtungen aus dem im vergangenen Jahr unterschriebenen Pariser Klimaschutzabkommen erfüllen kann, müssen Autos und Lkw dringend erheblich weniger Schadstoffe ausstoßen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Der wachsende Verkehr hat 2016 sogar mehr klimaschädliches CO2 produziert als 1990, das stets als Vergleichsjahr herangezogen wird.
Dennoch will Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) die Verkehrswende nicht mit Verboten forcieren. "Ich halte nichts davon, mit Verboten zu hantieren", sagte die Ministerin am Rande der UN-Konferenz zur Green Economy in Berlin. Damit bezog sie sich auf Vorstöße etwa der Grünen, auf mittlere Sicht den herkömmlichen Otto- und Dieselmotor zu verbieten. Hendricks sagte zwar, dass Verkehr künftig anders organisiert werden müsse, "aber das werden wir als Staat nicht im Detail vorschreiben".
So lehnt es die Ministerin auch ab, den Autoherstellern eine Quote für den Verkauf von Elektroautos vorzuschreiben. Sie setze auf den Markt und darauf, dass die Elektroautos besser würden – also eine zunehmend höhere Reichweite hätten – und die Infrastruktur zum Aufladen der Autos wachse. Damit widersprach sie der Präsidentin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger, die im Interview mit ZEIT ONLINE eine verbindliche Absatzquote gefordert hatte, da ohne weitere Maßnahmen die Klimaschutzziele nicht zu erreichen seien.
"Das ist eine Aufgabe der nächsten Regierung"
Deutschland hat sich dazu verpflichtet, im Vergleich zu 1990 die klimaschädlichen Emissionen bis 2020 um mindestens 40 Prozent, bis 2050 um 80 bis 95 Prozent zu senken. Kern des Klimaschutzes ist dabei die Energiewende. Im Verkehrssektor setzt Hendricks vor allem auf die Elektromobilität. Ziel müsse es aber auch sein, den Energieverbrauch zu reduzieren: zum einen dank energieärmerer Technik, zum anderen durch eine effizientere Nutzung der Verkehrsmittel.
Hendricks
nannte als Beispiel die angestrebte "Stadt der kurzen Wege", in der der Supermarkt in Laufnähe und nicht außerhalb des Zentrums ist: "Es
geht auch um Verkehrsvermeidung und die Reduzierung des
Flächenverbrauchs", sagte die Ministerin. Deutschland brauche eine
umfassende Mobilitätsstrategie.
Dabei übte Hendricks Kritik an Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), mit dem eine solche Strategie bisher nicht zu entwickeln gewesen sei. "Das ist eine Aufgabe der nächsten Regierung. Es ist völlig klar, dass wir eine solche Mobilitätsstrategie brauchen."
Hendricks
bedauerte, dass der in ihrem Haus entwickelte Entwurf einer Verordnung für
eine Blaue Plakette, die schmutzigere Dieselautos aus Innenstädten verbannen
soll, seit Dezember im CSU-geführten Verkehrsministerium liegt. Die Konferenz aller
Landesumweltminister hatte sich "16 zu null", wie Hendricks sagte,
für die Plakette ausgesprochen. Bei den Verkehrsministern stößt die Idee aber
auf Widerstand.
"Ich stelle mit Bedauern fest, dass wir bisher keine Einigkeit in der Bundesregierung erzielen konnten", sagte Hendricks. Bislang existiert nicht einmal eine fachliche Stellungnahme des Dobrindt-Ministeriums zu dem Entwurf. Der Bundesverkehrsminister ist offiziell für die Straßenverkehrsordnung und damit auch für Plaketten zuständig. Er hatte sich gegen die Blaue Plakette ausgesprochen.
Allerdings wächst der Druck. Weil eine Reihe von Großstädten – darunter insbesondere Stuttgart – seit Langem Probleme mit viel zu hohen Stickoxid- und Feinstaubanteilen in der Luft hat und die von der Europäischen Union vorgegebenen Obergrenzen überschreitet, hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Zudem liegen Klagen gegen Kommunen vor. Die baden-württembergische Landesregierung hatte kürzlich beschlossen, dass ab 2018 an Tagen mit überhöhten Feinstaubwerten in Stuttgart nur noch Dieselfahrzeuge der neuesten Abgasnorm Euro 6 im Zentrum der Landeshauptstadt fahren dürfen.
Kommentare
Eine verkehrwende ist kein Elektroauto sondern ein gut funktionierendes, öffentliches Verkehrsnetz. Netz soll heissen Nah- und Fernverkehr sind vernetzt und ich komme zu akzeptablen Zeiten überall hin. Den Autowahn zu elektrifizieren macht ja echt keinen Sinn , die Autokonzerne kann man nicht ewig vor einer Änderung schützen.
Interessant ist allerdings auch dass der schienengebundene ÖPNV aus Sicht der Feinstaubbelastung gar nicht so gut abschneidet, wie man denken könnte. Einfach mal bei reiseauskunft.bahn.de die Ökobilanz prüfen.
Soweit ich mich erinnere hat das was mit dem Bremsen mit Sand zu tun. Kann mich aber auch irren
"Hendricks sagte zwar, dass Verkehr künftig anders organisiert werden müsse, "aber das werden wir als Staat nicht im Detail vorschreiben"."
Das ist natürlich Unsinn in sich selbst.
Das werden die Städte von sich aus natürlich machen, das Wunder der freiwilligen Selbstverpflichtung eben!
Unsinn in sich selbst ist der ohnehin bereits im fast Unerträglichen liegende Verbots- und Vorschriftenzirkus. Ich kann es kaum fassen, dass eine Bundesministerin, noch dazu eine rote, mal ohne auskommen will.
Nein, die Vernunft wird natürlich siegen. Sie werden sehen, ab morgen lässt halb Deutschland das Auto stehen und fährt mit Fahrrad und der Bahn. Ganz sicher...
Da habe ich gar kein Problem mit. Wir schaffen alle Regeln, die den Verkehr betreffen, ab. Von der Finanzierung über die Infrastruktur bis zu Verkehrsregeln und den Fahrzeugen. Dann haben Sie ihre freie Fahrt für freie Bürger ;-)
Sie widerspricht sich sogar selbst: "Ohne Verbote", aber eine Blaue Plakette fordern, die Verbote aussprechen. ;-)
Ein Großteil der Bürger will halt nicht so wie die Politiker wollen, da bleibt nur Verbote in irgend einer Form, offen als Fahrverbote (Blaue Plakette) oder indirekte Verbote über hohe Subventionen, so das der Wille der Bevölkerung sich nicht für die Bevölkerung rechnet.
Nur damit ich dich auch verstehe: Du bist überzeugt, die Mehrheit der Bevölkerung ist unvernünftig und doof?
Nein, aber manipuliert.
Schon mal die Autoindustrie in die Rechnung mit einbezogen?
"Ein Großteil der Bürger will halt nicht so wie die Politiker wollen, da bleibt nur Verbote in irgend einer Form, "
Ne, die Bürger wollen die eierlegende Wollmilchsau: Saubere, feinstofffreie Städte bei völliger Freiheit wieviel nun das eigene Auto maximal an Feinstaub, etc. rausrußen darf. Blöd nur, dass es so nicht funktionieren kann.
Wenn wir uns also nicht der Gefahr aussetzen wollen durch die Schadstoffbelastung ernstlich krank zu werden (denn mal ehrlich, die im Artikel erwähnten EU-Obergrenzen zur Luftbelastung mit Schadstoffen sind an sich schon recht sinnig), dann muss halt irgendein Kompromiss gefunden werden - ob nun mit der blauen Plakette oder der Regelung, dass an Tagen mit besonders hoher Belastung nur noch die Euro 6 abgasnormierten Fahrzeugen in die Städte dürfen.
"Nein, aber manipuliert."
... oder halt einfach nicht wohlhabend genug.
E Autos sind immernoch (und sehr wahrscheinlich noch längere Zeit) einfach im Vergleich viel teurer als gleichwertige Benziner. Warum sollte sich also jemand, der sich so schon gerade so ein Auto leisten kann nun auf eine teurere Variante umsteigen (wollen)?
Darüber hinaus dürfte diese Bevölkerungsschicht (und wir erinnern uns: Sie wird immer größer) eher in Mietwohnungen wohnen als in Einfamilien-Häusern, was dann einfach praktische Probleme mit sich bringt (über Nacht das Auto aufladen ist dann z.B. nicht so einfach).
http://www.geo.de/natur/nach…
http://www.mdr.de/nachrichte…
"der sich so schon gerade so ein Auto leisten kann nun auf eine teurere Variante..." Das ist ja eine witzige Aussage. Wenn man sich so anschaut was da auf der Straße rum fährt, hat man nicht den Eindruck, dass am Auto recht gespart wird. Damit der nachbar große Augen macht, wird eher tiefer in die Tasche gegriffen.
Es gibt viele, viele Graustufen zwischen totaler Anarchie und dem, was wir jetzt haben...
Das ist die klassisch grüne Denke - die mittlerweile durch von den Grünen eigenverantwortete Überreizungen im Wahlvolk auf starke Ablehnung trifft.
Was dazu führt, daß sich die Grünen jezt eine Wahlklatsche nach der anderen einfangen.
Bei der Wahl des Automodells wird heutzutage nicht mehr unbedingt so sehr auf den Nachbarn geschielt, sondern es gibt auch Leute, die Spaß daran haben, die moralinsaure Verbieteritis-Wichtelschaft zu provozieren.
Und diejenigen, die die Manipulation erkannt haben, dürfen Zwang und Verbote initiieren, weil sie die Guten sind und recht haben, stimmts?
Doof haben Sie gesagt aber unvernünftig kann man ja wohl kaum bestreiten.
Wären Menschen vernünftig, gäbe es keine Raucher, deutlich weniger Übergewichtige, keine Alkohol- und Drogenabhängigen, es würde mehr Fahrrad gefahren, weniger Fleisch gegessen und es gäbe weniger Kriminalität.
"Ich kann es kaum fassen, dass eine Bundesministerin, noch dazu eine rote, mal ohne auskommen will."
Will sie ja nicht. Die Blaue Plakette läuftja auf ein Verbot hinaus.
Nun, wenn man die deutsche Wirtschaft ruinieren will, muß man nur so weitermachen.
Herr Fleischhauer vom Spiegel bringt es fabelhaft auf den Punkt:
"Eine der größten Quellen von Feinstaub ist der Wald. Jeder Nadelbaum gibt chemische Verbindungen in die Atmosphäre ab, die zu winzigen Aerosol-Partikeln kondensieren. Die Experten sprechen von "biogenen Emissionen".
Keine Ahnung, was man dagegen tun will. Wenn sie mit der Massenabholzung beginnen, um die Umweltzonen zu schützen, sagen Sie mir Bescheid: Auch dagegen würde ich dann meine Stimme erheben."
http://www.spiegel.de/politi…
Stimmt. Biogene Emissionen sind schädlich. Waren sie immer schon. Zum Glück haben wir rechtzeitig die Wende eingeleitet.
Zurück zum Beton!
Die Regierung hat das Diesel-Problem verursacht (durch Subvention, gemeinsam mit Lobbyisten und durch aktives "Wegschauen").
Der Bürger hat im Vertrauen in seine Politiker Dieselfahrzeuge gekauft.
Wenn jetzt diese (neuen!) Fahrzeuge vom Verkehrsgeschehen "ausgesperrt" werden, kommt das einer Enteignung gleich.
Die Alternative: Es gibt eine Übergangsphase, in der die Regierung ihre Fehler für alle Bürger tragbar korrigiert - ODER die Regierung sorgt für eine Entschädigung der Dieselfahrzeugkäufer, die nichts dafür können.
Unsere Konsumwelt basiert nicht auf tatsächlichem Bedarf. Es ist eine geschaffene Konsumwelt, die der Kontrolle der Menschen dient. Im Idealfall würden informierte Konsumenten rationale Entscheidungen fällen. Dazu müsste Werbung maßgeblich Sachinformationen liefern, was nicht passiert. Das Ziel ist, uninformierte Konsumenten zu schaffen, die irrationale Entscheidungen treffen. Wahlkämpfe, politische Darstellung und Werbung im Allgemeinen, werden genauso geführt. Man will eine uninformierte Gesellschaft haben, die irrationale Entscheidungen fällt. Gegen ihre eigenen Interessen.