Deutschland soll elektrisch fahren. Das ist der Plan von Politik und Industrie. Bis 2020 sollen eine Million Elektro- und Hybridautos unterwegs sein, für 2030 sind bereits rund sechs Millionen strombetriebene Pkw avisiert. Noch drastischer formulierten es kürzlich die Grünen, die laut Wahlprogramm ab 2030 nur noch elektrisch betriebene Neuwagen zulassen wollen.
Die Bundesregierung fördert sowohl die Entwicklung und den Verkauf der Fahrzeuge als auch die Schaffung einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur. Mit einer Finanzspritze von 300 Millionen Euro aus Steuergeldern sollen nun landesweit rund 15.000 neue Stromtankstellen entstehen: 5.000 Schnellladestationen und 10.000 Ladesäulen mit normaler Ladetechnik.
"So geben wir den Autofahrern das Vertrauen, dass sie ihre Fahrzeuge überall und jederzeit aufladen können", verspricht Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Seit März dieses Jahres können private Investoren, Städte und Gemeinden die staatliche Förderung beantragen, sie ermöglicht die Errichtung der Ladesäulen, den Netzanschluss und die Montage.
Die meisten Stromtankstellen werden derzeit von Parkhäusern, Energieversorgern, Hotels und Supermärkten betrieben. Allein bei Aldi Süd und Rewe können Kunden während ihres Einkaufs bereits an insgesamt rund 100 Geschäften die Batterien ihrer Elektroautos aufladen, und auch Ikea hat die Installation von Ladestationen vor seinen Möbelhäusern angekündigt. BMW, Daimler, Ford und Volkswagen wollen künftig ebenfalls Strom verkaufen und planen ein eigenes Netz von Schnellladestationen entlang der europäischen Hauptverkehrsachsen.
Was wird aus der traditionellen Tankstelle?
Nur von der Branche, die seit Jahrzehnten für die Treibstoffversorgung der Autofahrer zuständig ist, hört man zum Thema Elektromobilität bisher recht wenig: Aral, Shell, Esso und die anderen Tankstellenbetreiber verfügen aktuell nur über rund zwei Prozent der rund 7.400 Ladestationen in Deutschland. Verschlafen Deutschlands Spritverkäufer die Zukunft? Sehen sie tatenlos zu, wie ihre Kunden aufs Elektroauto umsteigen und damit künftig zur Stromzapfsäule beim Discounter fahren?
Nach außen gibt man sich gelassen. Jürgen Ziegner, der Geschäftsführer des Zentralverbands des Tankstellengewerbes (ZTG), äußert "leichte Zweifel am Zeitalter der Elektromobilität", das Politiker und Autohersteller immer wieder ankündigen. Derzeit seien in Deutschland nur rund 34.000 rein elektrisch betriebene Personenwagen unterwegs, sagt Ziegner. Er sieht deshalb keinen Handlungsbedarf für seine Branche.
Doch hinter den Kulissen regt sich offenbar durchaus Sorge um das zukünftige Geschäft. "Viele mittelständische Tankstellen fürchten mit dem Wandel zur Elektromobilität um ihre Existenz", heißt es in einer Studie der Brandenburgischen Technischen Universität und der Hochschule Magdeburg-Stendal, die der Bundesverband Freier Tankstellen (BFT) und der Verband für Mittelständische Energiewirtschaft in Auftrag gegeben haben.
Ebenso deutlich wurde der BFT-Vorsitzende Thomas Grebe beim letzten Jahrestreffen seines Verbands. Er sprach von "überwiegend wenig erfreulichen Entwicklungen" und "ganz besonderen Herausforderungen" im Hinblick auf die Elektromobilität. "Wir denken intensiv darüber nach, welche Rolle die klassische Tankstelle künftig spielen kann. Es wird Veränderungen geben, denen wir uns aktiv stellen", sagte Grebe. "Und vielleicht werden wir zukünftig auch Stromzapfsäulen an unseren Tankstellen bauen."
Kommentare
Aufgrund der Ladezeiten eignen sich Parkäuser und Parkplätze, auf denen Auto länger abgestellt werden, auch wesentlich besser als Tankstellen. Die meisten Tankstellen haben doch überhaupt nicht die Kapazität, um da die ganzen PKW herumstehen zu lassen.
Tankstellen könnten ins Spiel kommen, wenn es funktionierende Akku-Tauschsysteme gibt.
Prinzipiell richtig, aber auch Parkhäuser oder Parkplätze vor Geschäften, werden nicht die Endlösung sein, weil sie im Endeffekt fast keine Flexibilität mitbringen. Man stelle sich einfach mal 20 Schnellladestationen nebeneinander vor. Wenn die alle gleichzeitig ans Netz wollen, dann brauchen sie schon einen Netztrafo der normale Trafostationen, wie eine Spielzeugstation aussehen lässt. Wenn man aber weniger hat, dann entstehen Wartezeiten, die für einen Ottonormalverbraucher nicht im Mindesten machbar sind.
Wirklich Sinn machen eigentlich nur die von ihnen angesprochenen Akku Tauschsysteme. Die hätten den Vorteil schnell verfügbar zu sein und wären ein super Zwischenlager für überschüssige Energie. Damit dies aber funktionieren kann, müsste man sich auf einen Standard einigen und zumindest bis jetzt, ist mir nicht bekannt, dass es überhaupt Anstrengungen in diese Richtung gibt.
Kein Wunder also, dass sich die Tankstellenbetreiber nicht rühren, denn denen dürfte die Problematik klar sein, während die Politik gerade dabei ist, ein paar hundert Millionen in den Sand zu setzen.
Dieselaggregat an die Tanke und voila - fertig ist die Ladestation. Geht innerhalb von wenigen Stunden. Wo ist das Problem?
Na der Platz, oder? Siehe #1 oben. Die Fahrzeuge würden ja mindestens 30 Minuten lang an der Ladesäule stehen.
"Ladesäulen für Elektroautos ... die Tankstellen ziehen nicht mit. Verschlafen sie die Zukunft?"
Nein, sie sind klüger und schmeißen kein Geld aus dem Fenster. Wenn das E-Auto übrigens praktikabel wäre, würden zumindest die Grünen sie kaufen. Außer ein paar - überwiegend reichen - Altruisten kauft niemand den Elektroschrott.
Warum sollten gerade Reiche unpraktikable eAutos kaufen?
Irgendwas ist da wohl falsch an Ihrer beschränkten Weltanschauung.
"Wenn die Ölkonzerne die Elektromobilität auf der Strasse als Zukunftstechnologie betrachten würden, hätten sie sich den Makt gesichert. Das Geld dafür hätten sie."
Sagte mir mal ein Mann vom Fach. D. h., die Gewinnerwartung ist nicht ausreichend zeitnah, hoch und stabil.
Wo sollen denn die Rohstoffe für Milliarden von Batterien herkommen?
Wie sollen denn Millionen von Laternenparkern ihre Akkus aufladen?
Für einen nicht unwesentlichen Teil des Stadtverkehrs (Lieferdienste pp) ist es eine gute Lösung. Der Rest wird dann wohl doch eher in Richtung Autogas oder Wasserstoff gehen müssen.