Mobilität ist weltweit zum Ausdruck von Freiheit, Unabhängigkeit, Individualität und Selbstbestimmung geworden. Kaum etwas prägt das Leben in unserer globalisierten Gesellschaft so sehr wie der Megatrend Mobilität; unser tägliches Leben und das gesamte Wirtschaftssystem fußt auf der Prämisse: Wir müssen mobil sein.
Doch das Gesamtsystem Mobilität steht vor einem evolutionären Sprung. Schon heute gibt es tiefgreifende Probleme – durch das exponentiell gewachsene Verkehrsaufkommen der vergangenen Jahre gerade in den Städten oder die immer offensichtlicher werdende Umweltverschmutzung. All das macht unsere Mobilität ineffizienter und problematischer. Es ist daher Zeit für eine grundlegende Veränderung.
Der gesellschaftliche Status quo speist sich primär aus dem Zusammenwirken mehrerer epochaler gesellschaftlicher Wandlungskräfte – den sogenannten Megatrends, die in unterschiedlicher Ausgestaltung alle Gesellschaften beschäftigen. Im Speziellen sind dies: Urbanisierung, Individualisierung, Globalisierung – und eben Mobilität.
Megatrends sind keine kurzfristigen Trends, sondern entfalten ihre Wucht erst im Verlauf mehrerer Jahrzehnte – dafür jedoch heftig. Durch ihren allumfassenden Einfluss auf den Alltag jedes Menschen haben diese Megatrends das Potenzial, ganze Gesellschaften und deren etablierte Subsysteme grundlegend zu verändern.
Doch welche grundlegenden Mobilitätsprinzipien müssen wir dann in Zukunft bedenken, wenn es um eine sinnvolle Weiterentwicklung unseres Lebens in 20 oder 30 Jahren geht? Was sind die zentralen Ankerpunkte, die einen evolutionären Sprung in ein intelligenteres Mobilitätszeitalter ermöglichen?
Erstes Prinzip: Die Entschleunigung der Beschleunigung
In Zukunft werden wir unseren Zugang zum Beschleunigungsmantra der modernen Gesellschaft hinterfragen müssen. Es wird darum gehen, nicht das Höchsttempo als den bestimmenden Faktor der mobilen Gesellschaft von morgen zu betrachten, sondern vielmehr die Art der Fortbewegung. Entscheidend wird sein, wie wir – qualitativ gesehen – am besten ans Ziel kommen.
Hohe Flexibilität und permanentes Unterwegssein, die Verdichtung des Alltags und der Arbeitswoche werden von nicht wenigen Menschen als Belastung empfunden. Deshalb sucht gerade die hypermobile Gesellschaft nach Möglichkeiten der Entschleunigung. Die zentrale Lebensknappheit ist nicht mehr der Mangel an Waren, sondern der Mangel an Zeit. Zeitwohlstand wird zur Luxuserfahrung, wertvoller als teure Produkte.
Kommentare
Wie kommen Millionen Pendler morgens zur Arbeit und abends wieder zurück?
Selbst Städte wie Stuttgart haben ein - für den Rest des Bedarfes - völlig ausreichendes Verkehrsnetz.
Die (regelmäßigen) Spitzen müssen Maßstab des Ausbaus sein, nicht die Durchschnittsauslastung.
Und die Redundanz. Es kann nicht sein, dass alles Zusammenbricht, nur weil an der Strecke xy mal wieder die Hecke geschnitten werden muss.
Wohnortnäher arbeiten wäre mal wieder ein Ansatzpunkt, kleinere Schulen und ausreichende Infrasruktur in den Stadtteilen, damit das Mamataxi öfter mal stehen bleibt. Bus- und Zugfahrpläne,die sinnvoll auf einander abgestimmt sind, damit man nicht für 5 Kilometer mit dem ÖPNV eine Stunde unterwegs ist. Leider ist genau das hier bei uns der Fall. Förderung des Radverkehrs, indem man ihn von den KFZ netkoppelt, das tägliche Gekämpfe mit KFZ, die in 20 cm Abstand hinter und neben Radfahrern drängeln , machen enormen Stress, das fördert nicht die Lust das rad zu nehmen.
Tja und was soll ich zur E-Mobilität sagen? Strom kommt ja bekanntlich aus der Steckdose. Immer noch zu 50% aus Braunkohle. Das mit der Dekarbonisierung kann mein CNG-Auto derzeit mit 100% abfallstämmigen CNG aus der Region schon heute besser und auch wesentlich günstiger.
Eben, die Einkaufsmöglichkeiten sind auf der grünen Wiese, und in kleineren Städten weder in der Stadt noch in den Ortschaften zu finden, was wieder mehr mobilität erfordert.
In Siedlungen, Dörfern und Vororten wurden die sozialen und gesellschaftlichen Knotenpunkte abgebaut. Und die Arbeitsstätte liegt viele, viele km außerhalb. Und zudem wurden dafür auch die öffentlichen Verkehrsmittel weiter reduziert, was zur Folge hat, dass sie so unaktraktiv wurden, dass selbst die wenigen, die noch fahren, nich mal zur Hälfte gefüllt sind und somit ggf. dann irgendwann auch gestrichen werden.
Wenn öffentlicher Nahverkehr, wie z.B. in der Hamburger Innenstadt, attraktiv ist und die Taktung extrem kurz, dann sind viele bereit auch auf das Auto zu verzichten, weil der Stress auf den vollen Straßen und die anschließende Parkplatzsuche wesentlich nerviger ist.
Zunächst dachte ich, schön, dass sich jemand mal wieder Gedanken macht, wie es funktionieren könnte. Aber im letzten Teil des Artikels empfand ich es als einen weiteren Versuch, das Datensammeln den Menschen schmackhaft zu machen und ihm zu sagen, es passiert ja nur zu deinem Besten.
Crashtest Mobilität von Frederic Vester, erklärt eine damalige Studie und gibt Anhaltspunkte, wie Verkehr funktioniert, aber auch wie es anders geleitet werden könnte. Vernetzung ist dort eher mit verschiedenen Verkehrsmöglichkeiten gemeint, Fahrräder, Carsharing, öffentliche Verkehrsmittel + Umorganisation von Lebensräumen etc. pp.
Ach, das mit den Daten können sie knicken....
2006 hatten wir ne WM im Land und rund um Frankfurt wurden dynamische Schilderbrücken aufgestellt, um den Verkehr in Echtzeit zu regulieren - eine dieser Strecken bin ich 11 Jahre mind. 5mal wöchentlich gefahren. Genutzt wurde dieser Gimmick vllt. 10-12 Tage im Jahr um auf Probleme im Verkehrsfluß hinzuweisen; nur bei Starkregen kamen diese Warnungen und Tempolimits regelmäßig - und das ist eine Situation, die jeder halbwegs im Kopf klare Fahrer selbst sieht (wohingegen man durchaus auch mal mit 120km/h in ein Stauende rauschen konnte....).
Und beim Thema Vernetzung setzen die Verkehrsplaner völlig aus - im Süden von Frankfurt hat man es geschafft die 3 Mittelstädte Mörfelden-Walldorf, Langen und Dreieich - zusammen mehr als 110.000 Einwohner so an das Autobahnnetz anzubinden, dass man den Verkehr Richtung Westen über einspurige Bundesstraßen (teils mit Bahnschranken!) angebunden - oder man muss den Umweg direkt übers chronisch verstopfte Frankurter Kreuz nehmen...
Öffentlich Querpendeln zwischen diesen Städten ist nahezu unmöglich, es sei denn man hat flexible Arbeitszeiten - und selbst dann schlägt der ÖPNV mit Preisen zu, die in meinem Fall bei etwa 42 Cent/km liegen (und einer mind. doppelt so langen Reisezeit).
„Menschen setzen wieder stärker auf temporäre mobile Entschleunigung setzen. Radfahren und Zufußgehen rücken als entschleunigende Mobilitätsformen zurück in den Fokus.“
„Die neue Liebe zum Fahrrad ist schon heute beobachtbar und mit dem E-Bike werden auch längere Distanzen machbar“
Das ist doch eher wunschdenken als beobachtbare Realität.
Einzig die Vernetzung des Individualverkehr halte ich für eine realistische Möglichkeit den Verkehr in Zukunft nicht kollabieren zu lassen. Dabei sollte man so schnell es geht auf autonom fahrende Verkehrsmittel setzen. Allerdings bekommt man es bis heute noch nicht mal hin Ampelphasen dynamisch zu gestalten, so das sie auf das Verkehrsaufkommen reagieren können. Ich sehe da also eher schwarz.
Was bei der Betrachtung leider auch nicht erwähnt wird, ist der notwendige Um- und Ausbau der Infrastruktur. Jahrzehntelang ist da kaum etwas passiert, es werden lediglich die sprichwörtlichen Löcher gestopft.
Ich denke mit den autonomen Fahrzeugen wird man wieder etwas mehr OPNV in die Provinz bringen koennen, morgens und abends als Zubringer zu den Bahnhoefen und tagsueber dann als Rentnertaxi, am Supermarkt und Aerztehaus vorbei.
Innerorts kann man mit dem Fahrrad viel abdecken und e-bikes machen oekologisch dort Sinn wo sie ein Auto ersetzen. Und umsteigen werden Leute nur wenn es nicht langsamer ist. Da faende ich im Innenstadtbereich ein paar Fahrradschnellwege entlang von 3-4 Haptverkehrsachsen auf Stelzen sinnvoll, damit man nicht an jeder Ampel anhalten muss. Sicher nicht preiswert, aber sicher kaum teurer als irgendwelche Autotunnels.