Das
Apple-Car? Gibt es schon. Das Google-Mobil? Millionenfach auf den
Straßen der Welt unterwegs. Auch wenn diese Autos die Embleme
bekannter Marken, von VW und Kia, von Mercedes und Volvo tragen: In
ihrem Innern haben die Giganten des Silicon Valleys längst einen Teil
der Macht übernommen. Den Teil, der immer mehr Autofahrern wichtiger
ist als Motorleistung oder sportliche Federung – nämlich Bedienung
und Entertainment. Eine problemlose Navigation zu den Adressen aus
der Kontaktliste, ein Audiosystem mit den eigenen Playlists, eine
schnelle Kommunikation per Anruf oder Message. Letztlich soll das Auto alles das können, was auch das geliebte Smartphone kann.
Die Trojanischen Pferde, mit denen iPhones, Samsungs und Huaweis das Auto kapern, heißen Apple CarPlay und Android Auto. Es sind Extras, die in keiner Ausstattungsliste neuer Modelle mehr fehlen dürfen, und die das Auto-eigene Bediensystem durch Smartphone-Apps ersetzen. Anders als bei neuen Technologien üblich, sickern sie nicht langsam über teure Luxuskarossen in Kompakt- und Kleinwagen, sondern setzen sich gerade mit rasendem Tempo in preiswerten Autos durch. So sind auch die Premiummarken gezwungen, nachzuziehen: Will man dem Käufer einer Mercedes-E-Klasse vorenthalten, was ein Opel Adam an Bord hat?
Jaguar tut tatsächlich genau das: Die Briten im Besitz des indischen Tata-Konzerns wollen sich nicht von Apple oder Google abhängig machen und setzen lieber auf ein eigenes System zur Smartphone-Anbindung. Fast alle anderen Autohersteller aber kooperieren – oder haben kapituliert, wie es mancher Entwicklungsingenieur durchaus sieht. Denn zum einen stören die bunten Apps, die CarPlay und Google auf das zentrale Bediendisplay beamen, das durchkomponierte Cockpitdesign teurer Edelautos. So arbeitet Audi daran, den Einheits-Smartphone-Look durch eine eigene Grafik zu ersetzen. Was wiederum mühsame Verhandlungen mit den Giganten des Silicon Valleys bedeutet.
Zum anderen, und noch schwerwiegender: Die Amerikaner haben so bessere Möglichkeiten, Daten abzugreifen. Welche Route fährt das Auto, wo tankt es, welche Musik hören die Insassen? Das sind wertvolle Informationen, welche die Autohersteller natürlich selbst gerne sammeln würden. Darüber hinaus verlangt Google mittlerweile tiefgreifende Einblicke in und Verknüpfungen mit der Auto-Software – ein Grund, dass Porsche in neuen Modellen derzeit nur Apples CarPlay anbietet (der überwiegende Teil der Porsche-Fahrer nutzt ohnehin iPhones). Doch solche Verhältnisse können sich schnell verändern, wie die Erfahrung zeigt: Noch vor einigen Jahren gab sich Apple als störrisch bei der Zusammenarbeit mit den Autobauern der Old Economy, und Google besonders kooperativ.
Die Systeme blockieren sich gegenseitig
Den Autobauern ist es natürlich am liebsten, wenn die Kunden nach wie vor ihr eigenes, werkseitig eingebautes System nutzen. Das führt gerade bei teuren Modellen zu absurden Situationen: Meistens ist CarPlay und/oder Android Auto nur als Teil aufwändiger, teurer Entertainment- und Navigationssysteme zu haben. Viele Funktionen sind damit doppelt an Bord und blockieren sich teilweise gegenseitig. So kann es passieren, dass ein Fahrer ein Smartphone in sein neues Auto einstöpselt, aber, sobald er die Taste mit dem Hörer drückt, den Hinweis erhält: "Kein Telefon angeschlossen." Entrüstet eilt er zum Händler, der erklärt: Erst CarPlay anklicken, dann dort das Telefon-Symbol – und dann klappt das.
Im Sinne der Erfinder und der Kunden nutzen die Systeme eher die Anbieter preiswerter Fahrzeuge. Wie geschaffen scheint CarPlay etwa für einen Kia Stonic, der als Testwagen für ZEIT ONLINE zur Verfügung stand: Ein handliches Auto im trendigen SUV-Design, und mit 15.790 Euro fair eingepreist. Wer so günstig einen schicken Neuwagen kauft, will ihn möglicherweise nicht durch Extras wie ein werkseitiges Navi- und Entertainmentsystem verteuern. Muss er auch nicht: Apple CarPlay und Android Auto sind serienmäßig an Bord. Also iPhone per USB eingestöpselt, CarPlay per Klick bestätigt und sofort erscheinen die Apps auf dem 7-Zoll-Screen (bei Android-Phones ist es mit mehr Schritten etwas komplizierter).
Kommentare
Wer halt Linux vernachlässigt und nicht bereit ist, quelloffene Projekte zu fördern, hat auf Dauer das Nachsehen. Statt exzellente freie Software zu verwenden und weiter zu entwickeln, muss man jetzt teuer bei Monopolisten wie Apple und Google einkaufen ubd baut langfristige Abhängigkeiten auf.
Der gleiche Fehler der bei den SMS gemacht wurde. Man mag es kaum glauben, aber SMS waren in der Handy Steinzeit umsonst, dann hat die Abzocke durch die Telcos begonnen.
Das Ergebnis war WhatsApp, das Milliardengewinne pulverisiert hat und in weiten Teilen der Welt ein Quasi-Monopol hat.
Dem ganzen Artikel stimme ich zu, nur was bei Android komplizierter sein soll weiß ich nicht. Handy anschließen und dann kommt schon auf dem Display die Frage ob die Auto-App gestartet werden soll. Bei jedem Leihwagen den ich habe ist das mittlerweile Standard. Ich habe mir noch eine Handyhalterung für den Getränkehalter gekauft und damit war es gut.
Und wenn ich mit der Vespa unterwegs in unbekannten Gefilden bin habe ich einen kleinen Bluetooth Knopf unter dem Helm im Ohr und das Handy in der Jacke sagt mir den Weg an.
Tja, für manche sind schon zB VTech Produkte zu kompliziert zu bedienen und für die wurde eben auch die Apple Produkte konzipiert. ;)
Wir sind gestern , also mehr heute früh mit einen völlig veraltetem "Apple-freien " taxi nach Hause gefahren! Und sehr gut angekommen! Mit einem netten Fahrer (der noch selber fahren konnte) und haben uns verabsichedet mit "Auch ein frohes Neues Jahr! :)
Eine Kutsche hätte auch funktioniert ...
Gerade CarPlay und Android Auto zeichnen sich dadurch aus, dass
- der Benutzer umfassend ausspioniert wird
- der OEM zur umfassende Abgabe von Fahrzeuginformationen gezwungen ist
- die zur Verfügung stehende Software nur Schablonen von Google und Apple ausfüllt (alles sieht gleich aus)
- die Software in keinster Weise auf Fehlerfreiheit geprüft ist
- der Umfang der zur Verfügung stehenden Software durch Apple und Google künstlich eingeschränkt ist
- die Software in keinster Weise auf das Infotainment abgestimmt ist.
Entsprechend ernüchternd fällt das Urteil der OEM aus...
Die Software wird in Absprache mit den Herstellern veröffentlich, es werden keine "umfassenden" Fahrzeugdaten weitergegeben und das wiedererkennbare Design mag für die Hersteller ein Problem sein, für die meisten Nutzer ist es aber ein Segen.
Natürlich spiegelt sich auch hier die Offenheit der jeweilige Systeme wieder: Apple ist sehr restriktiv und erlaubt praktisch nur Alternativen zum eigenen Musikangebot. Bei Google kann man zusätzlich auch alternative Kartendienste wählen und Messenger wie WhatsApp nutzen.