Im August 2017 waren sie praktisch über Nacht überall in München – auf Fußwegen, an öffentlichen Radständern und an Straßenecken. Der Bikesharing-Anbieter Obike aus Singapur überschwemmte die bayerische Landeshauptstadt mit fast 7.000 seiner orangefarbenen Fahrräder. Manche landeten auch in Gräben, hingen an Straßenschildern oder versperrten den Weg.
Der neue Anbieter kam überraschend – für die Münchner, die sich über die herumstehenden und -liegenden Räder ärgerten, wie für die Stadtverwaltung. Denn zuvor war Bikesharing in Deutschland über lange Zeit eine überschaubare Angelegenheit. Die Deutsche Bahn mit
ihrem Angebot Call-a-Bike und das Leipziger Unternehmen Nextbike hatten den Markt in den Großstädten unter sich aufgeteilt. Kleinere
Städte mussten oft
verzichten, weil ein Leihradsystem für sie zu teuer ist. Damit sich das Geschäft überhaupt auf Dauer trägt, zahlen die Kommunen in der Regel den Fahrradverleihern einen Zuschuss.
Das ändert sich nun. Asiatische Startups verteilen ihre Leihräder bundesweit von Hamburg bis München. Während jeder Gastronom eine Sondergenehmigung braucht, um Tische und Stühle auf den Gehweg zu stellen, ist die Sache für Bikesharing-Anbieter deutlich einfacher. Nur die Betreiber fester Bikesharing-Stationen benötigen eine Sondergenehmigung für ihre Flotten. Die Anbieter sogenannter Freefloating-Räder, also jene ohne feste Station, brauchen keine. Das hatte 2009 das Hamburger Verwaltungsgericht entschieden.
Obike hätte eleganter in den Markt einsteigen können
Damals hatte die Hansestadt das stationsgebundene Bikesharing ausgeschrieben, und Call-a-Bike hatte die Ausschreibung gewonnen. Anschließend wollte die Stadt, dass die kleine Flotte aus 200 Nextbike-Rädern von Hamburgs Straßen verschwindet. Sie zog vor Gericht und verlor. Die Nextbike-Räder durften bleiben und sind weiterhin im Stadtgebiet unterwegs.
Die Entscheidung passte nun Obike gut ins Konzept, als das asiatische Unternehmen mit dem Sprung nach München in den deutschen Markt drängte. Der erste Auftritt verlief allerdings ähnlich chaotisch wie in Asien: Im Herbst 2017 gingen die Bilder von haushohen Schrottbergen bunter Mieträder um die Welt. Monatelang hatten sich Obike und die Konkurrenten Mobike und Ofo eine Schlacht um die Vorherrschaft am Markt geliefert und die Straßen und Plätze chinesischer Großstädte mit ihren bunten Rädern zugeschüttet. Doch beschädigte Räder wurden nicht repariert, lagen als Schrott an Wegen. Am Ende landeten Hunderttausende der Räder ohne Wartung und Service auf Deponien.
Auch in München provozierten
die vielen Räder großen Ärger. Zahlreiche Münchner beschwerten
sich bei der Stadtverwaltung, die allerdings wenig tun konnte. Dabei hätte der Obike-Auftritt ganz anders laufen
können. Denn laut Lukas Raffl von der Stabsstelle Radverkehr in München ist der
Bedarf an mehr Leihrädern durchaus vorhanden. 2.500 Mieträder von Call-a-Bike,
dem städtischen Anbieter MVG-Räder und dem Kopenhagener Anbieter Donkey
Republic gibt es in München. Die MVG-Räder haben feste Stationen, die von Donkey Republic sind nicht stationsgebunden.
Im Sommer 2017 diskutierte die Verwaltung laut Raffl, 2.000 weitere MVG-Leihräder fürs Stadtgebiet zuzulassen. Hier hätte Obike mit seinem Angebot elegant einhaken können. Stattdessen hat das Unternehmen seinen Markteintritt gründlich vermasselt.
Kommentare
Hier in Berlin steht alles voll mit Rädern die keiner nutzt, falls doch wer die App hat sind grad nur die falschen da und es werden Radwege und Fußwege blockiert weil es niemanden interessiert wo sie abgestellt werden.
Solange es nicht klar geregelte Umstände und höchstens zwei Anbieter gibt ist das ganze totaler Quatsch, bald steht hier pro Einwohnerin ein Fahrrad, welches aber nur mit der richtigen App, Kreditkarte und Standortdaten auch wenn die App geschlossen ist benutzt werden kann und sowieso eigentlich viel zu teuer ist.
Es wird so enden wie in China: https://i.guim.co.uk/img/...
Was für eine Ressourcenverschwendung.
" bald steht hier pro Einwohnerin ein Fahrrad, welches aber nur mit der richtigen App, Kreditkarte und Standortdaten auch wenn die App geschlossen ist benutzt werden kann."
Verglichen mit Privaträdern, welche nur mit genau einem richtigen Fahrradschlüssel verwendet werden können ist das aber immer noch vorteilhaft.
Wie konnte man auch von Radfahrern erwarten, dass diese Regeln kennen, die das Abstellen von Fahrrädern regeln würden. Wenn ich durch die Fußgängerzone fahren darf, darf ich es auch direkt vor der Ladentür abstellen. 10 Meter zu Fuß? Un-zu-mut-bar.
Ich glaube, dass es daran liegt, dass sich niemand dafür verantwortlich fühlt.
Die Carsharinganbieter stellen hier auch immer Fahrradwege und Kreuzungen zu als wären das Extraparkplätze für Leihautos.
In München hat selbst der etablierte MVG Probleme, seine (leider häßlichen) Fahrräder erfolgreich zu vermieten. Das ist kein Wunder, denn die meisten haben entweder selbst ein Fahrrad oder benötigen kaum schnell ein Leihrad für den Preis, um von A nach B. zu kommen.
Daher ist es umso unverständlicher, warum andere Anbieter nun die Städe mit Leihrädern überschwemmen - das kostet doch nur, und hätte im Vorfeld evaluiert werden können.
Selbst bei Leihwägen, die noch wesentlich sinnvoller sind (Einkauf beim Gartenzenter, beim IKEA, Auslfug, etc.) gibt es nun erste Fusionen: http://www.handelsblatt.c...
Das stimmt nicht, die MVG-Räder werden sehr gut angenommen, so gut, dass meist keine mehr verfügbar sind, wenn man sie braucht.
Am Ende des Tages muß es sich für diese Unternehmen lohnen - auch nach Abzug der Totalverluste und unwirtschaftlichen Reparaturen. Der Kunde entscheidet durch sein Nutzungsverhalten über Bestehen oder Nichtbestehen am Markt.
Die Leute wollen weniger Fahrzeugabgase in ihren Städten - dann sind Fahrräder und mit ihnen die Fahrradverleiher genau das richtige Rezept. In Luft auflösen kann man die Fahrräder nach Gebrauch nicht, also muß man auch mit deren "stehender Existenz" leben.
"Fahrräder nach Gebrauch nicht, also muß man auch mit deren "stehender Existenz" leben."
Als Fußgängerin muss ich das zuparken des - Gehweges -
egal ob von Autos oder dutzenden Leihfahrrädern
ganz sicherlich - nicht - in mein Leben einbinden.
Man merkt nur das Fahrradfahrer teils genau dieselben
Egomanen sind wie manche Autofahrer,
und sich respektlos gegen die Interessen der Fußgänger richten.
Da können Sie ihr "pseudoökologisches, bessere Luft Getue"
von mir aus einpacken und nach China schicken.