Der Nutzen einer Stauvorhersage in Echtzeit dürfte allen Autofahrerinnen und -fahrern einleuchten. Dagegen erschließt sich der Sinn des mit dem Internet verbundenen Autos in anderer Hinsicht manchem nur schwerlich: Aus der Ferne am Smartphone den Tankfüllstand oder den Kilometerstand checken? Braucht man das wirklich? Doch die vermeintlich simplen Funktionen sind Vorboten für komplexere Aufgaben, die mit der Cloud vernetzte Autos erfüllen. Dazu gehört, die eigene Panne vorherzusagen – und dann natürlich zu vermeiden.
Schon heute werden bei modernen Autos Softwareupdates über das Internet aufgespielt, ohne dass der Besitzer sein Auto dazu in die Werkstatt bringen und ein Mechatroniker ein Kabel einstöpseln muss. Die Fachleute sprechen von Updates "over the air", also "über die Luft". Hergestellt wird die Netzverbindung entweder über die bordeigene SIM-Karte (falls vorhanden), das gekoppelte Handy oder eine WLAN-Verbindung, wenn das Auto in der Garage steht. Auf diesem Weg werden kleinere Systemupdates erledigt und Navidaten oder Apps aktualisiert.
Die heute üblichen Intervalle passen nicht mehr
Künftig werden auch größere Eingriffe nötig sein, denn mit der zunehmenden Digitalisierung der Fahrzeuge steigt das Risiko von Schwachstellen in der Software. In einer solchen digitalisierten Welt seien die heute typischen Wartungsintervalle von einem Jahr oder nach 20.000, 30.000 Kilometern zu lang, sagt Volker Breunig, Experte für vernetzte Services beim Automobilzulieferer Bosch. Zukünftig stelle sich damit nicht die Frage des Entweder-Oder, "sondern es wird sich vielmehr eine Kombination aus Werkstatt und Over-the-Air-Updates durchsetzen".
Nur so könne man auf erkannte Schwachstellen schnell und effizient mit Sicherheitsupdates für die zahlreichen Steuergeräte im Fahrzeug reagieren, sagt Breunig. Über den – im Vergleich zur rasant fortschreitenden Digitalisierung – langen Lebenszyklus eines Fahrzeuges könne man so die Software immer aktuell halten, "oder es können neue Funktionen aufgespielt oder freigeschaltet werden", so der Ingenieur.
Das vernetzte Fahrzeug der Zukunft hat außerdem den eigenen Werkstattmeister immer an Bord: Sensoren erfassen fortlaufend den Zustand wichtiger Komponenten im Auto. Anhand dieser Daten sowie zusätzlicher Informationen aus der Cloud wird im Hintergrund permanent analysiert, ob beispielsweise mit der Batterie, dem Kraftstofffilter oder dem Bremssystem alles in Ordnung ist. "Zeigen die Daten Verschleißerscheinungen der Komponenten, dann erhält der Fahrer rechtzeitig vor Auftreten eines Defekts einen Hinweis und einen Vorschlag für den nächsten Werkstattbesuch", erläutert Breunig. Erste Serieneinführungen einer solchen Pannenvorhersage, bei Bosch "vorausschauende Diagnose" genannt, sind für 2019 geplant.
eCall vernetzt die Autos
Denn auch wenn es nach Science-Fiction klingt, ist die Werkstatt aus der Cloud bereits Realität: Seit rund einem Jahr profitiert der kostensensible Nutzfahrzeugsektor von Diagnosen aus der Ferne. Denn jeder Tag, an dem ein Lkw unvorhergesehen steht, kostet Geld. Das proaktive Handeln soll teure Ausfallzeiten verringern. Laster von Mercedes-Benz sind mit dem Dienst Uptime immer online; er überwacht ständig alle Sensoren und Steuersysteme.
Tritt eine Unregelmäßigkeit auf, meldet der Lkw es an den Server. Dort findet eine vollautomatische Fehlererkennung statt, und die von Mercedes-Technikern permanent aktualisierte Software leitet anhand des Fehlertypus Handlungsempfehlungen ab. Bestimmte Fehlermeldungen werden direkt an die Hauswerkstatt des Kunden weitergeleitet – diese kann dann anstehende Reparaturen, die sonst erst bei der turnusmäßigen Wartung auffallen würden, vorbereiten, beispielsweise indem sie Ersatzteile bestellt.
Dass sich nach diesem Vorbild auch Autos mit ihren Fehlercodes bei der Stammwerkstatt anmelden, ist nicht mehr fern. Bereits heute können Nutzer bestimmter Dienste (zum Beispiel Volvo on Call) ihrem Auto erlauben, auf den Outlook-Kalender ihres Besitzers zuzugreifen und selbstständig einen Termin für die nächste Inspektion zu vereinbaren. Seit März 2018 müssen Autohersteller zudem in alle neu auf den EU-Markt gebrachten Pkw-Modelle den automatischen Notruf eCall einbauen. Darum sind diese Autos mit einer SIM-Karte ausgerüstet, also faktisch vernetzt.
Kommentare
Da bin ich mal auf die erste Schummelsoftware gespannt die mein Auto alle drei Monate zu einem Termin, nützlich mit Kostenzuschlag für einen kurzfristige Terminvereinbarung, schickt. Hört sich nach einer echte Gelddruckmaschine an.
finde ich auch. Die Elektronisierung im Auto führt schon lange zur Entmündigung des Besitzers. Da zeigen irgendwelche Sensoren an (korrekt?), dass bestimmte Dinge gemacht werden müssen. Und wer nicht viel Mut oder Ahnung hat, fährt natürlich in die Werkstatt.
Von der Gefahr von (bereits zigfach bewiesenen) Hacks mal ganz abgesehen.
Also brauche ich demnächst einen hostblocker in meinem Auto der aufpasst was so nach Hause geschickt wird? Na super, das wird ja immer besser...
Das wird nicht viel helfen. Daten die einmal erhoben werden (könnten) sind viel zu nützlich um das einfach zu unterlassen. In den Tarifbestimmungen ihrer Haftpflichtversicherung werden sicher bald Klauseln auftauchen, die Ihnen eine Teilschuld anlasten sobald Sie erwiesenermaßen diese Daten nicht übermittelt/blockiert haben, obwohl das KFZ dazu in der Lage wäre. Überhaupt werden die Versicherungen einen Spaß haben mit den ganzen Fahrdaten "günstigere" Tarife anzubieten. Das wird dann als Möglichkeit zum Sparen verkauft und hintenrum über die Jahre die normalen Tarife immer teurer gemacht.
Da sowieso gerade so ein Hype um "intelligente" bis hin zu autonome Autos gemacht wird, ich glaube in einigen Jahrzehnten wird sich das Thema für die ärmere Hälfte der Bevölkerung komplett erledigt haben. Der Normalbürger hat dann kein eigenes Auto mehr, sondern muss sich das (ggf. autonome) Sammeltaxi buchen.
Die Frage dabei ist, ob die Hersteller überhaupt berechtigt wären, solche Daten des Autos ohne eine direkte Einwilligung des Eigentümers abzufragen? Das glaube ich nämlich weniger.
Wenn die Versicherungen anfangen, das im Sinne der genannten "Schwachstellenanalyse und Sicherheitsupdates" verlangen, wird der Kunde kaum etwas dagegen machen können.
Noch viel bessere Idee; wenn der sündteure Herstellerservice nicht durchgeführt wird kommt die Information aus dem Paneel: „Motorstart nicht mehr möglich in drei - zwei -eins Tagen ... „ - „Jetzt kein Motorstart mehr möglich, die nächste Fachwerkstatt wurde informiert“.
Kein Wunder, das der Markt für gute Youngtimer leergefegt ist ... :D
Letzthin hat mal jemand gesagt: 'Auto's ohne Software gibt's ja gar nicht mehr' 'Doch, die haben ein H- Kennzeichen' :)