In meiner Stadt Nürnberg wurden, um mehr Platz für Radler zu schaffen, vielfach Fahrbahnen umgewidmet. Wo bisher zwei Fahrstreifen für PKW pro Richtung markiert und durch eine gestrichelte Linie getrennt waren, gibt es jetzt rechts einen Fahrradweg, der mit einer durchgezogenen Linie von der Fahrbahn getrennt ist. Der Rest der Straße, meist baulich von der Gegenrichtung getrennt, ist nicht weiter markiert. Hier können zwei PKW nebeneinander fahren, wenn der linke äußerst links und der rechte äußerst rechts fährt. Das ist allerdings bei Tempo 50 anspruchsvoll. Wenn ich mit dem üblichen Abstand neben dem Fahrradstreifen oder neben der linken Fahrbahnseite fahre, wie ich es auf eine gewöhnlichen Straße machen würde, kann niemand mehr an mir vorbei. Bin ich verpflichtet, äußerst rechts oder äußerst links zu fahren, damit zwei Autos nebeneinander passen, oder kann ich auch mehr oder weniger in der Mitte fahren – es sind ja keine zwei Spuren markiert? Darf ich den Fahrradstreifen befahren, wenn sich kein Radfahrer dort befindet? Dann wäre Platz für zwei Fahrzeuge nebeneinander. Wenn auf dem Fahrradweg ein Radler unterwegs ist und ich 1,50 Meter Abstand halte, passt ohnehin nur noch ein PKW auf die Fahrbahn, schreibt ZEIT-ONLINE-Leser Peter Sterl aus Nürnberg.
"Wenn der Radweg mit einer durchgehenden Linie vom Rest der Fahrbahn getrennt ist, darf ein solcher Fahrradstreifen nicht von anderen Fahrzeugen als von einem Fahrrad befahren werden, unabhängig davon, ob sich dort ein Radfahrer befindet oder nicht", stellt Michael Schulte, Fachanwalt für Verkehrsrecht, klar. "Nur das Überqueren ist erlaubt, beispielsweise um die Einfahrt eines Grundstücks oder eines Parkplatzes zu erreichen."
Auch einen weiteren, vom Leser angesprochenen Aspekt bestätigt der Fachanwalt für Verkehrsrecht: Befindet sich eine Radlerin oder ein Radler auf dem Fahrradstreifen, muss der Kraftfahrer beim Überholen den Mindestabstand von 1,50 Metern unbedingt einhalten (vergl. OLG Hamm, v. 10.11.1992, Az.: 9 U 66/92). Außerorts will der Bundesverkehrsminister sogar zwei Meter vorschreiben. Dieser Abstand gilt unabhängig davon, ob es überhaupt einen Radweg gibt oder nicht, wie Schulte erläutert.
Wie viele Fahrstreifen hat eine Fahrbahn ohne Markierung?
Wie sich Kraftfahrer auf einem Fahrstreifen verhalten sollen, regelt Paragraf 7 der Straßenverkehrsordnung (StVO). Danach ist ein Fahrstreifen derjenige Teil der Fahrbahn, den ein mehrspuriges Fahrzeug zum ungehinderten Fahren im Verlauf der Fahrbahn benötigt. "In dieser Vorschrift wird aber nicht gesagt, dass ein Fahrstreifen nur der Teil der Fahrbahn ist, der auch als solcher markiert wurde. Die Anzahl der Fahrstreifen richtet sich daher grundsätzlich nicht ausschließlich nach der Fahrbahnmarkierung, sondern vorrangig nach den örtlichen Gegebenheiten, etwa der Breite der Fahrbahn", erläutert Schulte. Dass eine Markierung nicht zwingend notwendig ist, um mehrere Fahrstreifen je Fahrbahn auszuweisen, ergibt sich auch aus den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur StVO, so Rechtsanwalt Schulte. "Insgesamt ist also die Markierung keine unbedingte Voraussetzung für die Zweispurigkeit einer Fahrbahn", sagt der Fachanwalt für Verkehrsrecht (vergl. KG Berlin v. 25.11.2002, Az.: 12 U 110/01).
Es könnte also sein, dass die vom Leser beschriebene Straße in Nürnberg nicht nur ein-, sondern zweispurig ist. Wenn es sich um eine zweispurige Fahrbahn handelt, könnten Kraftfahrer innerorts auch frei wählen, ob sie rechts oder links fahren (Paragraf 7 Abs. 3 Satz 1 StVO). "Mittig dürfte man dann aber trotzdem nicht fahren", sagt Schulte. Der Fachanwalt für Verkehrsrecht vermutet aber aufgrund der Erläuterungen des Lesers, dass es sich dort um einen einspurigen Fahrstreifen für Kraftfahrzeuge handelt. Das hieße dann, dass ein Kraftfahrzeug auch mittig fahren dürfte.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Es ist kompliziert. Ob es sich um eine ein- oder zweispurige Fahrbahn handelt, lässt sich aus der Ferne nicht feststellen. Weil es aber für Autofahrerinnen und Autofahrer einen Unterschied macht, ob es sich um eine oder zwei Spuren handelt, empfiehlt Rechtsanwalt Michael Schulte, sich bei der zuständigen Straßenbaubehörde zu erkundigen, ob die Fahrbahn ein- oder zweispurig ausgelegt ist.
Kommentare
Lustige Fragestellung für das autonome Fahren
Das braucht nur die rechte Fahrbahnmarkierung und das autonom fahrende Fahrzeug reduziert einfach entsprechend der Situation deutlich die Geschwindigkeit - sprich: Gegenverkehr und Radfahrer —> hinter dem Radfahrer halten und nicht überholen.
Für die Radfahrer wären autonome Fahrzeuge die sicherere Alternative. Menschen sind in der Lage bewusst Regeln zu brechen. Roboter sind darauf nicht programmiert.
Keine Ahnung, was die Erklärung insgesamt aussagen soll, aber für mich ist ganz klar: kommt kein Gegenverkehr, dann würde ich definitiv in der Mitte fahren. Und bei Gegenverkehr an den rechten Rand fahren - ohne die Markierung für die Fahrbahn der Fahrradfahrer zu überfahren.
Wichtig - und für mich eindeutig - ist, dass durch die fehlende Markierung auch eine geringere Geschwindigkeit beabsichtigt ist. Auch ohne Tempo 30 Schild dürfte jeder vernünftige Mensch automatisch langsamer fahren. Ob nun Gegenverkehr da ist oder nicht.
Merke: niemand muss Tempo 50 fahren, wenn die Fahrbahn oder die äußeren Gegebenheiten das nicht ermöglichen - oder man dadurch sich und andere in Gefahr bringt.
Meine Antwort wäre: sich tendenziell eher zur Mitte der Fahrbahn orientieren, da man Radfahrern eh ausweichen muss, und bei Gegenverkehr müssen sich beide Autofahrer nach rechts orientieren - und wenn Radfahrer auf der Radfahrerspur sind, entsprechend ihre Geschwindigkeit drosseln. Oder eben grundsätzlich langsamer fahren.
Ansonsten kann man es niemandem recht machen: zu viele Schilder / Markierungen - es wird gejammert. Nimmt man welche weg, wird gejammert. Früher waren Straßen ohne Mittelmarkierung nicht unüblich, und es ging auch.
PS: Wenn man nicht erkennen kann, ob es eine oder zwei Fahrbahnen sein sollen, dann ist die Mitte der 'Fahrbahn' zu befahren sicher keine schlechte Entscheidung. Es würde mich wundern, wenn man dafür bestraft würde.
Es gilt Rechtfahrgebot! Sie haben rechts zu fahren und zwar so weit es geht!
Ich bin letztens an einer Rechts-vorLinks Kreuzung nach rechts abgebogen. Die Kreuzung war verbotener Weise zugeparkt, dass ich kaum Einsicht auf die Straße hatte. Also habe ich mich in die Kreuzung hineingetastet.
Die Straße, auf die ich abgebogen bin, hat keine Fahrbahnmarkierung. Sie ist aber sehr breit. Obwohl immer abwechselnd auf der linken und rechten Seite Autos parken (was der Straße einen Schlangenliniencharakter verleiht) ist genug Platz da, dass 2 Autos nebeneinander herfahren können.
Da kam dann ein Auto aus der Richtung angeschossen, in die ich eingebogen bin. Zu sagen der wäre die Straße mittig entlang gefahren, wäre noch eine Untertreibung. Er ist eher mit dem Mindesabstand zu den für ihn links parkenden Autos gefahren. Es fehlen cm zum Crash, da pöbelt und beschimpft mich der andere Autofahrer. Ich hab es dann auf sich beruhen lassen.
Irgendwie fühle ich mich ja im Recht, weil der Andere ja auf meiner Spur, also im Gegenverkehr gefahren ist. Aber wenn man die Straße doch nur als einspurig zählt, dann hätte er natürlich nach rechts-vor-links Vorfahrt gehabt. Irgendwie eine blöse Situation.
Um das zu lösen, komme ich eventuell nicht um einen Anruf bei der Straßenbau Behörde rum :D
In Belgien gilt für Busspuren, die für Radfahrer freigegeben wird die Regel, dass eine Busspur entweder eine (etwas größere) Breite überschreiten soll ODER eine (etwas geringere) Breite unterschreiten muss.
Hintergrund: Es muss eine klare Situation geschaffen sein. Wenn die Busspur vergleichsweise schmal ist, kommt der Busfahrer nicht drumherum, fürs Überholen eines Radfahrers seine spur nach links zu verlassen - also extra Aufmerksamkeit walten zu lassen.
Wenn die Busspur mehr als breit genug ist, ist das Überholen eines Radfahrers kein Problem.
Hingegen wenn die Busspur "ein Grenzfall" ist, könnte der Busfahrer versucht sein, ohne überschreiten der linken Spurmarkierung zu überholen, mit allen Gefahren, die sich daraus ergeben.
FAZIT: Es darf nicht zu Unklarheiten in der örtlichen Situation kommen. Sinngemäß sollte dass auch bei den sog. überbreiten Straßen gelten. Da kann man nur empfehlen: Im Zuge der notwendigen Verkehrswende: ALLE überbreite Straßen zu Gunsten des Radverkehres schmaler machen.
Radstreifen können dann mit Pufferzonen ausgestattet werden, sogar mit Betonbaguettes oder auch Poller (je nach Gegebenheiten, Vorlieben, optische Wirkung).
Ohne Falschparker wäre die Straße wohl problemlos befahrbar. Welche Stadt und Straße ist es denn?