Die Gründung einer neuen Partei links von der SPD ist einen
entscheidenden Schritt voran gekommen. Die Wahlalternative Arbeit und
Soziale Gerechtigkeit (WASG) hielt am Samstag bei ihrem Sonderparteitag
in Ludwigshafen trotz teils heftiger parteiinterner Kritik an der geplanten Fusion mit der Linkspartei fest. Die
Delegierten des Sonderparteitages in Ludwigshafen billigten mit 186 zu
107 Stimmen einen entsprechenden Antrag. "Am Ende dieses Prozesses soll
eine neue linke gesamtdeutsche Partei stehen", heißt es darin.
Der Bundesvorstand wird in dem Beschluss aufgefordert, bis Herbst 2006
den Mitgliedern Vorschläge für ein Programm und eine Satzung der
geplanten Partei zur Diskussion vorzulegen. Auch der zeitliche und
organisatorische Ablauf des Fusionsprozesses soll bis dahin feststehen.
Zugleich beschlossen die Delegierten mehrheitlich, dass der Berliner
Landesverband bei Abgeordnetenhauswahl im September nicht in Konkurrenz
zur Linkspartei antreten soll. Vom Landesverband werde erwartet, die
Wahlanzeige und die eingereichten Listen sofort zurückzuziehen.
Geschehe dies nicht, werde der Bundesvorstand alle Maßnahmen ergreifen,
um den Beschluss des Parteitages durchzusetzen. "Parteiausschlüsse und
eine Auflösung des Berliner Landesverbandes sollen dabei vermieden
werden", heißt es in dem Beschluss. Auch Plänen für eine eigenständige
Kandidatur der WASG in Mecklenburg- Vorpommern wurde eine Absage
erteilt. Beide WASG-Verbände wollten bei den Wahlen gegen die jeweils
an der Regierung beteiligte Linkspartei antreten.
Die linke Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) in
Mecklenburg-Vorpommern will trotzdem bei der Landtagswahl im September in Konkurrenz zur
Linkspartei antreten. Die Beschlüsse des Parteitages vom Samstag seien
seiner Ansicht nach "nichtig", sagte Landesvorstandsmitglied Philipp Zühlke am Sonntag in Ludwigshafen. Auf die Pläne in
Mecklenburg-Vorpommern hätten sie deshalb keine Auswirkungen. "Wir
werden weitermachen wie bisher", kündigte er an.
Zuvor hatten die führenden Politiker von Linkspartei und WASG
Linkspartei für die geplante Vereinigung geworben und vor einem
Scheitern der Fusion gewarnt. Der bis Mitte 2007 geplante
Zusammenschluss der im Bundestag schon verbündeten Parteien sei
"Neuland", es werde "sicher noch manche Schwierigkeit" auf diesem Weg
geben, räumte Linkspartei-Chef Lothar Bisky bei einem Bundesparteitag
in Halle/Saale ein.
Der Linksfraktions-Vorsitzende im Bundestag, Oskar Lafontaine, schwor
die WASG in Ludwigshafen auf die Fusion ein. "Zu lange steht die Linke
mit dem Rücken zur Wand. Deswegen muss sie sich sammeln", forderte der
Ex-SPD-Chef. Lafontaine betonte, wenn WASG- Landesverbände von der
Vereinigungslinie abweichen wollten, sei dies nicht zu tolerieren.
Lafontaine erhielt starken Beifall. Aber auch Buhrufe.
WASG-Chef Klaus Ernst räumte in Ludwigshafen ein, die Vereinigung sei
in seiner Partei "heftig umstritten". Aber nur mit einer Fusion könne
eine starke gesellschaftliche Kraft geschaffen werden.
Bisky, den die Delegierten in Halle als Parteichef wiederwählten,
forderte Sensibilität im Fusionsprozess. Es gehe um eine erfolgreiche
"gesamtdeutsche Partei" links von der SPD. "Erst der Austausch führt zu
einer besseren, schlagkräftigen Linken." Mit Ex-Sozialdemokraten,
Gewerkschaftern und früheren Grünen könne die Linkspartei ihre
Identität erweitern. "In diesem Parteineubildungsprozess müssen und
wollen auch wir selbst uns verändern." Der Parteichef drückte bewusst
aufs Tempo: Er könne sich auch eine um einige Monate vorgezogene Fusion
vorstellen. Auch Lafontaine warb dafür, "diesen Prozess energisch
anzugehen".
Linkspartei-Vize Katja Kipping sagte in ihrem Grußwort beim WASG-
Parteitag, für den Prozess der Parteibildung brauche es "ein gewisses
Maß an Verlässlichkeit". Dass der Weg zu einer gemeinsamen Partei
steinig werde, sei von Anfang an klar gewesen - zuletzt seien aber
einige "recht große Felsen" auf diesen Weg geraten. Bundestags-
Vizepräsidentin Petra Pau (Linkspartei) warnte "vor dem Bild einer
zerstrittenen Linken, das wir in den vergangenen Tagen allzu oft
abgeliefert haben".
Der 64-jährige Bisky erhielt bei seiner Wiederwahl als
Parteivorsitzender 88,5 Prozent (2004: 89,9) der Stimmen. 315 von 356
Delegierten votierten für ihn, 32 gegen ihn, 9 enthielten sich. Bisky
hatte keinen Gegenkandidaten. Der Bundestagsabgeordnete steht mit
Unterbrechungen mittlerweile seit mehr als zehn Jahren an der Spitze
der Partei. Als Parteivize wurden Katja Kipping und Wolfgang Methling
wiedergewählt. Neue Stellvertreterin Biskys wurde Katina Schubert als
Nachfolgerin von Dagmar Enkelmann, die nicht wieder kandidierte.
Dietmar Bartsch wurde als Bundesgeschäftsführer bestätigt.