Russland will den Abzug seiner Truppen aus den Gebieten jenseits Süd-Ossetiens, dem georgischen Kernland, bis Freitag abgeschlossen haben. Der Rückzug habe mit einem solchen Tempo begonnen, dass er mit Ablauf des Freitag beendet sein werde, kündigte der stellvertretende Generalstabschef Anatoli Nogowizyn am Donnerstag an. Außenminister Sergei Lawrow machte deutlich, dass 500 russische Soldaten in der Pufferzone um das abtrünnige Südossetien und damit auch in georgischen Kerngebieten bleiben sollen. Georgiens Präsident Micheil Saakaschwili warf Russland deshalb vor, die Kontrolle über sein Land nicht aufgeben zu wollen.
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ach Tagen des Wartens zogen sich am Donnerstag russische Truppen in größerem Umfang aus Georgien zurück. Es handele sich um den Beginn des Abzugs, meldete die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf das Verteidigungsministerium. Ein Reuters-Korrespondent beobachtete, wie eine aus Panzern, gepanzerten Fahrzeugen, Raketenwerfern und schweren Lastwagen bestehende Kolonne die Grenze Richtung Russland passierte.
Generalstabschef Nogowizyn versicherte, Russland unternehme alle Anstrengungen, seine Soldaten gemäß der Waffenstillstandsvereinbarung mit Georgien bis Freitag aus dem Kernland abzuziehen. Der Westen hatte mit zunehmender Ungeduld auf den Rückzug aus den georgischen Kerngebieten gewartet. Der Nato-Oberkommandierende in Europa, US-General John Craddock, zweifelte die russische Zusage an, den Abzug bis Freitag abzuschließen. Dazu bewegten sich die russischen Truppen viel zu langsam, sagte Craddock in Tiflis.
Der russische Außenminister Lawrow kündigte indes an, in der Pufferzone um Südossetien würden am Freitag acht Kontrollpunkte eingerichtet. In dem Gebiet würden 500 russische Soldaten stationiert, der Rest werde nach Südossetien oder Russland abgezogen. Lawrow ließ offen, wie viel russische Soldaten in der von Georgien wegstrebenden Region bleiben werden.
Die USA fordern unverändert eine schnelle Aufnahme Georgiens in die NATO. Bei ihrem Polen-Besuch bekräftigte Außenministerin Condoleezza Rice, dass die Konflikte um die abtrünnigen Regionen kein Hindernis für die Aufnahme Georgiens in die NATO seien. Rice sagte in Warschau, Deutschland sei ein Beispiel dafür, dass territoriale Konflikte einer NATO-Mitgliedschaft nicht entgegenstünden. Die Bundesrepublik sei aufgenommen worden, obwohl es einen großen territorialen Konflikt um Ostdeutschland, die damalige DDR, gegeben habe. Berlin hatte zuletzt mehrfach erklärt, ein NATO-Beitritt Georgiens sei zwar grundsätzlich denkbar, doch müsse Georgien zuvor seine territorialen Probleme gelöst haben.
Kommentare
Krieg, eine willkommene Ablenkung?
Auf der Tagesordnung stand eine Annäherung zwischen Russland und Europa. Da entdeckt der georgische Präsident eine Bedrohung, der er ohne Umschweife militärisch begegnet und die Russland zum Gegenschlag provoziert, nachdem mit einkreisenden europäischen Bündnisbestrebungen nicht gespart wurde -und alles vor der russisschen "Haustür". Wenn Russland seine militärische "Antwort" so schnell wie möglich beendet, wird der Legitimationsspielraum für Bündnisse gegen die "russische Bedrohung" entscheidend eingeschränkt und der Weg für Verhandlungen geebnet, die eine neue Ära der zusammenarbeit einleiten können.
Russland verbindet nach wie vor genug mit Europa, um Schritt für Schritt einen gemeinsamen Weg für eine aussichtsreiche Zukunft zu finden.