Die Diskrepanz zwischen privater und schulischer Medienwelt ist auffällig. Junge Leute sind intensive Computernutzer und verfügen zu Hause über eine hervorragende IT-Ausstattung. In der Schule hingegen treffen sie kaum auf digitale Medien und sind oft mit Lehrkräften konfrontiert, die weniger Ahnung von PC und Internet haben als ihre Schützlinge. Laut einer Studie, die sich IT-Fitness-Studie nennt, geben die Schüler nur 32 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer die Note "gut" oder "sehr gut" im Umgang mit neuen Medien.
Eltern und Lehrer sind oft fasziniert, wie leicht es dem Nachwuchs fällt, mit digitalen Medien umzugehen. Die technische Nutzung ist aber nicht gleichzusetzen mit einem verantwortungsvollen und intelligenten Umgang. Kinder stießen im Netz auf eine "oft nicht gesteuerte Informationsflut" sagte Barbara Schädler, Chief Marketing Officer von Fujitsu Siemens Computers. Politik, Bildungswesen und Familien müssten dem Nachwuchs daher die notwendige digitale Kompetenz beibringen, damit sie mit den Gefahren des World Wide Web umgehen können. Nur so könnte das lernunterstützende Potenzial der Medien genutzt werden.
Das Lernen mit neuen Medien verbessere nämlich schulische Leistungen deutlich. Das zeige die (N)Onliner Atlas 2008 Studie der Initiative D21. "Kinder, die sich intensiv mit Multimedia-Anwendungen beschäftigen, glänzen in allen schulischen Disziplinen", sagte Schädler.
"Zur eigenständigen Erstellung eines multimedialen Angebotes sind kalkulatorische und dramaturgische Fähigkeiten sowie Kreativität gefordert." Hintergrundinformationen gäbe es oft nur auf Englisch. Schüler müssten also ihr schulisches Wissen aktiv nutzen und ausbauen, um multimediale Angebote zu nutzen. Soziale Netzwerke wie Chaträume oder MySpace verbesserten die Fremdsprachenkenntnisse und die Fähigkeit der Kinder, ihre Meinung zu formulieren. Außerdem könnten Schüler so international Kontakte knüpfen.
Das Lehrpersonal hingegen sei oft nicht in der Lage, mit Computern umzugehen, sagte der Bielefelder Bildungsexperte Klaus Hurrelmann. "Etwa der Hälfte der Lehrer fehlt das entsprechende Fachwissen, um neue Medien sinnvoll im Unterricht zu nutzen." Sie bräuchten Fortbildungen und Trainings. "Nur medienkompetente Lehrer können Verantwortung für Schüler übernehmen", sagte Barbara Schädler. Die Initiative D21 hat daher ein Exzellenzprojekt "Die besten Lehrkräfte für Deutschlandss Schulen der Zukunft" gestartet.
In Pilotworkshops wurden Referendare ausgewählt, die Erfahrungen mit der schulischen Nutzung neuer Medien hatten. Sie wurden gezielt weitergebildet. Ihre Ergebnisse haben die Nachwuchslehrer in Blogs zusammengestellt: Digitale Medien müssten vollständig in den Unterricht integriert werden, um als Lehrer oder vielmehr "pädagogische Wissensmanager" für Eltern und Schüler in der Informationsgesellschaft glaubhaft zu bleiben. Ein Einsatz von Lehr- und Lernplattformen im Internet sei ideal, um Unterrichtsinhalte zu vernetzen und das "Mitmachen" zu fördern.
Kommentare
Auslegungssache...
Wie kann man eigentlich von "Digitaler Inkompetenz" sprechen, wenn doch gut 50% der Lehrkräfte immerhin doch kompetent sind? Legt man jetzt noch die Überalterung der Kollegien zugrunde und würde darauf einen Vergleich aufbauen, dürften die Lehrer gar nicht mal so schlecht dastehen. Alles wohl eine Sache der Auslegung.
Die Medienkompetenz, insbesondere der Umgang mit dem PC, auf Seiten der Schüler, ist übrigens auch alles andere als stark ausgeprägt. Erlebe ich als Informatiklehrer jeden Tag. Surfen, Chatten und Daddeln: 1. Umgang mit Anwendungen: 5. Fähigkeiten im Bereich Programmieren: Vergessen wir's. Es gibt natürlich immer mal Ausnahmen, sicher. Aber Herr Hurrelmann und Co. scheinen sich vom behänden Umgang der Schüler mit den Geräten leicht blenden zu lassen. Vielleicht mal mehr drauf achten, wie leichtfertig da selbst intimste Details auf SchülerVZ landen, und auch mal auf die Fähigkeiten im Umgang mit Anwendungssoftware testen. Dann nähern wir uns der Realität langsam an.
Word == Computerkenntnis?
Ja, ja, jetzt mangelts den blöden Schülern mal wieder am Können bei der Anwendungssoftware und sie daddeln nur oder - schlimmer gar - sie chatten. Und was sollen sie denn so machen mit der Anwendungssoftware?
Ich hab ja in der Schule auch mal Word, Exel und Co. behandelt (gelernt nicht, das kam später, als ich was sinnvolles damit machen konnte). Nur das was wichtig wäre habe ich nicht gelernt. Nämlich die Informationsflut aus dem Internet zu bewerten und zu filtern, effizient zu suchen (gerne auch bei Problemen mit Anwendungssoftware) und einen spielerischen, sicheren Umgang mit unbekannter Software - Fehler sind während der Arbeit irrelevant, es gibt eine Undo-Funktion - das fehlte.
Oh ja, und dann gab es natürlich noch den "Programmier" Unterricht. Der warleider eine direkte Fortsetzung des Mathe Unterrichts und das hat leider, leider nichts mit Programmieren zu tun. Ergebnis: 4. Lehrerwechsel und mal echte Informatik, die sich um Datenstrukturen und Daten und deren Repräsentation gekümmert hat, statt um das Berechnen der Primzahlen zwischen 1 und 2000, Ergebnis: 1.
Nee, sorry, aber Computer und Schule sind eine ausgesprochen peinliche Angelegenheit, da werden Kenntnisse vermittelt die beim Verlassen der Schule bereits nicht mehr benötigt werden (Anwendungssoftware) und die Bereiche, die wirklich wichtig wären leider komplett aussen vor gelassen (Medienkompetenz, die Fähigkeit sich neues Wissen selbstständig zu erarbeiten).
AHHHHHH
Als jemand der über Jahre mit Informatikunterricht gequält wurde kann ich nur sagen: NEIN !
Niemand braucht diesen Unterricht wie er rund um den Globus stattfindet. Zum einen geht das Bildungssystem da viel zu hochgerüstet dran, mit Konzepten und TamTam. Muss aber fehlschlagen, wenn man stoisch den Umgang mit einem bestimmten Programm oder System beibringt dann ist dies in 2-3 Jahren eh schon wieder von Gestern - der ganze Unterricht war sinnlos. Zumal solche Spezialkenntnisse eh Teil von Studium und Co wären. Viel wichtiger wäre ein souveräner Umgang mit Technologie. Ein Computer ist kein Radio mit Knöpfen die alle singuläre Funktionen haben, Ursache-Wirkung. Ein Computer wird durch Interaktion bedient. Interaktion kann der Mensch, solange er die Sprache seines Gegenübers spricht und seine Körpersprache zu deuten weiss. Dieses Konzept lässt sich mit einigen Einschränkungen wunderbar auf den Umgang mit der IT übertragen.
Wenn man ehrlich ist geht dies nur wenn man dabei flexibler ist. Wenn im Haus ein Geschichtslehrer ist der sich privat für Computer interessiert und darum die entsprechende Leidenschaft mitbringt dann sollte der irgendwie eingebunden werden in den Informatikunterrricht, fächerübergreifendes Lernen oder so. Was den Schülern aber ebenso wenig bringt sind top ausgebildete Informatiklehrer die einem wunderbar erklären wie ein Computer rechnet, wie seine Kommandowege sind, was "Assembler" für eine Programmiersprache ist, etc. - total sinnfrei.
Einen guten Infounterricht kann man nicht per Dienstweg oder Gesetz überstülpen, und einfach nur Geld für schillernde Informatikräume mit 10 Beamern an der Decke bringen genauso wenig wenn über die Beamer dann nur pausenlos Powerpoint gefahren wird.
Nunja. Das Grundproblem dass die Kinder von einer Generation unterrichtet werden die mit Computern nicht aufgewachsen sind bleibt. Dies kann man keinem Lehrer vorwerfen!
Immer diese Klischeeartikel
Schon die Überschrift hat mir eigentlich gelangt: "Digitale Inkompetenz", weil das ja auch so ein beliebtes Thema für das Lehrerbashing ist, der Pädagoge, der natürlich üüüüüüüberhaupt keine Ahnung von IT und Co. hat, weil es ihm mirakulös gelingt, sich mutwillig ahnungslos an den Technologien vorbeizuschlängeln, die die Mediengesellschaft schon längst vollständig durchdrungen haben und Otto Normalverbraucher tagtäglich zugänglich sind. Dem versteinerten Strickpullunderlehrer, der die zerfurchte grüne Wandtafel aus den Fünfzigern mitlerweile mit endogen produzierten Kalk unter den Fingernägeln beschreibt, steht natürlich der genialische Hackerschüler gegenüber, der mit der linken Hand PHP-Hacks in den Schulserver schmuggelt, während er mit rechts eben den verkorksten Schul-PC richtet, weil die Lehrer sind natürlich zu doof dazu, und mit den Zehen schon die Scripts für's Informatik-Schnupperstudium schreibt.
Selber Englisch- und Geschichtslehrer kann ich beides nicht wirklich in der Realität wiederfinden. Natürlich gibt es die einen oder anderen Kollegen, denen man schon aus Selbstschutzgründen keinen Computer in die Hand gibt. Und ganz gewiss gibt es die Schüler, die auf dem Heim-PC einen Linux-Server pflegen, was ja auch ein interessantes und kreatives Hobby ist. Aber das sind doch Ausnahmefälle, der Alltag ist viel banaler.
Die meisten Lehrer haben ein ziemlich solides Grundwissen im Umgang mit dem Computer, sind Internet- und Emailtauglich inklusive Web2.0 und können auch sehr viel mehr als ein wenig mit Word hantieren. Internetrecherche, Archivierung und Aufbereitung von Materialien auf dem PC sind heutzutage nun wirklich Alltagsarbeit für die Kollegen. Umgekehrt sehe ich bei dem Gros der Schüler auch nicht übermäßige Kompetenz. Nichts gegen Chatten und Daddeln, das eine ist eine interessante Kommunikationsform, das andere eine angenehme Form der Unterhaltung, der ich auch selber ausgiebig fröne. Aber was handwerkliches Wissen angeht - ich stelle das bei den Projekten, die ich unternehme oft genug fest. In der Regel wissen Schüler nicht, wie man mit unterschiedlichen Datenformen umgeht, z.b. das geeignete Grafikformat wählt, Grafiken konvertiert (ach, das beliebte Seitenverhältnis-Problem!) oder Daten in andere Datenformate überführt. Sie haben auch oft kein wirkliches Verständnis von dem Potenzial und der Funktionsweise der Software, mit der sie arbeiten; was man alles mit so einem Office-Paket machen kann, was es eigentlich so gibt, was Opensource ist etc.
De facto sehe ich in der Schule, dass im Durchschnitt informierter Laienverstand auf normalen Laienverstand trifft. Das ist sicherlich ausbaufähig, aber noch lange kein Anlass für Klischeegeschimpfe!
Zu Recht moniert wird, dass zu wenig Unterrichtsprojekte auch Computertechnik einbinden. Das stimmt einfach, doch ich würde empfehlen, doch einfach mal nach den Gründen dafür zu suchen, anstatt gleich Klischeegeschimpfe anzusetzen: die technische Ausstattung von Schulen ist oft unbeholfen und nur mit großem planerischen Aufwand einzusetzen. Außenstehenden mag es nicht so sonderlich bewußt sein, aber Lehrer unterliegen in dem, was sie tun, ziemlich engen Rahmenbedingungen. Ja, der Lehrplan ist eine Rechtsverordnung, die einzuhalten ist, da beißt die Maus keinen Faden ab. Eine Vielzahl von Aufgaben ist in sehr kurzer Zeit zu bewältigen und da bleibt für die Planung und Durchführung von Medienprojekten nur relativ wenig Zeit und es gilt, Kosten und Nutzen gegeneinander abzuwägen.
Ich finde es ja auch nicht gut, aber gerade die gymnasialen Lehrpläne setzen nun einmal einen Schwerpunkt auf nichttechnische Bereiche, auf das Interpretieren von Gedichten und das Analysieren von Texten. Daran wird sich so bald auch nichts ändern...
Nur Schulen??
Auch EDV-Vorlesungen an den Hochschulen können als schlecht bis zu unbrauchbar benotet werden, lassen einiges zu wünschen.
Nach 2 Sem. DV (I & II) für Betriebswirte weiß ich viel. Glaube ich zumindest!
Ich weiß (besser gesagt ich habe ich gelernt) z. B.:
- viel. sehr viel über die faszinierende Entwicklung der Computer-Technik (kann damit bei meinen IT-Kollegen und sonstigen Computerfreaks ganz schön punkten = von Zuse-Computern (Z1, Z2, Zx,y) über ENIAC, COS, bis hin zu MSoft, Apple, Linux,
- wie das Kristallgitter von Silizium aufgebaut ist
- was wir Jack Kilby’s verdanken,
- was ein Transistor eigentlich ist und wie viele Anschlüsse so ein Ding hat,
- genau wie die Chipherstellung im Reinraum abläuft,
- was ein IC ist,
- was Rechnernetze der 1. und was 2. Art sind,
- was Teleprocessing, Stapelverarbeitung, Echtzeitverarbeitung, etc. sind,
- wie Daten gesichert und rekonstruiert werden können (da sag' ich nur ... RAID 0, RIAD 1, RIAD 10 (0+1), RIAD 5, x.y :-),
- was ein Assembler, Compiler, Interpreter, Middleware, Dienstprogramme und was Anwendungssoftware ,die mich als Anwender letztendlich oder fast ausschließlich interessieren!!!,
- was Viren, Trojaner und was Würmchen sind (ok.,die sind auch privat durchaus brauchbar) ,
- was Daten überhaupt sind (sic!),
- welche Speichermedien mir zur Auswahl stehen,
- und was die Neumann-Architektur,
- welche Ausgabegeräte es gibt (ehrlich – wusste ich vorher 'üüüüberhaupts ned’)
- was LAN, WAN, MAN, CAN, SQL, TCP/IP,
- was Switch, Hub, Repeater, Firewall, BUS, BIOS, Kanalschnittstelle sind und wie funktionieren,
- welche Philosophie hinter CISC und welche hinter RISC steht (hoho!),
- einen Programmablaufplan zeichnen...
- und last but not least kann ich von Dezimalsytem und Hexadezimalsystem ins Dualsystem umrechnen (worauf ich besonders stolz bin!)
- etc., etc,. etc.
COOL, GELL!!!!!!!!
... und hätte ich die verflixte scheinbar absurde Rechenaufgabe mit den IP-Adressen ernst genommen, anstatt sie dem Mut zur Lücke zu opfern, wäre die Klausur locker weit, wirklich weit unter einer 2,0 ausgefallen, denn dafür gab es mit Abstand die meisten Punkte!
Und nun sitze ich im Büro und überlege, wie ich eine umfangreiche Datenmenge am besten unter einen Hut zu bringen kann, ob Excel überhaupt noch Sinn macht oder ob eine kleine Datenbank nicht schon sinnvoller wäre… Oder wie ich unsere Abteilungs-Intra-Net-Site besser gestalten könnte....
Ich weiß nicht so recht, ob es am Dozenten allein oder am Curriculum lag, aber ich bin heil froh, dass ich mir vorher durch simples learnen by doing so einiges beigebracht habe.
Kann es sein, das Sie...
.... gerade über unsere berühmt-berüchtigten Elfenbeintürme geredet haben?
p.s. Learning by doing kann ich - wenn man bereit und in der Lage ist, notfalls größere und noch größere Katastrophen zu überstehen - auch empfehlen. Befinde mich in dieser Hinsicht selbst seit 2 Jahren im ständigen Zweikampf mit meinem PC....