Das Problematische an einer solch allgemeinen Frage ist die gezwungenermaßen allgemeine Antwort, die darauf zu geben ist. Es wird von einem abstrakten Staat mit festgelegten Funktionen ausgegangen, der auf bestimmte Anreize reagiert und eine Reihe von Machtbefugnissen ausübt. Anders gesagt: Diese Frage setzt die Möglichkeit einer allgemeinen Staatstheorie voraus.
Meiner Meinung nach ist diese Herangehensweise, mit der sich die Denker über viele Jahrhunderte hinweg beschäftigt haben, inzwischen überholt. Es wird niemals eine Staatstheorie geben, die sowohl für Luxemburg als auch die Vereinigten Staaten, für China, die Republik Kongo, Paraguay und den Libanon zutreffend ist, es sei denn, sie ist so allgemein wie möglich gefasst.
Natürlich können wir die Funktionen des Staates nacheinander aufzählen: Aufsicht über die Wirtschaft durch Besteuerung und Ausgaben, Wahrung von Recht und Ordnung, Garantie der Sicherheit vor externen Bedrohungen, Regulierung der Märkte, Bereitstellung öffentlicher Dienste, Verhandlungen mit anderen Staaten usw. Eine solche Übung führt allerdings nicht weit, da die bestehenden souveränen Staaten über sehr unterschiedliche Kräfte verfügen und auf ganz unterschiedliche Art und Weise in das weltweite System eingeflochten sind.
Noch komplizierter wird die Lage durch die zahlreichen regionalen und bilateralen Abkommen, ob sie nun formell (z.B. die Europäische Union) oder informell sind (darunter die so genannten besonderen Beziehungen, durch die einige Länder, wie Großbritannien und Israel, mit den USA verbunden sind). Obgleich diese Abkommen die Souveränität formell einschränken und bisweilen intern umstritten sind, ermöglichen sie häufig eine Ausweitung der Funktionen und Leistungsfähigkeit des Staates. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von hauptsächlich (jedoch nicht ausschließlich) wirtschaftlichen Beziehungen, die einem steten Wandel unterliegen und unter dem Oberbegriff "Globalisierung" zusammengefasst werden können.
Im Laufe des letzten Jahrhunderts konnten alle Staaten ihre Funktionen in jeglicher Hinsicht ausdehnen. Von dieser Entwicklung blieb nur wenig unberührt. Innerhalb der gegenwärtigen politischen Debatte wird, gerade weil sie sich so stark darum dreht, was der Staat tun oder lassen sollte, weitgehend davon ausgegangen, dass der Staat potenziell alles tun kann, was er will; dies vor allem, wenn die eindeutige Mehrheit der Bevölkerung dahinter steht.
Kommentare
So soll es sein.
Diversität anstatt Universalität... Das ist für mich der Grund das ich die Europäer auf lange Sicht für stärker und stabiler halte als so mache andere Wirtschaftsentität wie etwa die USA oder China.
Die intensiven Zwangsmassnahmen die Völker quer über den ganzen Globus als eins betrachtet haben sind für mich die WTO Verträge die alles mit wenigen Parametern versuchen zu vereinheitlichen egal welche Ansprüche für das eine oder andere Land aktuell Prioriät haben. Aus was für Gründen auch immer.
Diesen Verträgen wurde meiner Meinung nach soviel "geopfert" das in Gewissen Aspekten "sogar" die Demokratie (Leider für einige Profiteure nicht so wichtig) aber auch viele Soziale Aspekte (Nicht inherent Profitable aber doch wichtige gesellschaftliche Bereiche) darunter leiden mussten. Es wurde schlecht geredet und gespart um jeden Preis. Warum dachte während der vergangene Jahre niemand ernsthaft daran die Europäer (immerhin 500 Mio. Menschen) systematisch auf EU weite Volksabstimmungen vorzubereiten? Auch sonst sind verschiedenen Grundlagen der EU leider auf solchen Parametern wie Globale als auch Intereuropäische Wettbewerbsfähigkeit aufgebaut die dem Sozialgefüge der Menschen nicht dienlich sind.
Diese Parameter sind zwar irgendwie attraktiv für einige Wirtschaftsteilnehmer aber leider nicht für alle. Vorallem für die nicht, die auf Grund von diesen Wettbewerbsregeln bestimmte nationale Arbeitnehmergesetzregeln aufgeben müssen.
Die durch die Unterzeichnung der GATT Verträge Zwangsverordnete Privatiserung der Bildung ist für mich ein weiterer Stolperstein der ein sonst gut funktionierendes soziales System dem Profitdenken von einigen wenigen opfert. Den Global operienden Bildungskonzernen.
Weitere Bereiche die einst in einem Bestimmten sozialen Gesellschaftlichen Gefüge gestanden haben sind all die vielen Kommunalen Dienste die einst per Abstimmungen auf Gemeinde oder Länderebene kontrolliert werden konnten. Nach der Privatiserung hat man diese Art von Mitbestimmungsrechten abgeben. Eventuelle Profite natürlich ebenfalls. Einhergegangen sind diese Privatiserungen mit schleichender Leistungsverschlechterungen und später auch gerne höheren Kosten.
Wenn niemand Nationalstaaten haben möchte die das Wort auch verdienen für was sind dann noch Flaggen, Königshäuser, Sprachen gut? Zur Aufrechterhaltung von Traditionen oder sind wir alle am Ende des Tages vieleicht doch nicht so Global wie es uns die WTO Verträge und deren teils lautstarken Verfechtern immer weissmachen wollen?
;-)
“When I give food to the poor, they call me a saint. When I ask why the poor have no food, they call me a communist." — Dom Hélder Câmara
wie solidarisiert
sich ein Deutscher Arbeiter der einen Rumaenischen Arbeitslosen mit Sozialabgaben unterstützen soll ? Er hat ja schon keine Lust mit Deutschen zu teilen schon gar nicht mit Ossis.
Aber keine Angst : die Gehirnwaesche wird über alle Medien weitergeführt bis in ganz Europa alles gleichgeschaltet ist! Dann dürfen wir uns NUR noch bei Fussballspielen als Deutsche fühlen - reicht ja auch oder ?
tja,
da wurde uns die Begründung geliefert, weshalb wir in der EU nicht auf gemeinsame Sozialstandards hoffen können. Da der Autor überall unvereinbares sieht, ist sicher in einer Bestandsaufnahme richtig. Der Schluss jedoch, die folgende internationale Anarchie wäre nicht zu vermeiden ist idiologisch. Schließlich reicht ein Blick auf die Fläche der BRD. Dort wurde aus Hunderten Kleinstaaten die BRD. Unmöglich, wenn man dem Artikel folgt.
Seh ich nicht so...
"...da wurde uns die Begründung geliefert, weshalb wir in der EU nicht auf gemeinsame Sozialstandards hoffen können."
Man könnte es auch dahin interpretieren, dass eine gemeinsame Wirtschaft keinen Sinn macht, eben weil man sich auch nicht auf Sozialstandards einigen kann. Und letztlich sind mir hohe nationale Standards immer noch lieber als die typisch lächerlichen EU-Minimalkompromisse (siehe Arbeitszeitregelung).
"Schließlich reicht ein Blick auf die Fläche der BRD. Dort wurde aus Hunderten Kleinstaaten die BRD. Unmöglich, wenn man dem Artikel folgt."
Das kann man nicht so einfach gleichsetzen. Die hunderten Kleinstaaten entsprangen ja auch keinem demokratischen Willen, sondern den Herrschaftgrenzen von Fürstentümern. Eine gemeinsame Sprache und Mentalität (zumindest in gewissen Grenzen) existierte auch damals schon.
Und tatsächlich stellt sich die Frage: wären wir nicht vielleicht besser dran, wenn wir statt unserem unbefriedigenden Förderalismus-Gedöns und einer weit entfernten Berliner Zentralregierung nicht vielleicht die Bundesländer als eigenständige Staaten hätten. Das winzige Österreich macht vor, dass sowas durchaus denkbar wäre und auch nicht schlechter funktionieren würde. Bayern etwa hat nicht nur mehr Einwohner als Österreich, sondern ist auch fast genauso groß.
Je größer und heterogener ein Verwaltungsbereich, umso weiter entfernt sind die Herrschenden vom Volk und umso weniger optimal sind die Kompromisse. Es gibt daher sicher eine Art optimaler Größe (in Abhängigkeit von Mentalität und Zusammensetzung der Bevölkerung), ein generelles Streben nach Vereinigung und Größe halte ich für fatalen Schwachsinn. Ein Überbleibsel aus der Monarchenzeit, von dem sich viele schwer lösen können. Klar, Größe bedeutet Macht, aber für die Bevölkerung ist das nur sehr selten von Vorteil, vor allem wenn die Macht dann zu Kriegspielereien überall auf der Welt verleitet.
Es lebe die Kleinstaaterei !
Ist die EU nicht lebensfähig? Wenn ja, dann hat man immerhin 50 Jahre und ungeheure Summen Geldes gebraucht, um das endlich zu erkennen.
Danke Herr Sassoon...
... ich teile Ihre Meinung vollkommen.
Die Frage ist tatsächlich: was möchten Staaten zusammen tun und was ist sinnvoll. Das ist ein vernünftiger Ansatz, der sich von der Herangehensweise "global governance" bzw. EU-Zentralregierung in dem Punkt unterscheidet, dass alles passieren kann, aber nichts muß, schon gar nicht unbedingt und sofort und unter der quasi Entmachtung gewachsener Nationalstaaten und Demokratien. Hoffentlich setzt sich ihre Sichtweise auch bei unseren Vertretern durch, wir haben ja leider keinen nennenswerten Einfluß auf unserer Herrscher.