Geboren 1967 in Münster/Westfalen, debütierte der in Hamburg lebende Autor mit den Erzählungen Wir schießen Gummibänder zu den Sternen (1997). Sein erster Roman Kometen (2000) wurde unter der Regie von Till Endemann verfilmt. Neben den atmosphärischen Spannungsromanen Die Nacht der Könige (2002) und Meeres Stille (2003) verfasste er eine Gebrauchsanweisung für Hamburg (2001) sowie das Buch zum Film Lautlos (2004). Soeben erschien sein neuer Roman Alles was du siehst, mit dem er neuerlich sein Talent für die poetische Weltschau unter Beweis stellt.
ZEIT ONLINE: Ein Ghostwriter, der nach Amerika reist, ein junger Mann, der einem Mädchen hinterher spioniert, ein Zwillingsgeschwisterpaar, das der Welt verlustig geht. Wie hängen diese drei Erzählstränge zusammen, die Ihr neuer Roman miteinander verknüpft?
Stefan Beuse: Die Beantwortung dieser Frage ist ja der Clou des Romans, und ich möchte meinen Lesern hier nur ungern den Spaß verderben. Oder gehören Sie zu denen, die immer vorher das Ende von Filmen wissen müssen?
ZEIT ONLINE: Könnte es nicht vielmehr sein, dass das eigentliche Thema Ihres Werks eine gewisse poetische Sicht auf die Welt ist? Verbirgt sich dahinter möglicherweise eine jener "Technologien des Selbst" , wie es Michel Foucault nannte, die es dem Einzelnen ermöglichen, einen Zustand des Glücks zu erlangen?
Beuse: "Streben nach Glück" impliziert ja immer, dass das Glück noch nicht da ist. Darin aber liegt für mich ein grundsätzlicher Denkfehler. Wir verändern die Welt, indem wir sie wahrnehmen. Wir erschaffen sie in jeder Sekunde neu durch die Art, wie wir sie sehen. Und was das Thema meines Werks angeht: Wenn ich das irgendwann begriffen hätte, könnte ich aufhören zu schreiben.
ZEIT ONLINE: Wenn das Nennen von Markennamen ein Kennzeichen der Popliteratur ist, dann fiele Ihr Erstling Wir schießen Gummibänder zu den Sternen eindeutig in diese Kategorie. Weshalb hat sich die Popliteratur eigentlich so schnell wieder erledigt?
Beuse: Ich habe nie begriffen, was das sein soll. Die Verwendung von Markennamen kann literarisch essenziell wichtig sein, wenn etwas über die Lebenswirklichkeit einer bestimmten Generation erzählt werden soll. Allein die Tatsache, dass zwei Autoren, die von ihrem Ansatz her unterschiedlicher nicht sein können – Christian Kracht und Benjamin von Stuckrad-Barre – als Begründer der neueren Popliteratur gelten, führt diesen Begriff doch ad absurdum.
ZEIT ONLINE: Und wie sieht Ihr eigener Ansatz aus?
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Jetzt sind Schriftsteller auch schon Leistungsträger. Eingehegt im ökonomischen Standort Deutschland. Danke für den Bescheid!
Leistung muss sich wieder tragen!
Ein Leistungsträger der jungen deutschen Literatur, klasse! Mich hat ehrlich gesagt der Inhalt des Interviews nicht annähernd so interessiert, wie mich dieser Ausdruck begeistert hat. Da sag noch mal einer das Feuilleton sei nicht innovativ, sondern nur eine Quatschmaschine, die sich um irgendwelche mehr oder weniger intelektuelle Nabelschauen drehe. Oder handelt es sich hier um einen Rückgriff auf den frühsowjetischen Legojargon mit seinen Aktivisten und Traktoristen und elektrifizierten Proletariern, die den Kapitalismus überwinden wie hyperaktive Heinzelmännchen?
Anyway, ich freue mich auf jeden Fall schon mal auf die Bekanntgabe der Verleihung des großen internationalen Preises für den literarischen Maximallastträger des Jahres, vulgo auch als Nobelpreis für Literatur bekannt, und die unvermeidliche feuilletonistische Begleitmusik.
Den Autor ernennen wir bis dahin zum Stachanov-Feuilletonisten und freuen uns alle über den revolutionären Impetus, der aus diesem Bericht strahlt.