Der Weg zur deutschen Geschichte ist kurz und verschneit. Gleich hinter der Ortsausfahrt geht’s einen steilen Hang hinauf. Nach links öffnet sich ein kleiner Trampelpfad, vielleicht zweihundert Meter lang. Oberried, idyllisch in den Schwarzwald eingebettet, ist ein Ort, wie es ihn in der badischen Provinz zuhauf gibt. Und doch ist Oberried anders. Weitaus wichtiger als sich der Ort gibt: Hier, am Ende des schmalen Pfades, schlummert das kulturelle Erbe Deutschlands. Eingepackt in Edelstahlfässer und tief in den Berg Hörnegrund verbracht.
Abgesichert durch drei schwere Gittertore schlängelt sich der Barbarastollen in den Berg hinein. Früher haben die Oberrieder hier nach Silber gegraben, heute zählt der Stollen zu den drei wichtigsten kulturellen Stätten der Welt. Die UNESCO hat ihn unter Sonderschutz gestellt - neben Oberried haben es nur der Vatikan und das Reichsmuseum in Amsterdam auf die Liste geschafft.
Bundesrepublik Deutschland. Wichtige Dokumente von großer nationaler oder kultureller Bedeutung werden abfotografiert, auf Mikrofilm gespeichert und nach Oberried gebracht – damit sie Kriege und Katastrophen überdauern mögen.
Kein Flugzeug darf den Berg überfliegen, kein Soldat darf sich auf drei Kilometer nähern. Denn tief im Berg befindet sich der "Zentrale Bergungsort" der
Knapp 600 Millionen Aufnahmen lagern im Barbarastollen: darunter die Krönungsurkunde Ottos des Großen aus dem Jahr 936, der Text des Westfälischen Friedens von 1648, das Protokoll der Wannseekonferenz von 1942.
Wieso dort, mitten im badischen Nirgendwo? "In der Nähe gibt es keine Industriezentren oder wichtige Verkehrsknotenpunkte", erklärt Ursula Fuchs vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Zu Zeiten des Kalten Krieges hätte es keinen besser geeigneten Platz für ein solches Archiv geben können: Mitten im Nirgendwo, weit entfernt von der Ost-West-Grenze, militärisch absolut uninteressant.
Im Jahr 1954 hatten sich 56 Staaten in Den Haag auf die "Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten" geeinigt. Sollte es zu einem Krieg kommen, dann müssten die Soldaten wichtige Denkmäler oder Archive des Gegners bei ihrem Angriff verschonen. Zudem werden in Deutschland die wichtigsten Dokumente aus Archiven verfilmt und auf Mikrofilm kopiert, seit 1975 werden diese Filme zentral in Oberried gelagert.
Kommentare
Sehr gute Idee . so eine art rückversicherung für unsere geschichtlichen Daten.
Möglicherweise wäre aber ein umgekehrte lagerung sinnvoll, zumindest bei dokumenten. Die orginale unter jeweils optimalen bedingungen einlagern - und vorher mehrere orginalgetreue kopien anfertigen, die als anschauungsexemplare weiterhin an den ursprünglichen orten eingelagert werden.
Dazu noch einige seltenen Bücher, bei denen wenigstens eines erhalten beleiben sollte bei einer katastrophe.
Wir geben so viel geld für manchmal sehr merkwürtige maßnahmen aus - dagegen sind die kosten hier relativ gering - und es ist eine investition in die zukunft unserer kinder und kinderskinder.
Ach mei
Die Dokumente haben weitaus härtere Zeiten als unsere heutigen, gemeßen an der Geschichte sind wir ja ziemlich verweichlicht wegen welchen "Problemen" wir schon den Weltuntergang an die Wand malen, überstanden. Sonst gäbe es ja garkeine 1000 Jahre alten Dokumente mehr. Es scheint also auch ohne solche Maßnahmen zu gehen. Für so Extremfälle ist unser Erbe dann aber nochmal extra gesichert und das ist auch gut so! Allem Gejammer entgegen sind die Deutschen eben smarter als sie das selbst sich noch zugestehen, bei solchen Dingen merkt man das.
Na ja...
es ist schon klar, daß Originale aufbewahrt werden sollen. Aber wenn sie verlorengehen, geht die Welt deswegen nicht unter.
Zu nah am Rhein
Man muss schon bis ins Mittelalter zurückgehen, um das zu verstehen, was in Köln zur dieser Katastrophe geführt hat. An der Wegstrecke, wo jetzt der Tunnel gebaut wird, war im Mittelalter ein Wasserarm des Rhein. Um die Altstadt zu vergrößern wurde der Rheinarm mit Sand
zugeschüttet. In Köln gibt keine unterirdische Bahnstrecke, die so nah am Rhein gebaut.wurde, wie jetzt der neue Tunnelbau unter der Severinstraße.
In Kölns Südstadt kocht die Wut hoch, so beschreibt Spiegel-Online die Situation im Kölner Severinsviertel. Denn in dieser Lage gibt es keinen namentlichen Verantwortlichen der den Versuch unternimmt, Verantwortung zu übernehmen. Keiner war Schuld und Schuld sind wieder die "Anderen". Mit diesen unerträglichen Spiel werden die betroffenen Anwohner vertröstet. Sie haben alles verloren und sind der Willkür der stadtnahen Unternehmen ausgeliefert. Die Almosen die hier verteilt werden sind einfach unwürdig und unangemessen.
Bei der politischen Klasse in Köln herrscht, wenn es um spontane Hilfe geht, wie immer - betretendes Schweigen. Der Stadtdirektor Guido Kahlen (SPD) äußerte sich kurz nach der Katastrophe, er werde , wie immer wenn es wackelt und einstürzt, Sachverständiger vorbei schicken. OB es OB Fritz Schramma (CDU), Stadtdirektor Guido Kahlen (SPD), Walter Reinarz (KVB, CDU) und Elfi Scho-Antwerpes (SPD + stellvertretende Bürgermeisterin) - sie erwecken den starken Eindruck, das sie Schuld haben, an diesem "Super-GAU" - dieser Kölner Katastrophe.
KHJ aus Köln
Deutschland, deine Bunker ....
sind doch irgendwie bezeichnend für deine Mentalität. Von Dänemarks Stränden über die deutsch-französische Grenze bis nach Böhmen- immer trifft man auf deutsche Bunker. Und in Deutschland sowieso, von der Reichskanzelei über Straußberg in die Pampas bei Bonn und Dora im Harz ....Bunker! Da ist es nur folgerichtig, die deutsche Geschichte in einem Bunker zu konservieren. Mit deutscher Gründlichkeit natürlich!
Daran ist unter praktischen Gesichtspunkten nichts auszusetzen. Aber, und das ist mein Problem, wir denken an unbekannte Entdecker nach unbekannten Ereignissen und daran, wie wir uns ihnen perfekt präsentieren können.
Wie wäre es denn mit einem ganz normalen Bauwerk, in dem wir uns und unsere Gäste mit unserer Geschichte und deren Dokumenten (gerne Kopien!) konfrontieren?