Der Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss hat in einer achtseitigen Erklärung geschildert , wie er zu den Kinderpornos kam, die bei ihm gefunden wurden. "Ja, ich habe Mist gebaut", heißt es darin selbstkritisch: "Ich war es selbst. Die Staatsanwaltschaft hat bei mir kinderpornografisches Material gefunden."
Sein Ziel aber sei hehr gewesen, sein Interesse streng dienstlich, habe er doch versucht, die Verteilungswege der Szene kennenzulernen. Er habe sich "in einen stinkenden Schweinestall begeben, um ihn auszumisten". Vor allem habe er Belege für seine These gesucht, "dass die Verbreitung von Kinderpornografie mit Hilfe des Internet zunehmend durch andere Verbreitungsformen verdrängt wird". Diese Belege glaubt er gefunden zu haben. Um jedoch in die geschlossenen Gruppen eindringen zu können, habe er selbst solche Bilder verschicken müssen: "Das begründet, warum ich das wenige selbst erhaltene kinderpornografische Material aufbewahrt habe."
Tauss beteuert in der Erklärung seine Unschuld: "Ich halte mich nicht für schuldig im Sinne der Anklage." Gleichzeitig räumte er ein, dass seine Kontakte zur Kinderpornoszene auch als Verstoß gewertet werden könnten. Und er gibt zu, dass es seiner Bekanntheit nicht geschadet hätte, hätte er selbst Kinderpornohändler-Ringe "sprengen" können – dass also auch eigene Eitelkeit dabei eine Rolle spielte.
Nach Tauss' Darstellung hat er vor zwei Jahren versucht, sich der Szene "zu nähern", um Missbrauch nachzuweisen und Kontakte zu knüpfen für seine politische Arbeit. Er habe belegen wollen, dass Kinderpornografie wieder häufiger über Handys, Telefonhotlines und die Post verbreitet werden. "Meine Recherche hat gezeigt, dass das Internet out ist", sagte der SPD-Abgeordnete. Es gelte als zu unsicher und Handys beispielsweise ließen sich bei Entdeckung schneller entsorgen.
Bei einem Mann aus der Kinderpornografie-Szene waren von der Polizei Handy-Nummern gefunden worden, die Tauss zuzuordnen waren. Die ausgetauschten Text- und Bild-Kurzmitteilungen seien "szenetypisch" gewesen, hieß es. Tauss schildert in dem Text, wie er mit diesem "Sascha" in Kontakt kam und wie er hoffte, durch ihn auch an eine "Produktionsstätte" und so näher an die Täter heranzukommen. Letztlich sei ihm das nicht gelungen, die Erkenntnisse aber seien für ihn sehr sinnvoll gewesen, er habe über sie auch immer wieder "im politischen und öffentlichen Raum" berichtet. Und er habe immer in dem Glauben gehandelt, als zuständiger Fachpolitiker im Bundestag zu solchen Recherchen berechtigt gewesen zu sein.
Kommentare
Bitte macht einen længeren Artikel
Viele wichtige Teile der Erklærung finden in dem Artikel keinen Platz, z.B.:
"Natürlich sind Abgeordnete keine Polizisten, wie Sie und Ihre Kollegen richtig kritisiert
haben. Aber, wie sollte ich anders zu unverfälschten Erkenntnissen über die
tatsächlichen Verbreitungswege kommen, da ich mich in dieser speziellen Frage etwa auf das BKA nicht verlassen wollte: Nicht erst seit dem bereits erwähnten Auftritt des BKA-Präsidenten im Deutschen Bundestag und meiner Teilnahme bei der Herbsttagung 2007 in Wiesbaden zu diesem Thema, hat sich bei mir der Eindruck verfestigte, dass das BKA das Thema Kinderpornographie auch dazu nutzt, neue Kompetenzen und
Zuständigkeiten politisch durchzusetzen. Längst ist das BKA hier Partei und keine
neutrale Beratungsinstanz mehr für die Abgeordneten des Deutschen Bundestages."
Womit Tauss sicher kein Unrecht hat, was aber gerne ignoriert wird (was natuerlich nicht heisst, dass er unschuldig ist).
Die ganze Erklærung gibt es hier: http://daten.tauss.de/Stellu…
Danke
Liebe(r) Blixten,
Danke, das machen wir. Und danke für den Link!
Beste Grüße
Kai Biermann
Gut so
Er hat den Besitz des Materials zugegeben und den Tatbestand verwirklicht. Hat er Ergebnisse durch sein Tun recherchiert, dürfte bei diesem Delikt ein Schuldausschließungsgrund vorliegen und damit müßte es dann gut sein.
Gerichtlich festzustellen
Das ist natürlich gerichtlich festzustellen. Seine eigene Ansicht kann nicht zu einer Vorab-Entlastung führen. Und er sollte nicht versuchen, die Medien dafür zu gewinnen.
schuldaus- und -einschließung
ausgehend von den angaben im artikel hat herr tauss den tatbestand zumindest des § 184b IV StGB, wenn nicht sogar des § 184b II StGB rechtswidrig und schuldhaft verwirklicht. eine ausnahme (oder gar einen ominösen "schuldausschließungsgrund") der "recherche zu aufdeckungszwecken" gibt es nicht. einzig an einen verbotsirrtum gem. § 17 StGB wäre hier zu denken, im ergebnis aber zu verneinen. tauss wusste, was er tat, und er wusste, dass es - aus seiner sich allenfalls moralisch gerechtfertigtes - unrecht war. hier halte ich eine geldstrafe für angemessen.
Der Mann
ist entweder naiv, dumm oder gefährlich.
Herr Tauss scheint unter Missachtung von Recht und Gesetz deutlich zu weit gegangen sein. Hier geht es nicht um einen Abenteuerspielplatz, auf dem sich ein Abgeordneter nach Lust und Laune austoben kann. Meiner Meinung nach kann mit seinen Argumenten jeder Privatmensch sein kriminelles Tun "legalisieren". Unglaublich, dass so ein Mensch im Bundestag sitzt!
Abgeordnete haben andere Rechte als Privatmenschen
Ganz so ausichtslos ist seine Argumentation gar nicht. Als Abgeordneter ist es seine Aufgabe, sich ueber die Dinge zu Informeren, ueber die er Entscheidungen trifft. Bei Tauss war das Medienpolitik, Internet, auch Kinderpornogrphie.
Im Strafgesetzbuch heisst es dazu "[Die Straftatbestænde zur KiPo] gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten dienen."
Ein Gericht wird zu entscheiden haben, inwieweit sich aus seiner Tætigkeit als medienpolitisch spezialisierter Abgeordneter ein dienstlicher Grund fuer den Besitz von Kinderpornographie ableiten læsst.
Wenn er nur aus Gründen der Verfolgung/Bekämpfung im Besitz von belastendem Material ist, ist dies trotzdem strafbar. Es sei denn, er hat irgendeine rechtliche haltbare Legitimation. Für den Fall das er diese nicht hat, kann er ja trotzdem mit reinem Gewissen und gutem Vorsatz gehandelt haben.
Falls er dafür aber keine glaubwürdigen Zeugen/Beweise vorweisen kann und sich nur auf sein "gutes Wort" beruft, sehe ich erhebliche Probleme mit der Glaubwürdigkeit.
Und da ist es ziemlich egal, ob Herr Schäuble sich sicherheitspolitisch auf Irrwegen befindet.