Das schönste Geschenk macht der eingeladene Staatschef Weißrusslands den Prager Gastgebern, indem er nicht kommt. Präsident Alexander Lukaschenko schickt nur eine hohe Regierungsdelegation. Damit erspart er manchem EU-Vertreter die Gewissensfrage: "Soll ich ihm die Hand schütteln oder nicht?" Dieses "Gentleman Agreement" mit dem "letzten Diktator Europas", wie Lukaschenko oft bezeichnet wird, zeigt, welche Herausforderungen die neue Östliche Partnerschaft der EU mit sechs früheren Sowjetrepubliken in sich trägt.
Das Partnerschaftsprogramm wird am Mittwoch in Prag aus der Taufe gehoben. Seine vier "thematischen Plattformen" heißen Demokratie, wirtschaftliche Integration, Energie und gesellschaftliche Kontakte. Die wohlklingenden Titel können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die EU-Länder mit den östlichen Nachbarn oft so schwer tun wie mit Russland – und mit sich selbst.
Die Östliche Partnerschaft geht auf eine Initiative Schwedens und Polens zurück, die der französisch geförderten Mittelmeerunion ein östliches Gegengewicht schaffen wollten. Während Finnland und Deutschland positiv reagierten, bleiben Spanien, Frankreich und Italien zurückhaltend. Bulgarien und Rumänien zeigten sich gar verärgert aus Angst, ihr Schwarzmeerprojekt könnte an Bedeutung verlieren.
Von der Perspektive einer EU-Mitgliedschaft für Weißrussland, die Ukraine, Moldawien, Georgien, Aserbaidschan und Armenien ist in Brüssel keine Rede. Damit entfällt das bedeutendste Lockmittel zur Disziplinierung der Länder. Die Europäische Union ist vor allem mit sich selbst beschäftigt. Schon während der Unruhen nach der Parlamentswahl in Moldawien, als die EU gar als Vermittler zwischen Opposition und Regierung angerufen wurde, blieb Brüssel fast stumm. Moldawien als Problemlast – das fehlte gerade noch. Die meisten der EU-Länder können sich höchstens auf gemeinsame Aktionspläne und Geldspritzen als Belohnung für reformfreudige Regierungen einigen. Aber schon bei der von manchen Ostländern geforderten Reise- und Visumsfreiheit ist Brüssel zerstritten.
Der vielstimmigen EU steht eine heterogene Partnerschaftsgruppe gegenüber. Weißrussland hat sich, auch als Folge der europäischen Isolationspolitik gegenüber dem Regime Lukaschenko, in den vergangenen Jahren eng mit Russland verbunden. Heute gilt diese Politik der Sanktionen unter der Mehrzahl der EU-Länder als gescheitert. Lukaschenko sieht nun die Chance, zu seiner alten, kolchosbauernschlauen Schaukelpolitik zwischen West und Ost zurückzukehren. Er nutzt die Östliche Partnerschaft schon, bevor sie besiegelt wird. Im Januar traf er sich nach Jahren der Kontaktlosigkeit mit dem ukrainischen Präsidentennachbarn Wiktor Juschtschenko, scherzte angesichts des Gasstreits mit Russland "Na, war es kalt bei Ihnen?" und ging dann gleich zum Du über. Jahre zuvor hatte er die orangefarbene Revolution von Kiew noch als Banditentum beschimpft. Das Treffen nahm das Ende der Isolationspolitik gegenüber Weißrussland vorweg. Ob es aber den Beginn einer politischen Neuordnung in Osteuropa darstellt, ist ungewiss.
Auch die Staatschef der übrigen Länder sind keine unkomplizierten Kooperationspartner: Der autoritär regierende Präsident Aserbaidschans, Ilham Alijew, kann es sich dank seiner Energieressourcen leisten, eine Mittelposition zwischen West und Ost einzunehmen. In Georgien geht es Präsident Michail Saakaschwili vor allem darum, das neue Partnerschaftsprogramm als positive Folge des Südossetien-Krieges im vergangenen August zu verkaufen, um von seiner Niederlage abzulenken.
Der Präsident des ärmsten Landes Europas dagegen, der Moldawier Wladimir Woronin, hat sich zuletzt wieder Russland angenährt. Er kritisierte entsprechend pflichtbewusst die Östliche Partnerschaft als "Blockadepolitik" gegen Moskau und pflegt die Basarkunst des Vorteilschindens und Drohens. Die finanziellen Hilfen der EU verspottete er als Bonbons und erklärte zugleich: "Wenn uns die Europäer keinen vorteilhaften Kredit geben, nehmen wir ihn von den Chinesen."
Kommentare
Wenn Rußland angeblich nicht eingekreist werden soll
warum bleibt es dann so konsequent bei der Ost-Partnerschaft ausgeklammert? Es ist ein schwerer Fehler, sich jetzt auf Grund der antirussischen Phobien der osteuropäischen Staaten einem Ausbau der Zusammenarbeit mit dem Land zu verweigern, obwohl es weder eine Bedrohung der EU noch Osteuropas darstellt. Der Wechsel an der Spitze der amerikanischen Regierung sollte doch auch bei den westeuropäischen Regierung ein gewisses Umdenken möglich machen. Jetzt aber einen konfrontativen Kurs zu beginnen nach dem Motto "Jeder Nachteil Rußlands ist automatisch ein Vorteil der EU", heißt in die Schablonen des Kalten Krieges zurückzufallen, der eigentlich definitiv beendet ist.
Russland hat sich selbst abgeriegelt
Anstatt die Freundschaft und das Vertrauen der europäischen Nationen zu gewinnen, haben Putin und Medvedjew seit der ominösen Münchener Sicherheitskonferenz nichts weiter unternommen als die Länder Europas immer wieder von neuem zu bedrohen. Man gewinnt keine Freunde, indem man ihnen das Gas abdreht. Mit dem "Wechsel an der Spitze der amerikanischen Regierung" hat das selbstverständlich nicht das Geringste zu tun.
Voe wegen Bedrohung
@dunnhaupt
1.Wer bedroht den dem Westen??? Immer ist es der böse Russe. Immer ist er derjenige der die kleinen Staaten bedroht und dem Westen auf die Füße tritt.
Ich würde gern mal von einem einzigen hier hören wie den sein heimischer Energieliferant mit einem verfährt wenn man die Strom- oder Gasrechnung erneut nicht begleicht ud zu dem auch noch für die letzten Lieferungen im Rückstand ist. Spätestens nach dem zweiten mal kommt ein netter Herr und macht die Leitung im Keller dicht. Also hört auf mit der Panikmache der Putin hat es auf uns abgesehen und bedroht uns. Kein einziger Konzern in Europa liefert nach Rußland weiter wenn die bereits erhaltene Ware einfach mal eben nicht bezahlt werden will. Ist es den nicht unser eigenes Prinzip das man Leistung mit einer anderen Leistung begleicht.
2. Gerne hätte ich mal gesehen wenn die Russen anfangen würden irgendwelche Militärbasen vor dem Zaun der Amis oder anderen Staaten zu errichten. Schnell würde hier das Geschrei äußers laut werden. Keiner würde sich davon beruhigen lassen das es doch nur zum schutz vor den '' Schurkenstaaten'' dient.
Vieles wurde von den vergangenen Regierungen zum trotz des anderen veranlasst anstatt für ein Miteinander sich einzusetzen. Würde Jeder mit dem eigenen Kopf nüchtern überlegen und sich nicht immer von dem großen ''vorbildlichen Bruder'' (USA) etwas einreden laßen wäre es um den Weltfrieden wesentlich besser besstellt als es nun ist. Irgendwo sind wir alle von einander abhängig und werden in Zukunft alleine es bitter schwer haben die wirklich Sinnlosen Regierungen auf den rechten Pfad zu leiten.
"Das Fingerhakeln um
"Das Fingerhakeln um Fleischimporte und demokratische Werte stören da eher."
Manchmal muss man einfach schmunzeln über manche Freudschen Versprecher von meinungsbildenden Journalisten. Alles in einen Topf und gut rumrühren. Da muss man sich schon im Klaren sein, welche Ware man verkaufen will um entsprechende Marketing-Maßnahmen zu ergreifen. Oder wie es im Russischen heißt: Fleischbällchen und Fliegen muss man einzeln servieren.
Die einzige Schlussfolgerung aus dem Artikel, die mir einleuchtet, ist die folgende: Für jeden Spaß im Leben muss man zahlen. Die Lösung für die Probleme der EU ist ganz einfach: Bezahlt die lieben Freunde aus dem Osten und öffnet für sie die Märkte von der EU - und Einfluss Russlands auf die osteuropäischen Staaten wird auf 0 sinken. So einfach ist es. Georgische Weine und Früchte, ukrainischer Stahl, weissrussischer Weizen, europäische Kredite usw. usf.
Und noch etwas. Ich glaube, dass Deutschland auch genauso wie Russland die Ukraine ökonomisch erpresst. Das Recht auf Mobilität ist mittlerweile genauso wichtig wie das Recht auf Zugang zu Energieressourcen. Und es gibt auch ein deutsches Unternehmen, bei dem der Staat - ähnlich wie bei Gazprom - viel zu sagen hat - VW (Stichwort: VW-Gesetz). Ich finde, es wäre angemessen zur Unterstützung der jungen Demokratie und zur besseren Integration des Landes in europäische Strukturen, dass VW eine jährliche Lieferung von Autos in Wert von 5 Mrd. € mit einem Rabat für 3 Mrd. € an die Ukraine veranlassen könnte. Die Zahlungsmodalitäten müssten dann noch getrennt vereinbart werden.
Würde jemand solch einen Vorschlag unterstützen?
Vertreibungsprobleme in Osteuropa werden unter den Tisch gekehrt. Latente Spannungen bestehen weiter. Deutsche, tschechische und polnische Konservative z.B. verbindet nichts. So kann ein Parlament nicht arbeiten!