Mehr als sieben Monate nach der Präsidentschaftswahl in Iran hat Oppositionspolitiker Mehdi Karrubi die Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadineschad anerkannt. Karrubi begründete dies nach den Worten seines Sohnes Hussein damit, dass das geistliche Oberhaupt Irans, Ali Chamenei, die Wahl Ahmadineschads für gültig befunden habe. Er bleibe aber dabei, dass der Wahlgang vom 12. Juni von massiven Fälschungen gekennzeichnet war, zitierte Hussein Karrubi seinen Vater.
Mehdi Karrubi war in den vergangenen Wochen wiederholt angegriffen worden. Anfang Januar wurden in der nordiranischen Stadt Kaswin Schüsse auf Karrubis Auto abgefeuert. Ende Dezember zerschlugen Unbekannte laut Angaben der Opposition die Windschutzscheibe von Karrubis Auto, als er sich zu einer Trauerfeier im Osten Teherans begab.
Zudem laufen juristische Ermittlungen gegen den Politiker, weil er öffentlich die Folter von inhaftierten Oppositionellen anprangerte. Von Scharfmachern wurde Karrubi als "Feind Gottes" bezeichnet, gegen den die Todesstrafe verhängt werden solle.
Der ehemalige Parlamentspräsident ist Vorsitzender der Etemad-Melli-Partei (Partei des Nationalen Vertrauens) und gilt als einer der schärfsten Kritiker von Präsident Ahmadineschad. Karrubi und der frühere Befehlshaber der Revolutionsgarde Mohsen Rezai sowie der ehemalige Regierungschef Mir Hussein Mussawi kandidierten im Juni gegen den Amtsinhaber, unterlagen aber laut dem amtlichen Endergebnis deutlich.
Berichte über Manipulationen bei dem Wahlgang hatten zu den größten Massenprotesten in Iran seit der islamischen Revolution 1979 geführt. Gut zwei Wochen nach der Wahl schloss sich Karrubi den Demonstranten an. Der Wahlgang vom Juni sei "nicht gültig", sagte er. "Ich erkenne diese Regierung nicht als legitim an."
Kommentare
betweenthelines;backdoordeals;questions
Die Äußerungen Karoubis, soweit sie und welche exakt tatsächlich gemacht worden sein sollten, stehen auch in Zusammenhang mit kurz zuvor geäußerten Hinweisen des ehemaligen Staatspräsidenten und Vorsitzenden des Expertenrates Rafsandschani. Es ergeben sich möglicherweise u.a. vermutlich folgende Fragen:
Sagte Rafsanjani, nur der Führer (das Staatsoberhaupt Khamenei) könnte die derzeitige Situation regeln?
Wenn es das ist, was er gesagt hat, dann ist das wohl einfach die faktuelle Feststellung:
entsprechend der Verfassung kann nur der Führer (Kahmenei) die Situation regeln;
wenn die Situation bislang nicht geregelt ist, dann genau deswegen, weil bislang der Führer (Staatsoberhaupt Khamenei) die Situation noch nicht geregelt hat.
Hinsichtlich der Äußerungen des Oppositionskandidaten Karoubi ist abzuwarten, worum es genau geht, weil er ja offenbar nicht den Wahlbetrugsvorwurf zurückgenommen hat,
d.h. es fragt sich möglicherweise z.B.
ob und welche Hinterzimmergespräche im Gange sind;
ob und welche Gegenleistungen versprochen wurden.
Semantische Analyse - Konnotationen
Aufgrund der jahrzehntelangen Einschränkungen der Meinungsfreiheit / Pressefreiheit diversester gradueller Abstufungen ist in Iran jedes einzelne Wort quasi einer genauesten Analyse hinsichtlich der Bandbreite seiner Aussagekraft und seiner vielfältigen möglichen Konnotationen zu unterziehen. Daher sei hier dringend auf die deutschsprachigen Iran-Blogs verwiesen, die bei der semantischen Analyse des Gesagten eine unverzichtbare Hilfe liefern:
• http://englishtogerman.wo...
Blog „English2German“ – „Julias Blog“
• http://dustandtrash.blogs...
Blog „Dust and Trash“
Interpretation - ein Beispiel
Als Beispiel für die komplexe Bedeutung von lexikalischen und syntaktischen Einheiten unter Bedingungen einer eingeschränkten Meinungs- und Pressefreiheit diene die folgende Interpretation des ZEIT-Artikel-Berichts :
»Karroubi hat sich aufgelehnt/ausgesprochen gegen den „Präsidenten“ und den Obersten Führer« -
so eine diesbezügliche Kurzanalyse einer englischsprachigen Iran-website, die auch die ihrer Ansicht nach entscheidende Passage der Karoubi-Außerung zitiert:
»Aufgrund der Tatsache, daß Herr Khamenei 'Rechtsgültigkeit dem Dekret verliehen hat, in welchem festgestellt wurde, dass Ahmadinejad gewählt worden ist, betrachte ich ihn [Herrn Ahmadinejad] aus diesem Grunde als 'den Regierungschef dieses Regime' .«
(englischsprachige Version):
»Karroubi has taken a stand against the “president” and the supreme leader«
»Due to the fact that Mr Khamenei has ‘confirmed/given legal validity to the decree which stated that Ahmadinejad has been elected, for this reason, I consider him [Mr Ahmadinejad] to be the ‘head of the government of this regime’.«
Der Inhlat dieses Artikels ist falsch!
Karroubi benutzt nicht das Wort "Präsident", sondern "Regierungschef". Er erkennt Ahamdinedajd nicht als Präsident an, sondern akzeptiert ihn als Regierungschef. Farsnews verfälschte wieder eine Meldung. Er redet Chamenei sogar nur mit "Herr" an: "Weil Herr Chamenei die Wahl Ahamdinedjads für gültig befunden hat, akzeptiert Karroubi, dass Ahmadinedjad Regierungschef ist.", so Karroubis Sohn. Das könnte auch heißen, dass Ahmadinedjad Regierungschef der Putschregierung sei.