Schenkt man den Generälen aus Sri Lanka Glauben, dann ist das Land ein vorbildliches Beispiel dafür, wie ein Aufstand in der heutigen Zeit niedergeschlagen werden kann. Die Regierung in Colombo hat dafür jetzt Militärs aus der ganzen Welt eingeladen. Diese können ab Dienstag den Umgang mit einem Aufstand anhand des Bürgerkriegs der tamilischen Rebellen von der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) kennenlernen.
Natürlich werden bei dieser Weiterbildungsmaßnahme einige unangenehme Einzelheiten verschwiegen. So wird vermutlich nicht erwähnt, dass Ende 2009, als sich der Bürgerkrieg seinem Ende näherte, Hunderttausende Zivilisten in "Waffenstillstandszonen" eingekesselt wurden, in denen sie von der Armee mit Granaten beschossen und im Falle eines Fluchtversuchs von den Rebellen erschossen wurden. Es ist auch fraglich, ob die Ausbilder das gezielte Artilleriefeuer der Regierungstruppen auf Krankenhäuser und Lebensmittelausgabestellen erwähnen werden. Äußerst unwahrscheinlich ist auch, dass die Regierung ihren Gästen von der sehr realistischen Schätzung berichten wird, dass in den letzten Monaten des Bürgerkriegs bis zu 40.000 Zivilisten getötet wurden.
Die Regierung Sri Lankas leugnet weiterhin vehement, dass sie in ihrem Kampf gegen die terroristische LTTE irgendwelche Fehler gemacht habe. Sie tut dies trotz aller Gegenbeweise, wie beispielsweise dem neuen Bericht einer vom UN-Generalsekretär eingesetzten Expertengruppe. Dieser bestätigte vor einem Monat, was andere bereits vorher ausführlich beschrieben hatten: "Die Expertengruppe fand glaubwürdige Hinweise auf eine Vielzahl ernsthafter Verstöße gegen die internationalen Menschenrechte und humanitären Rechtsnormen, die sowohl von der Regierung Sri Lankas als auch der LTTE begangen worden sein sollen. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, handelt es sich dabei teilweise um Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit."
Der Bericht der UN enthielt die Bitte an den Generalsekretär, eine unabhängige, internationale Einrichtung ins Leben zu rufen, die die Suche nach den Verantwortlichen in Sri Lanka überwacht, eigene unabhängige Nachforschungen anstellt und die entsprechenden Daten erfasst und sicherstellt. Das Gremium war sich auch einig, dass eine von der Regierung in Colombo eingerichtete Kommission zur Aufarbeitung des Bürgerkrieges "durch grundsätzliche Interessenkonflikte ... beeinträchtigt wird", "keine echte Aufklärungsarbeit geleistet hat", "nicht versucht hat, unvoreingenommen zu ermitteln" und "den erforderlichen Zeugenschutz nicht geboten hat". Außerdem wurden beunruhigende Entwicklungen aus der Zeit nach dem Bürgerkrieg aufgezeigt, wie beispielsweise eine erweiterte Machtfülle des Präsidenten und eine "tief verwurzelte" Praxis, Straffreiheit zu gewähren.
Colombo hat diesen Bericht heftig zurückgewiesen. Dazu wurden in Sri Lanka Massendemonstrationen organisiert, auf denen der UN-Generalsekretär kritisiert wurde, und mit Hilfe des Militärs wurden Tamilen zur Unterzeichnung von Petitionen gegen den UN-Bericht gezwungen. All das zeigt deutlich, wie sensibel das Regime gegenüber der Meinung der Weltöffentlichkeit ist. Es ist daher wichtig, dass die internationale Gemeinschaft und der UN-Generalsekretär die Chance für eine eindeutige Stellungnahme wahrnehmen. Eine, die die Notwendigkeit einer glaubwürdigen Aufarbeitung der Bürgerkriegsendphase und eines deutlichen Umdenkens in der Regierungspolitik für die Nachkriegsära betont.
Hierfür sollten zunächst die Mitglieder des UN-Menschenrechtsrates bei der Sitzung im nächsten Monat die Ergebnisse und Empfehlungen der Expertengruppe unterstützen und insbesondere die Schlussfolgerung betonen, dass "das Gremium die Ansicht vertritt, dass ein ergänzendes unabhängiges internationales Vorgehen unbedingt notwendig ist." Wenn mehrere Länder dazu bereit sind, Colombo trotz der überzeugenden Einschätzung des Gremiums eine weitere Chance zu geben, sollte deutlich gemacht werden, dass es die Pflicht Sri Lankas ist, einen schnellen und überzeugenden Kurswechsel durchzuführen. Wenn nicht bis Ende 2011 erhebliche Fortschritte bei der Suche nach den Verantwortlichen gemacht werden, lässt sich eine internationale Untersuchung nicht mehr länger aufschieben.
Kommentare
Colombo oder Kotte?
"Die Regierung in Colombo"...
Bitte um klare Abgrenzung und Recherche zwischen Regierungssitz in "Sri Jayawardenepura Kotte" und der erst seit relativ Kurzem aktuellen Hauptstadt "Colombo".
Regierungssitz
Sri Jayawardenepura ist ein Vorort von Colombo. Insofern ist die Verkürzung im Textanlauf unser Ansicht nach zulässig.
Beste Grüße, Markus Horeld
Meine Aufwartung bei der Armee in Kandy und A9 Südeninspektion
haben eine demilitarisierte Gefechtslage ergeben. Wie die Sieger
über Deutschland haben auch die Singhalesen Anlaufstellen-Centers und Clearingstellen[ im Prinzip gilt auch eine strikte & rigorose Valutakontrolle für Ein-/Ausreise weit unter 70 € nicht nur für Touristen sondern auch für lokale indische Verwandte] geschaffen,
wo die Tamilen auf dem Papier gegen Kriegsverbrechen klagen können.
Kriegsverbrechen muss betraft werden!
Ich danke erstmals die Redaktion für den gelungenen Artikel. Ich finde es super, dass endlich mal die Problematik von Sri Lanka thematisiert wird.
Sri Lanka ist nicht nur Urlaubsinsel, mit vielen schönen Buddha-Statuen. Dieses Land mit der friedlichsten Religion als Staatsreligion, ist eines der brutalsten Überhaupt!
Das tamilische Volk und andere Minderheiten von Sri Lanka, haben es leid, ständig von den mehrheitlich rassitisch geprägte singhalesische Regierung unterdrückt zu werden.
Nach dem das Machtvakuum aus der tamilischen Seite niedergeschlagen wurde, wird jetzt wie das israelische Kolonisierung im Palestina, im Norden und Osten Sri Lankas (tamilische Gebiete) durchgesetzt. Das schürt noch mehr Frust und Wut und das Ergebnis wäre eine weitere Dekade Kampf um die Freiheit mit viel Blutvergiessen. Dann wäre die Internationale Gemeinschaft wieder schuld an dem Konflikt, weil Sie jahrelang, wegen falscher oder fehlender Interesse, die Chance auf Frieden verspielen wird!
Ich wünsche den Tamilen, endlich Frieden, Gerechtigkeit und Anerkennung!
@bing bang - israelvergleiche
immer wieder wird durch manche teilnehmer mehr oder weniger bewusst versucht bei solchen konflikten "die verbrecher" israels zu erwaehnen, was natuerlich fehl am platz ist.
mir faellt eigentlich auch ein israel vergleich ein. aber ein ganz anderer. ich kann mich noch erinnern, dass der sri lanka-tamilen krieg zur fast selben zeit mit der letztem gazakrieg verlief. waehrend man in europa den 40 000 umgekommenen zivilisten in tamilien kaum beachtung schenkte, wusste jeder dass israel um die 1200 palaestinensische zivilisten toeteten (nach angaben der hamas, waren die meistne kaempfer, aber das ist egal).
wo ist hier die gerechtigkeit? waehrend man von sri lanka halbherzig verlangt ein untersuchung einzuleiten, wurde die untersuchung israels nicht wahgenommen und in lichtgeschwindigkeit ein goldstone komission errichtet, welche alles sofort untersuchen musste.
ich war auch schockiert, als die un vollversammlung sri lanka zu dem sieg ueber terror gratulierte. dabei ist jedem klar, das die tamilen im gegensatz zu den palaestinensern keine aussicht auf eine autonomie oder einen staat haben. es wird auch nie eine "friedensflotilie" dahin segeln. und es wird keine un fluchtlingsorganisation sich um die fluechtlinge kaempfen.