EU-Politiker beschäftigen sich nur ungern mit der Frage, wann ein Mitgliedstaat der Europäischen Union das Gefüge der demokratischen und rechtsstaatlichen Wertegemeinschaft verlässt. Das Thema birgt viele juristische und politische Fallstricke und wird eher als akademisches Gedankenspiel behandelt.
Wie konkret das Problem in Wirklichkeit ist, zeigt derzeit das Beispiel Ungarns. Dort plant die Orbán-Regierung eine groß angelegte Verfassungsreform, die unter anderem die Befugnisse des Verfassungsgerichts stark beschneiden würde. Außerdem sollen die Meinungsfreiheit und die Arbeitnehmerfreizügigkeit eingeschränkt werden können. Die Opposition bewertet das als Frontalangriff auf rechtsstaatliche Prinzipen und Bürgerrechte. Rechtsexperten betrachten das Vorhaben ebenfalls mit großer Sorge.
Anlass für die geplante Verfassungsänderung sind mehrere Urteile des Budapester Verfassungsgerichts, mit denen es Gesetze der Orbán-Regierung für grundgesetzwidrig erklärte. Zuletzt hatte das Gremium Anfang Januar die geplante Wählerregistrierung verworfen, weil sie das Wahlrecht einschränke, begründeten die Richter ihre Entscheidung. Es war die bisher schwerste politische Niederlage, die der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán und sein mit Zweidrittelmehrheit regierender Bund Freier Demokraten (Fidesz) einstecken mussten.
Was Ungarns Regierende nun vorgelegt haben, bezeichnen Medien des Landes als Rachefeldzug gegen das Verfassungsgericht: Ende der vergangenen Woche wurde der Entwurf für eine Verfassungsänderung veröffentlicht – ein fast 50-seitiges Dokument, das es in sich hat. Eine "juristische Vendetta", sagt der Budapester Verfassungsrechtler György Kolláth.
"Würde der ungarischen Nation" steht über der Pressefreiheit
Damit unliebsame Einmischungen der höchsten Richter künftig nicht mehr vorkommen, soll das Verfassungsgericht Änderungen des Grundgesetzes künftig nur noch auf ihre formale, nicht auf ihre inhaltliche Rechtmäßigkeit überprüfen dürfen. Die Richter sollen sich außerdem künftig nicht mehr auf Entscheidungen berufen können, die sie vor Inkrafttreten der neuen Verfassung im Januar 2012 getroffen haben. Außerdem sollen sich die Richter in ihren Urteilen künftig nicht mehr auf Entscheidungen berufen können, die sie vor Inkrafttreten der neuen Verfassung im Januar 2012 getroffen haben.
Die Meinungsfreiheit könnte in Ungarn künftig eingeschränkt werden. Laut dem Entwurf nicht nur dann, wenn es beispielsweise um die Anstachelung zum Rassenhass geht, sondern auch, wenn die nicht näher definierte "Würde der ungarischen Nation" verletzt wird.
Studenten sollen verpflichtet werden, nach ihrem Hochschulabschluss für eine bestimmte Zeit in Ungarn zu bleiben und zu arbeiten. So will die Regierung der Abwanderung der Fachkräfte und Akademiker entgegenwirken – doch damit wäre das EU-weit geltende Prinzip der Arbeitnehmerfreizügigkeit verletzt.
Kommentare
und der Lissabonner Vertrag ?
Die Europäische Demokratie liegt schon lange im Eimer, aber nicht wegen Ungarn, sondern wegen dem Lissabon Bertrug, den die Franzosen und Holländer in 2005 bei Volksabstimmungen abgestimmt haben (als Europäische Konstitutioneller Vertrag) aber das die EU trotzdem eingeleitet hat in 2008.
Und mit welchem Erfolg !
Und was sollte man zur "Rettung" von Griechenland sagen ?
"rettung griechenlands"
ich zitiere mal:
"Ein Wirtschaftraum der seine Jugend in Perspektivlosigkeit versinken lässt (und mit seinen getroffenen Maßnahmen den wirtschaftlichen Niedergang prozyklisch befeuert), hat jegliche Legitimation verloren."
die klammern habe ich gesetzt, der rest duerfte konsens sein.
die gesellschaftliche entwicklung dieses gemeinsamen zukunftprojektes steht mE auf der kippe, wenn sie nicht gar als gescheitert zu betrachten ist.
Ungarn zeigt die Ware EU: es geht nur ums Geld
Griechenland bescheißt sich mit gefälschten Bilanzen in den Euro. Rumänien und Bulgarien sind bürokratisch-korrupt. Bei den Glühbirnen tanzen die EU-Bürger nach der Pfeife von Osram und Co. Tausende Lobbyisten schreiben die EU-weit gültigen neuen Gesetze und Verordnungen. Zocker-Banken erhalten milliardenschwere Hilfe, während die Bürger immer mehr am Hungertuche nagen. Und Ungarn kann ohne wirksamen Gegendruck der EU die Demokratie in die Donau schmeißen. Aber was will man denn von Leuten wie Oettinger, Baroso, Juncker und ihren Goldman-Sachs-Kumpels denn erwarten? Die lassen sämtliche ihrer Bürotüren den Lobbyisten offen. Die Idee der EU wird von dieser Polit-Kaste pervertiert: statt den Bürgern zu helfen, dürfen die Großindustrie und Banken gute Geschäfte machen. Der Trick ist ganz: Bürssel erlässt ein Gesetz, das nur der Industrie oder den Banken Vorteile bringt. Der Bürger sowie die Klein- und Mittelbetriebe in den Ländern können gegen diesen Molloch nicht Klagen. Und zur Belohnung werden die dafür verantwortlichen Politiker auf Lebenszeit hochfürstlich entlohnt. Einfach nur zum Kotzen!
@moriniaarlt
Ihren Worten ist nichts hinzufügen.Es reicht!
Unglaublich
Ich vermag die Stimmung in der ungarischen Bevölkerung nicht nachzuvollziehen, dass so eine autoritäre Regierung erstens überhaupt gewählt wird und zweitens dann Demokratie und Rechtstaat ruinieren kann. Dabei sollten es die Ungarn eigentlich besser wissen, die kommunistische Ära war ja nicht eben ein Zuckerschlecken. Meine Anerkennung gilt dem Verfassungsgericht, das sich gegen die Zerstörung des Rechtstaats stemmt.
In der Tat sind die übrigen EU-Staaten nun aufgefordert, Orban einmal überdeutlich die Meinung zu sagen - und seine Regierung mit Sanktionen zu belegen, falls er von seinem unheilvollen Kurs nicht abweicht.
Vielleicht
sind sie es nicht anders gewohnt.
Naja, sachte, sachte
Ungarns rechtstaatliche Ordnung zerfällt mit Abstand betrachtet auch nicht unwesentlich schneller als die Unsrige. Später, in den Geschichtsbücher wird man die Zeiträume wahrscheinlich dichter beieinander ansiedeln, als wir es jetzt empfinden. Wenn dieses Kapitel jemals Bestandteil der Geschichte werden wird...
Aber ehrlich, immer diese Empörerei: De facto Parteien Staat mit simulierten Pluralismus? Embedded Journalism? gut dotierte Rechtsbeugung? Rassismus (Islamhysterie) Sollte uns doch nicht unbekannt erscheinen..
Mein Gott....
was für einen Schwachsinn schreiben Sie eigentlich?! Wo bitte ist der Zustand Ungarns mit unserem überhaupt vergleichbar? Nirgends!
Sie sind ein Beispiel dafür das viele Deutsche gar nicht mehr wissen wie gut es ihnen geht und welche Freiheiten und Rechte sie haben.
Ich hoffe das die Ungarn sich wieder erheben und diese Hohlbirne Orban dahin schicken wo der Pfeffer wächst.