In der irakischen Hauptstadt Bagdad sind bei einer Anschlagsserie zahlreiche Menschen getötet worden. Nach Angaben der Polizei explodierten auf Märkten und in Geschäftsstraßen mehr als ein Dutzend Sprengsätze. Die Anschläge wurden in Stadtvierteln verübt, in denen überwiegend Angehörige der schiitischen Bevölkerungsmehrheit wohnen. Zu den Taten bekannt hat sich bislang niemand.
Zu den Opferzahlen gibt es unterschiedliche Angaben. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete von mehr als 70 Toten und bezieht sich dabei auf Polizeiangaben. AFP meldete unter Berufung auf die Behörden, dass mindestens 58 Menschen getötet und 187 verletzt worden sind.
In dem als Schiitenviertel bekannten Stadtteil Sadr-Stadt explodierten den Polizeiangaben zufolge zwei im Abstand von 100 Metern platzierte Bomben. Dabei wurden der Polizei und Krankenhäusern zufolge mindestens 13 Menschen getötet. Nach Angaben von Rettungskräften wurden bei zwei weiteren Anschlägen nahe der Hauptstadt sechs Menschen getötet und 34 weitere verletzt.
Anschläge dieser Art sind im Irak häufiger geworden. In weniger als zwei Monaten sind durch politisch motivierte Gewalt mehr als 918 Menschen getötet worden. Politischer Hintergrund sind starke Spannungen zwischen dem schiitischen Regierungschef Nuri al-Maliki und der sunnitischen Opposition. Diese wirft Maliki autoritäre Tendenzen und eine systematische Benachteiligung der sunnitischen Minderheit vor. Ein Armeeeinsatz gegen eine sunnitische Protestkundgebung am 23. April löste eine Reihe von Vergeltungsangriffen aus.
Der Irak nähert sich durch die zunehmenden Gewalttätigkeiten zwischen Schiiten und Sunniten einer Neuauflage der bürgerkriegsähnlichen Zustände aus den Jahren 2006-2007. Der Bürgerkrieg im Nachbarland
Syrien
trägt zusätzlich zur Gefährdung der inneren Stabilität bei. Dort kämpfen die zumeist sunnitischen Rebellen gegen Präsident Baschar al-Assad, der der Volksgruppe der Alawiten angehört, die aus den Schiiten hervorgegangen sind.
Kommentare
Der neue 30jährige Krieg
Der Abzug von vielen geforderte Abzug der US-Truppen sollte Frieden bringen! Wie wir nun sehen, steht nun auch der Irak vor einem Bürgerkrieg, den 2006 die US-Truppen unter hohen eigenen Opfern verhindert konnten.
Nicht die US-Truppen waren das Problem, sondern die religiösen und ethnischen Spannungen in dieser Region.
Die Bush-Administration hat jahrelang die demokratische Umgestaltung des Mittleren Ostens und Nordafrikas gefordert, es mahnte politische Reformen an um die Staaten - welche sie als autokratisch und politisch unterentwickelt ansahen - in die demokratische Moderne zu holen. Das was in Europa nach dem 2ten Weltkrieg geglückt war, sollte auch in der arabischen Welt versucht werden. Auf diese Weise sollten radikale Ideologien der Islamisten bekämpft, Märkte geöffnet, langfristige politische Stabilität erreicht und der eigene Einfluss ausgebaut werden.
Auch wenn Bush die Probleme im Irak massiv unterschätzt hat, die Analyse ist richtig - ohne Moderne und Demokratisierung wird der Nahe und Mittlere Osten in einen 30jährigen Krieg versinken!
Relativ hoffnungslos
Wie sich zunehmend zeigt, ist die islamische Welt auch untereinander zutiefst zerstritten. Was aber, wie auch in Afrika, teilweise daran liegt, daß die Grenzen der jetzigen Länder relativ willkürlich gezogen wurden. Länder wie der Iran oder Saudi-Arabien, die größtenteils sunnitisch oder schiitisch geprägt sind, sind zumindest intern stabil, während im Irak oder in Syrien uralte Feindschaften und Rachegelüste aufeinandertreffen.
Ich würde jetzt gerne mit etwas Versöhnlichem schließen, aber ich habe nicht den Eindruck, daß sich da irgendeine Lösung auftut, oder bei den Mächtigen tatsächlich ein Umdenken einsetzen würde. Ich sehe eher schwarz.
@St.Expeditus ; Nr 1 I
Entschuldigen Sie bitte, aber Sie haben da eine ziemlich verklärte Sichtweise auf die Vorgänge im Nahen und Mittleren Osten. Wie ist es im Irak den eigentlich zu der Jahrzehnte langen Herrschaft Saddam Husseins gekommen? Mal abgesehen davon das die Geschichte dieser Region nicht erst mit Saddam begann sondern es ja auch noch eine Vorgeschichte aus der Kolonialzeit gibt, die meisten Grenzen die wir auf der heutigen Landkarte finden sind ein Produkt dieser Kolonialpolitik und leider ein Grund für zahlreiche Konflikte in der Region. Beachten Sie dieses bitte auch. So stimmt es nicht das „die da nicht miteinander klarkommen“ und wir dann helfend eingegriffen haben.Es gibt eben eine Vorgeschichte. Und auch Saddam wurde massiv vom Westen gestützt und gestärkt.
„..den Auftakt für den fast acht Jahre dauernden Ersten Golfkrieg.
Dabei spielten auch verschiedene westliche Staaten eine führende Rolle, die den Irak wegen der drohenden Niederlage gegen den Iran massiv unterstützten, wie z. B. Frankreich und Deutschland als Rüstungsexporteure und Lieferanten für Kernreaktoren sowie Chemieanlagen (Pestizide und Giftgas). Hauptunterstützer des Iraks waren die Sowjetunion, Frankreich und die Volksrepublik China, die allerdings auch den Iran belieferte. Auf einer vom Stockholmer SIPRI-Institut erstellten Übersicht folgen die Vereinigten Staaten (USA) erst an elfter Stelle, allerdings belieferte auch Washington beide Seiten.“ *
@St.Expeditus ; Nr 1 II
„Im Juli 2009 wurden die Vernehmungen des FBIs aus dem Jahre 2004 vom National Security Archive veröffentlicht....Saddam gab des Weiteren u.a. Details zu den Golfkriegen weiter. Nicht enthalten in den FBI-Berichten waren jedoch Aussagen zur Beziehung zwischen dem Irak und den USA in den 1980ern, zu den Chemiewaffenangriffen und der CIA-Rolle beim Baath-Aufstieg. „*
In der Tat hat es seinen Grund warum diese Teile nicht der Öffentlichkeit vorgelegt wurden.
Und es ist auch bekannt das die Rivalität zwischen Sunniten und Schiiten gezielt vom Westen ausgespielt wird. Wehe uns vor dem Tage an dem diese beiden Gruppen dieses Spiel durchschauen und sich verbünden! Und dieser Tag wird kommen.
*= http://de.wikipedia.org/w...
Der Nahe Osten: derzeit der gefaehrlichste Ort der Welt
Ein kalter Schauer laeuft mir den Ruecken hinunter, wenn ich an Syrien und Irak denke. 400 Millionen Menschen leben im Nahen Osten. Genug, um unser Interesse zu erwecken, wenn dort die Kriegstrommeln immer lauter geschlagen werden.
Das Ungewisse, was passieren wird, wenn ein schiitisch dominierter Irak, Iran, die Reste des syrischen Assad-Regimes und dessen Verbuendeten im Libanon mit dem hochgeruesteten Militaerapparat der Staaten Arabiens zusammenprallen, es macht mir Angst.
Angst, das aus den 80 000 Toten des syrischen Konfliktes leicht 800 000 werden koennten, oder 8 000 000.
Auch ist nichts bekannt darueber, inwieweit Russland oder China ihren Partnern in der Region beispringen wuerden, wenn ueberhaupt. Ob China seine Oellieferanten wuerde sichern wollen, oder nicht.
Ich bin froh und dankbar, dass in Europa Frieden eingekehrt ist. Den Menschen im Nahen Osten wuensche ich von Herzen das Gleiche.