Kurz vor der zweiten Runde der Nahost-Friedensgespräche am kommenden Mittwoch in Jerusalem hat die israelische Regierung die Freilassung einer ersten Gruppe von insgesamt 104 palästinensischen Häftlingen beschlossen. Am Sonntagabend verständigte sich eine Ministergruppe auf die Namen der ersten 26 Gefangenen, von denen in den nächsten Tagen 14 in den Gazastreifen und zwölf in das Westjordanland entlassen werden sollen. Einige von ihnen sind bereits seit mehr als 20 Jahren im Gefängnis.
In Israel hatte es lautstarken Protest gegen die ursprüngliche Entscheidung der Regierung gegeben. Unter den Häftlingen sind auch solche, die an tödlichen Anschlägen beteiligt waren. Die Familien der Opfer wollen nun beim Obersten Gerichtshof Beschwerde einlegen. "Das sind keine politischen Häftlinge, das sind Mörder, die jetzt freikommen", sagte Gila Molcho, deren Bruder vor 20 Jahren ermordet wurde, im israelischen Fernsehen. "Es kann nicht sein, dass unser Blut so billig ist", sagte sie. "Das sind Mörder, die wieder morden werden." Allerdings gilt es als unwahrscheinlich, dass einer solchen Beschwerde stattgegeben wird.
Mit der Entscheidung will Israels Regierung ihre Position in den anstehenden Verhandlungen mit den Palästinensern verbessern. Die Verhandlungen über eine Lösung des Nahost-Konflikts waren vor fast drei Jahren am fortgesetzten israelischen Siedlungsbau in den Palästinenser-Gebieten gescheitert – und stehen nun, kurz nach ihrer Wiederaufnahme, bereits wieder vor einer Belastungsprobe. Am Sonntag hatte Israel angekündigt , in Ost-Jerusalem und verschiedenen Siedlungen im Westjordanland den Bau von mehr als 1.000 neuen Wohnungen zu genehmigen. "Kein Land der Erde lässt sich von anderen Staaten vorschreiben, wo es bauen und wo es nicht bauen darf", sagte dazu Bauminister Uri Ariel von der Siedlerpartei Habait Hayehudi (Das jüdische Haus).
Für die palästinensische Autonomiebehörde ist dies ein Affront. Sie sehen die Gespräche vor allem durch diesen fortdauernden Siedlungsbau gefährdet. Erst am Freitag, als die ersten Meldungen darüber ruchbar wurden, hatte Saeb Erekat, der palästinensische Chef-Unterhändler, in einem Brief an US-Außenminister John Kerry betont , der israelische Siedlungsbau untergrabe die Friedensverhandlungen und zeige einen "Mangel an gutem Willen".
Erst durch Kerrys intensive diplomatische Bemühungen war es zur Wiederaufnahme der Friedensgespräche zwischen den beiden Konfliktparteien gekommen. Ziel ist eine Einigung auf eine Zwei-Staaten-Lösung binnen neun Monaten . Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas hatte die Einigung auf eine Freilassung der Palästinenser zur Vorbedingung für neue Gespräche gemacht. Für viele in den Palästinensergebieten sind die Häftlinge Helden im Kampf für die Unabhängigkeit.
Kommentare
etwas heuchlerisch, oder?
Mit der Freilassung von Administrativhäftlingen will man der Weltöffentlichkeit Sand in den. Augen streuen!
Wäre Israel tatsächlich an einem Frieden interessiert, würde man den illegalen Landeraub stoppen...denn Häftlinge "freilassen" ist kein großer Akt, insbesondere wenn man bedenkt, dass Israel -nach Angabe von Menschenrechtsorganisationen- einige Hundert Palästinenser (selbst Kinder!) in administrativer Geiselhaft hält!!
via ZEIT ONLINE plus App
Mit gefälschten Zahlen arbeiten und "Heuchler" rufen...
...ist schon entwaffnend unaufrichtig.
"...dass Israel -nach Angabe von Menschenrechtsorganisationen- einige Hundert Palästinenser (selbst Kinder!) in administrativer Geiselhaft hält!!"
In der Gegnerschaft gegen diese Form der Inhaftierung sind wir uns einig. Aber an der schamlosen Übertreibung "einige Hundert" erkennt man wieder einmal den Israelkritiker, dem es gar nicht um die Wahrheit geht. Es sind um die 150 Häftlinge.
Und was das "(selbst Kinder!)" angeht: Das ist glatt gelogen. Den letzten Minderjährigen in Administrativhaft gab es in Israel im Dezember 2011. Der Inhaftierte war zwischen 16 und 18, also nach palästinensischer Lesart ein Erwachsener. Und er war weniger als einen Monat Inhaftiert. Administrativ Inhaftierte unter 16 Jahren gab es in den letzten 5 Jahren keine, wie die Daten von BTselem belegen: http://www.btselem.org/st...
Also: Warum versuchen Sie es nicht einfach mal mit der Wahrheit? Dann kann man auch gerne drüber diskutieren...
Verstehe dieses Hin-und-Her nicht
Mal wird von Frieden gesprochen und Häftlinge freigelassen oder Gefangene ausgetauscht, dann wiederum werden Jets losgeschickt oder Siedlungen gebaut. Völlig unverständlich und undurchsichtig. Ein bisschen Kontinuität täte der Situation dort sicherlich gut.
Eigentlich ist es leicht verständlich....
Israel hat genug Häftlinge und inszeniert deren Freilassung als "gute Geste" .
Der nächsten Demonstration in Westjordanland wird wieder eine Verhaftungswelle folgen und im Nu hat man wieder genug Palästinenser, die man beim nächsten mal wieder unter Tam Tam freilassen kann!
Was ich echt erstaunlich finde ist, dass diese Nachricht von der "Freilassung" es bei allen Massenmedien seit Wochen mindestens dreimal zur Schlagzeile geschafft hat, während der Siedlungsbau -wenn überhaupt- als Agenturmeldung am Rande präsentiert wird/wurde!
"Für viele in den Palästinensergebieten
sind die Häftlinge Helden im Kampf für die Unabhängigkeit."
Verurteilte Mörder als "Helden" im "Kampf für die Unabhängigkeit"? Tiefer kann ein "Volk" nicht sinken...
"Tiefer kann ein Staat nicht sinken"
Gilt das auch für Israel, wo nach der Staatsgründung unstrittige Terroristen von Terrororganisation wie Lechi/Irgun (z.B. Menachem Begin oder Yitzak Shamir) hohe Ämter bekleideten?
Israel = 2 Gesichter?
Hat Israel nun 2 Gesichter? Das schöne Seite, welche auf Verhandlungen setzt? Und die andere, die hässliche, welche provoziert mit dem Ziel, jeglichen erfolgreichen Dialog zu boykottieren?
Auf der einen Seite 104 palästinens.Gefangene, die nunmehr freigelassen werden sollen, 26 in einer ersten Runde, auch gegen den Widerstand der Angehörigen von Opfern von Anschlägen, deren Proteste ich übrigens durchaus verstehen kann. Auf der anderen Seite der provozierende und m.E. völkerrechtlich stark bedenkliche Ausbau von Siedlungen in besetzten Gebieten, die Israel allerdings als ihr Eigentum betrachten.
Meiner Meinung nach ist die israel.Regierung gar nicht interessiert an einen ernsthaften Dialog, an einen Konsens, an erfolgreichen Gesprächen mit den Palästinensern. Deren Ziel ist es m.E. eindeutig, neue schwere Attacken auf ihr Kernland zu provozieren, um dadurch einen Grund zu haben, den Dialog wieder einzustellen und die Schuld den Palästinensern anzulasten. Und einen neuen Vorwand zu haben, die Palästinensergebiete anzugreifen und weiter an deren politischen und wirtschaftlichen Erdrosselung zu arbeiten.
Andererseits tun die Palästinenser natürlich ebenfalls alles, um ernsthaften Frieden keine Chance zu geben. Wie war das noch vor kurzem? Kein Israeli wird geduldet? Und das am Verhandlungstisch? Sorry, aber auch das ist eindeutig ein Affront gewesen, eine Beleidigung jedlicher Diplomatie. Und eine klare Stellungnahme gegen Frieden.
Fazit: Nichts Neues im Vorderen Orient.
Nichts neues
"Meiner Meinung nach ist die israel.Regierung gar nicht interessiert an einen ernsthaften Dialog, an einen Konsens, an erfolgreichen Gesprächen mit den Palästinensern.
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Andererseits tun die Palästinenser natürlich ebenfalls alles, um ernsthaften Frieden keine Chance zu geben.
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Fazit: Nichts Neues im Vorderen Orient."
Dem muss ich - wenn auch nicht in allen Einzelheiten - zustimmen. Die Israelis scheinen inzwischen eine Wagenburgmentalität entwickelt zu haben, bei der man sich absichert und aushält, solange es geht, sowie manchmal einen Ausfall aus der Festung hinaus führt. Irgendeinen langfristigen Plan kann ich aber kaum erkennen.
Die Palästinenser haben ansonsten das Pech, dass ihnen eigentlich keiner außerhalb der eigenen politischen Interessen Aufmerksamkeit schenkt. Man stelle sich mal vor, man hätte nach dem 2. Weltkrieg die Sudetendeutschen an der tschechischen Grenze in Lagern gelassen mit dem Hinweis, dass sie irgendwann bestimmt mal zurückkehren könnten, weswegen man sie nicht in die Gesellschaft integrieren müsste.