Deutschlands Chefermittler deutet konkrete juristische Konsequenzen aus dem NSA-Skandal an. Generalbundesanwalt Harald Range hat nach Informationen des Spiegels dem Bundesjustizministerium mitgeteilt, dass er Ermittlungen wegen des Abhörens des Handys von Kanzlerin Merkel für möglich hält. Ein Anfangsverdacht sei durchaus begründbar. Bisher hatte die Anwaltschaft dazu nur einen sogenannten Beobachtungsvorgang angelegt, aber keinen Anfangsverdacht gesehen.
Justizminister Heiko Maas habe bereits angekündigt, sich gegen mögliche Ermittlungen nicht sperren zu wollen und in einem Gespräch mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) eine Belastungsprobe der Beziehungen in Aussicht gestellt. Abgeordnete aller Bundestagsfraktionen hielten Ermittlungen in dem Zusammenhang für geboten, hieß es weiter.
Zugleich berichtete der Spiegel unter Berufung auf Dokumente des US-Whistleblowers Edward Snowden, dass die Bundesrepublik schon zwischen 1946 und 1967 im Visier der USA war. In einem Dokument aus dem Jahr 2011 legte die NSA fest, dass diese Tatsache 75 Jahre geheim zu halten sei. Zugleich müsse geheim bleiben, dass die USA aus Konsulaten oder Botschaften spionieren, sonst drohe "schwerer Schaden für die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der fremden Regierung oder für die aktuellen diplomatischen Aktivitäten der USA", fürchtete die NSA demnach.
Obama wirbt um Vertrauen
US-Präsident Barack Obama versuchte in einem Interview mit dem ZDF deutsche Befürchtungen in der Geheimdienstaffäre zu beschwichtigen. Er wolle sein freundschaftliches Verhältnis zu Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht gefährden. "Ich muss und darf diese Beziehung nicht durch Überwachungsmaßnahmen beschädigen, die unsere vertrauensvolle Kommunikation behindern", sagte er in dem am Samstagabend gesendeten Gespräch. "Solange ich Präsident der Vereinigten Staaten bin, muss sich die deutsche Kanzlerin darüber keine Sorgen machen", sagte er weiter.
Obama verteidigte allerdings auch die Arbeit der US-Dienste und stellte klar, dass weiterhin Daten gesammelt werden. Die Überwachungsmöglichkeiten der US-Geheimdienste gingen "über die Fähigkeiten vieler anderer Staaten hinaus", daraus erwachse eine "besondere Verantwortung der USA". Die US-Geheimdienste würden weiterhin Daten sammeln. Sie würden "zur Wahrung der nationalen Sicherheit" benötigt und sorgten "auch für die Sicherheit der Verbündeten".
Kauder will neue Verhandlungen zu No-Spy-Abkommen
Unionsfraktionschef Volker Kauder sieht nach den Ankündigungen die Arbeit an einem transatlantischen Anti-Spionage-Abkommen neu belebt. "Über das No-Spy-Abkommen verhandeln wir selbstverständlich weiter, denn wir brauchen eine klare Grundlage und Regeln für die Geheimdiensttätigkeit", sagte der CDU-Politiker der Welt am Sonntag. Von der Rede Obamas gehe möglicherweise ein Impuls aus, "die Verhandlungen mit neuem Leben zu füllen".
Die Bundesregierung hatte grundsätzlich begrüßt, wie sich Obama am Freitagabend in einer Rede zur Reform der Geheimdienste geäußert hatte. Vertreter von Koalition und Opposition sahen darin positive Signale. Hervorzuheben sei zum Beispiel, dass Datenschutz und Persönlichkeitsrechte auch von Nicht-US-Bürgern stärker geachtet werden sollen. Es gebe aber keine wirkliche Kursänderung, lautete dann die überwiegende Einschätzung.
Zu den von Obama angekündigten Auflagen für die NSA gehören schärfere Regeln bei der Auswertung von Zusatzinformationen (Metadaten) der Telefonate, die von Hunderten Millionen Amerikanern geführt werden. Zudem sollen diese Angaben – darunter Telefonnummern und die Dauer von Gesprächen – nicht mehr vom Staat gespeichert werden. Ausländer sollen die gleichen Rechte an ihren persönlichen Informationen haben wie Amerikaner. Die Überwachung von Staats- und Regierungschefs befreundeter Länder soll nur noch erlaubt sein, wenn die nationale Sicherheit der USA dies zwingend erforderlich macht.
Kommentare
Toll...
...und was will der Generalbundesanwalt machen? [...]
Was nützen die schönsten Ermittlungen, wenn unsere Regierung nicht mal den Mumm hat, wirkliche politische Konsequenzen im Zusammenhang mit dieser Abhöraktion zu ziehen? Außer ein "Bitte bitte, tut das nicht mehr" gab's doch da nichts.
Gekürzt. Bitte bleiben Sie beim Thema des Artikels. Danke, die Redaktion/jk
denken Sie an Pofalla und Friedrich
diese Ehemaligen, sind wenn es ihrem Vorteil dient nicht von gestern, aber die Aussagen im vergangenen Sommer: da war nichts, da ist nichts und da wird nichts sein, außerdem ist es nur zu unserem Vorteil. Wo ist der Vorteil für die Bürger Frau Merkel?
Nebelkerzen - es geht nicht um Merkels Handy!
Frau Merkel ist Regierungschefin und muss sich gewahr sein, ausspioniert zu werden - ob nun von "Verbündeten" oder "Feinden" ist gleich!
Es geht darum, dass die Bundesregierung duldet (und unterstützt) dass ihre eigenen Bürger flächendeckend ausgespäht und unter Generalverdacht gestellt werden!
Was bar jeglicher demokratischer oder rechtsstaatlicher Grundwerte ist.
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Und immer noch:
Wenn sie es ernst nähmen, dann würden die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen sofort abgebrochen - denn das stellt einen weiteren eklatanten Eingriff in die Bürger- und Freiheitsrechte der EU-Bürger dar.
Was sonst noch?
Die einzige Berechtigung, die nun das Getue um der Regierungsschefin Telefon hätte wäre die, wäre aus der Tatsache sich hintergangen zu fühlen sowas wie Empathie gegenüber den eigenen Bürgern entstanden und resultierte das in einen Handlungswillen, gleiches und ähnliches nicht mehr zuzulassen.
Davon aber ist nichts zu spüren - im Gegenteil: siehe Vorratsdatenspeicherung und CDU-Position etc.
die Politik
lebt vorwiegend von Ankündigungen, kungeln, verschweigen und Bruchstücken - weiter geht es eigentlich nur um Posten, Pöstchen und Machgeklüngel. Die Ausforschungen gehören seit ehe und jeh zum politischen Alltag, nur diesmal sind auch wir, die Bürger allumfänglich dran. Wir, die Bürger werden mit den modernsten technischen Möglichkeit ausgeforscht, ausgespäht, beobachtet und analysiert - angeblich nur zu unserem Vorteil. Die Absahner sitzen auf allen Ebenen und vertuschen, täuschen und verschieben. Wir, die Bürger werden ausgeplündert und wir sollen noch ja und amen dazu sagen. Wenn hier mal wieder eine Ankündigung zugunsten der Mächtigen kommt- wer glaubt es? Wann wird mal zu unseren Gunsten ermittelt???
Ooops
Gerade merke ich, wie ich Absätze, die mit "Obama wirbt um Vertrauen" übertitelt sind, intuitiv überspringe.
Herr Kauder, dass Abkommen ist längst vom Tisch. Es geht nur noch um das Kanzlerinnen Handy, und das kann Frau Merkel mit Obama bei einem Teller Suppe selbst aushandeln.