Im Regierungsviertel von Jerusalem sind zentrale Straßen gesperrt worden, die Polizei verstärkte ihre Präsenz im Stadtzentrum mit Blick auf weitere Proteste äthiopischstämmiger Juden. Sie demonstrieren gegen Polizeigewalt und Diskriminierung in Israel. Am Vormittag wollen sie sich vor dem Regierungssitz von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu versammeln, schreibt die Jerusalem Post. Die Polizei drohte den Demonstranten demnach, man werde eingreifen, sollten die Proteste eine Gefahr für die allgemeine Sicherheit darstellen.
Am Sonntagabend waren Proteste in Tel Aviv eskaliert. Tausende aus Äthiopien stammende Juden hatten dort demonstriert. Nach Augenzeugenberichten setzte die Polizei auf dem zentralen Rabin-Platz Tränengas und Blendgranaten gegen die Demonstranten ein. Diese hätten die Sicherheitskräfte wiederum mit Steinen und Flaschen beworfen. 55 Polizisten und 12 Demonstranten wurden nach Polizeiangaben verletzt, 43 Demonstranten festgenommen.
Auslöser der Proteste waren Medienberichte über einen Übergriff auf einen Israeli äthiopischer Herkunft in der Stadt Beerscheba. Der Mann gab an, von Beamten der Einwanderungsbehörde angegriffen worden zu sein, weil sie ihn für einen Einwanderer ohne gültige Papiere hielten. Weitere Empörung verursachte ein Video, in dem Polizisten den äthiopischstämmigen Soldaten Damas Pakada schlagen.
Präsident Reuven Rivlin räumte Fehler im Umgang mit den äthiopischstämmigen Juden in Israel ein. "Wir haben nicht genau genug hingesehen und nicht genau genug zugehört." Die gewaltsamen Proteste der vergangenen Tage hätten gezeigt, dass es "im Herzen der israelischen Gesellschaft" eine "offene Wunde" gebe.
In Israel leben mehr als 135.000 Juden äthiopischer Herkunft, die vor allem in zwei Einwanderungswellen 1984 und 1991 ins Land kamen. Bis heute sind die meisten von ihnen nicht in die Gesellschaft integriert.
Nun will Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vermitteln. In seinem Büro will er den misshandelten Soldaten empfangen sowie Vertreter der äthiopischen Gemeinde, der Polizei, des Innen- und des Sicherheitsministeriums, berichtete die Jerusalem Post.
Kommentare
So schlimm es auch ist, ...
... so zeigt sich hier doch eine lebendige Demokratie.
Eine ähnliche Reaktion würde ich mir auch von anderen Regierungschefs anderer Länder wünschen, und hierbei möchte ich Israels Nachbarländer gar nicht explizit erwähnen.
Palästina
Sehe ich genauso, man stelle sich einmal solche Proteste im Gazastreifen gegen die Hamas vor, dort würde man mit den Protestierenden schnell kurzen Prozess machen.
Rassismus in Israel
Ich bin durch eine Bekannte in Tel Aviv in ihr Netzwerk auf Facebook integriert und bekomme mit was dort so gepostet und geschrieben wird.
Pegida und Konsorten sind wirklich harmlos dagegen.
Es mag ja sein dass durch die direkte Nachbarschaft zu Arabern die Konflikte offener und brutaler online ausgetragen werden, aber man kann wirklich sagen dass Araber offen angefeindet und der Hass ganz offen zur Schau gestellt wird.
Es wird auch kollektiv auf die Medien in Deutschland reagiert und sich abgesprochen wo denn der nächste Shitstorm ausgelöst werden soll.
Das letzte Opfer war Jürgen Todenhöfer, da werden wirklich harte Bandagen ausgepackt.
Testballon
slicha gwaeret, aval at medaberet Ivrit?
Wie nach aussen, so nach innen
Es ist doch bezeichnend, dass die Länder mit der aggressivsten Aussenpolitik eine Innenpolitik verfolgen, die dazu führt, dass Minderheiten nur noch den Ausweg in Demonstrationen und Strassenschlachten mit der Polizei sehen.
Vielleicht überträgt sich deren (US, Israel) beliebtestes aussenpolitisches Werkzeug ("immer feste druff, besonders wenn der Gegner sich nicht wehren kann") auf die Behandlung von Minderheiten ("immer feste druff...").
Viele westliche Länder haben Probleme mit ihren Minderheiten. Dort scheint die Behandlung aber dergestalt abzulaufen, die Minderheiten noch etwas zu verlieren haben.
Das sollte den USA und Israel gehörig zu denken geben. Vielleicht ist es ja nicht die Schuld der Minderheiten, sondern deren Behandlung, die zu solchen Ausschreitungen führt.
Nur so eine Idee.
So was aber auch...
"In Israel leben mehr als 135.000 Juden äthiopischer Herkunft, die vor allem in zwei Einwanderungswellen 1984 und 1991 ins Land kamen. Bis heute sind die meisten von ihnen nicht in die Gesellschaft integriert."
So was aber auch!
So wie ich das hier immer lese ist die Integration von Flüchtlingen/Migranten doch nur eine Sache die am Wollen und nicht am können scheitert.
Minderheiten werden wohl überall diskriminiert und ich denke auch das es ein fruchtloses Vorhaben sein dürfte zu versuchen das der Bevölkerung abzugewöhnen.
Bei Schwarzafrikanern fällt das natürlich besonders leicht da sie sich schon optisch von der Bevölkerungsmehrheit absetzen.
In Deutschland zB fallen Immigranten aus Osteuropa oder Russland bei guten Sprachkenntnissen auf den ersten Blick so gut wie gar nicht auf.
Wer nun größere Schuld an der fehlgeschlagenen Integration hat ist schwer zu beantworten (Migranten oder die Gesellschaft) aber die zahlreichen negativen Beispiele aus anderen Ländern lassen darauf schließen das auf Europa abwechslungsreiche Zeiten zukommen.