Im Niemandsland zwischen Mazedonien und Griechenland steht Reda Raed, 14 Jahre alt, ein Junge aus Syrien. Er wartet mit seinem Vater in einer Schlange vor einem kleinen Tor. Es ist der einzige Durchlass, den es in dem gewaltigen Metallzaun an der Grenze zwischen den beiden Staaten noch gibt.
"Wir möchten nach Deutschland, wo mein Onkel wohnt", sagt Reda in perfektem Englisch. "Ich würde gern dort studieren und Arzt werden." Reda lächelt, obwohl es hier an den südlichen Ausläufern des Balkans gerade bitter kalt ist. Seine Mutter und Geschwister seien im Libanon und warteten darauf, dass er und sein Vater in Deutschland ankämen. "Dann wollen wir einen Familiennachzug beantragen", sagt Reda und verschwindet im Durchgang.
Im griechischen Grenzort Idomeni, 70 Kilometer nördlich der Metropole Thessaloniki entfernt, konzentrieren sich derzeit die wichtigsten Fragen der europäischen Flüchtlingspolitik. Wie soll es weitergehen mit den Menschen auf der Balkanroute? Die EU-Staaten drohen immer drastischer, Griechenland aus dem Schengenraum auszuschließen, wenn das Land die Flüchtlingszahlen nicht reduziert. Außerdem könnte Mazedonien die Grenze bald ganz schließen, erste Anzeichen dafür gibt es bereits.
Mazedonien schließt Grenze in Intervallen
Seit November vergangenen Jahres lässt der nördliche Nachbar von Griechenland nur noch Syrer, Afghanen und Iraker einreisen, die schriftlich versichern, dass sie nach Deutschland oder Österreich weiterfahren werden. Sie sind meist über die Türkei auf die griechischen Inseln gelangt und dann über Athen und Thessaloniki weiter nach Idomeni gefahren. 41.227 Menschen wurden seit Beginn dieses Jahres im Lager an der Grenze registriert und haben diese dann passiert.
In der vergangenen Woche jedoch hat Mazedonien unter Angabe unterschiedlicher Gründe die Grenze mehrmals ganz geschlossen und damit die griechischen Behörden weiter verunsichert. Die Regierung von Alexis Tsipras in Athen befürchtet, dass bald die Grenze ganz schließen könnte und Hunderttausende in Griechenland festsitzen. Sie hat Angst, dass Griechenland zur Blackbox für Europas Flüchtlinge wird. Der mazedonische Außenminister Nikola Poposki sagte dazu am Montag: "Wir haben nicht vor, die Grenze zu schließen, aber wir werden den Entscheidungen der EU-Länder nördlich von uns folgen und tun, was unabdingbar ist."
Für einen großen Teil der Menschen, die nach Idomeni kommen, ist hier schon seit November Schluss. Pakistaner, Iraner, Nordafrikaner, sie alle werden abgewiesen. Khalid Hussein, 51 Jahre alt und aus dem Iran, sitzt in einem Bus nicht weit von der Grenze entfernt. Er ist niedergeschlagen, erschöpft, hat seit Tagen nicht mehr geschlafen. Nun wartet er darauf, dass ihn die griechischen Behörden zurück nach Athen bringen. "Ich weiß nicht, was ich dort tun soll", sagt Hussein. "Vielleicht versuche ich es noch einmal."
Kommentare
Es sind nicht Europas Flüchtlinge, sondern kausal Asiens und Afrikas und Flüchtlinge - es sei denn sie sprechen explizit von Balkan-Bewohnern, die sich als Flüchtlinge ausgeben.
Entfernt. Bitte verzichten Sie auf überzogene Polemik. Die Redaktion/sg
Mit dem Flüchtlingsdesaster scheinen die beteiligten Regierung den Satz beweisen zu wollen, dass "zwei Dinge unendlich sind: das Universum und die menschliche Dummheit", aber man sich bei dem Universum nicht ganz sicher sei kann. Eine Schließung der Grenzen ist die Umsetzung des Sankt-Florians-Prinzips: "das Desaster existiert nicht, wenn ich es nicht sehe". Die zur Neige gehenden Ressourcen in Deutschland ändern nichts an der Existenz des Desasters in Syrien. Wer die Ursachen nicht wenigsten mit angeht und wenigstens ansatzweise löst, macht sich nur lächerlich. Leider bleibt einem bei so viel Unvermögen leider das Lachen im Halse stecken.
>>Wer die Ursachen nicht wenigsten mit angeht und wenigstens ansatzweise löst, macht sich nur lächerlich.<<
"Fluchtursachen bekämpfen" zählt zu den leersten Worthülsen der politischen Debatte in Deutschland. Klingt gut, aber dahinter verbirgt sich - NICHTS.
Die Wahrheit ist: Der Westen kann tun und lassen was er will, der Nahe Osten wird in den nächsten Jahren, womöglich Jahrzehnten, nicht mehr zur Ruhe kommen, was v.a. an einem Konflikt liegt, der bis in das 7. Jh. zurückreicht: der alte Gegensatz von Sunniten (repräsentiert durch Saudi-Arabien) und Shiiten (Iran).
(Zeit Online veröffentlichte unlängst einen interessanten Artikel, der sich mit diesem uralten intra-islamischen Gegensatz beschäftigt.)
Hieran können "wir" genau GAR NICHTS ändern. Doch es ist genau dieser konfessionelle Gegensatz, der überall die bewaffneten Konflikte anheizt, ob in Syrien (wo sich Riad und Teheran indirekt gegenüberstehen), im Jemen, im Irak oder im Libanon..
Das Wichtigste für Europa ist nun: acht zu geben, dass einem der eigene Laden nicht um die Ohren fliegt (was zu verhindern schwierig genug sein wird).
Ein wirksamer Grenzschutz gehört selbstverständlich dazu.
Es ist keine Frage, dass Europa hier gerade schändlich versagt. Punkt.
Aber als der Artikel wieder mit einem 14-jährigen Kind beginnt, das lächelnd und in perfektem Englisch usw. ... , habe ich aufgehört, weiterzulesen.
Auf der einen Seite die Pegidisten (oder wie man sie auch nennen soll), die nur Panik schüren, und auf der anderen Seite diese RTL-Weihnachtslyrik, die ein Riesenproblem sentimentalisiert - kann man in diesem Land denn über nichts mehr sachlich reden?
Ich habe ein paar Wörter mehr geschafft bis zu der Aussage, er wolle studieren und Arzt werden.
Solange Assad und IS gegen die dortige Bevölkerung vorgehen wird die Flüchtlingswelle nicht aufhören. Europa muss sich aktiv engagieren, die Hauptursachen zu bekämpfen. Es kann nicht sein, das Friedensverhandlungen in Genf stattfinden und Assad und Putin in der Zwischenzeit weiterbomben. Nur die Beendigung des Bürgerkriegs wird den Flüchtlingsstrom stoppen.
"Es kann nicht sein, das Friedensverhandlungen in Genf stattfinden und Assad und Putin in der Zwischenzeit weiterbomben"
Deutschland, Angela Merkel sei dank, beteiligt sich seit 2012 aktiv und direkt am syrischen Bürgerkrieg. Werden Sie Ihre Tiraden bei ihr, Erdogan, Hollande, Cameron oder Obama & Co. los. Diese werten Demokraten haben erst das Land mit Waffen und durchgeknallten Psychopaten geflutet und damit den Krieg so richtig angeheizt.