Im Streit um die EU-Strategie zur Bewältigung der Flüchtlingskrise verschärft der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras den Ton. Vor Abgeordneten des Parlaments in Athen sagte er, Griechenland werde Entscheidungen zur Asylpolitik in Brüssel blockieren, bis die vereinbarte gleichmäßigtere Verteilung von Geflüchteten auf die Mitgliedstaaten in die Tat umgesetzt sei. Seine Regierung werde "keinem Abkommen mehr zustimmen, wenn die Last und die Verantwortung nicht im richtigen Verhältnis geteilt" werden.
Die Regierung in Athen werde nicht akzeptieren, dass es Staaten gebe, die einerseits keinen einzigen Migranten aufnehmen, aber andererseits Zäune bauten, sagte Tsipras. Die griechische Regierung hatte bereits zuvor die Balkanstaaten für ihre Verschärfung von Einreisebestimmungen kritisiert. Sie befürchtet eine humanitäre Krise, wenn Tausende Einwanderer festsitzen. Man werde nicht zulassen, dass Griechenland zu einer Lagerhalle für Menschen werde, sagte Tsipras.
Er nannte es zudem eine "Schande", dass Österreich und weitere Länder der Westbalkanstaaten am Dienstag in Wien eine Konferenz zur Asylpolitik abgehalten haben – außerhalb des EU-Rahmens und ohne griechische Beteiligung. Zuvor hatte sich Tsipras telefonisch bei Kanzlerin Angela Merkel über die Teilschließung der Balkanroute beschwert, die zu einem Rückstau Tausender Migranten in Griechenland führt.
Österreich fordert deutsche Obergrenze
Seit vergangener Woche gilt in Österreich eine tägliche Obergrenze zur Aufnahme von Asylbewerbern. Dies wurde von der EU-Kommission als illegal bezeichnet und löste weitere Maßnahmen von Staaten an der Balkanroute aus. So lässt Mazedonien nur noch Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak ins Land, Afghanen werden an der Grenze zu Griechenland zurückgewiesen. Der Athener Regierung wird vorgeworfen, die EU-Außengrenze nicht effektiv zu schützen.
Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sagte in einem Interview mit den Tagesthemen der ARD, sein Land sei mit der Zahl der Flüchtlinge überfordert. "Deshalb besteht aus unserer Sicht die dringende Notwendigkeit, nicht mehr das Weiterwinken nach Mitteleuropa zu perfektionieren, sondern den Zustrom zu reduzieren."
Kurz warf unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, 2015 mit ihrem Eintreten für offene Grenzen die Flüchtlingskrise verschärft zu haben. "Diejenigen, die für offene Grenzen eingetreten sind, haben die Flüchtlingskrise nicht ausgelöst, aber sie haben sie definitiv verstärkt." Kurz rief Deutschland zur Einführung einer Flüchtlingsobergrenze nach Vorbild seines Landes auf. "Wir können diese Zahl nicht einseitig festlegen", sagte er. Aber er plädiere dafür, "dass wir uns vom Ziel der unbegrenzten Aufnahme verabschieden".
Kommentare
Der Erfinder des Durchwinkens droht einer handlungs-unfähigen EU mit Boykott von Beschlüssen auf ergebnislosen Gipfeln.
Hammer!
Was kommt als nächstes?!
Werden die Griechen ihren ungenießbaren Wein "zur Strafe" wieder selber trinken?!
Bitte beteiligen Sie sich mit Argumenten. Danke, die Redaktion/se
Diese Arroganz ist unterträglich! Natürlich hat Tsipras recht: Griechenland wird unter der Flüchtlingslast kollabieren. Das ist eine der Gründe, warum Merkel die Grenzen offen gelassen hat. Sie hatte gerade in zähen Verhandlungen Griechenlands Banken gerettet, da hätte sie - als Kanzlerin des wichtigsten und reichsten EU-Staates - kaum tatenlos zusehen können, wie Griechenland mit einer humanitären Katastrophe untergeht.
Die Nachbarn Syriens sind gnadenlos überfordert. Egal ob Libanon, Türkei, Jordanien - diese Staaten sind an ihre Grenzen angekommen. Daneben Leben Millionen wohlhabender Syrer - wenn auch nicht als Flüchtlinge - in den Golfstaaten. Hunderttausende Iraker sowie über 1 Million Afghanen leben noch heute im Iran.
Was aus einem Staat wie Türkei werden kann, wenn man in so einer Katastrophe sie alleine lässt, sieht man am Beispiel Pakistans: in den elenden Flüchtlingscamps der NWFP sind die Taliban entstanden. Heute gilt Pakistan als "failed state" ... ein gescheiterter Staat mit Nuklearwaffen. Die Türkei hat die zweitgrößte Armee der NATO. Auch ohne Nuklearwaffen gibt es dort jede Menge Sprengstoff, wenn es zu weiteren Eskalationen in der Bevölkerung kommt.
Seit den späten 70ern sind europäische Staaten, insbesondere UK und Frankreich, aber auch Deutschland, in allen Konflikten der 3. Welt beteiligt. Diese Staaten sind mitverantwortlich für die vielen Krisen und haben daran verdient. Jetzt müssen sie endlich Verantwortung übernehmen!
Die Spaltung Europas schreitet voran. Es wird keine europäische Lösung geben.
Frau Merkel hat jetzt nur noch Erdogan, den Despoten, der den Ausputzer spielen soll. Der wird sie ausquetschen wie eine Zitrone.
Doch, es wird eine europäische Lösung geben - nur anders als sich Merkel und ihre Fanboys das vorstellen...
Die Geschichte hat gezeigt, dass deutsche Sonderwege nicht von Dauer sind - und auch der aktuelle wird bald zu Ende sein.
Was man da von den Griechen mal wieder verlangt ist angesichts des BIP/Kopf eine Schweinerei - unsolidarischer gehts gar nicht mehr:
http://www.bpb.de/nachsch...
Die Vergangenheit hat gezeigt das es immer unsolidarischer geht, leider.
Es ist bspw. sehr unsolidarisch Gelder an die unberechenbare Türkei zu überweisen anstatt diese Gelder dazu aufzuwenden Anreize und Grundlagen in Europa zu schaffen, sodass Flüchtlinge verteilt werden können oder die Lager vor Ort so auszustatten - und das ohne Mittelsmänner wie Erdogan, die das Geld evtl. fürs Militär verbraten und für mehr Flüchtlinge sorgen - das die Menschen dort wenigstens gut genug leben können um bis zum Ende der Kriege im Nahen Osten dort ausharren zu können und zu wollen.
Es wurden dafür zwar durchaus schon Gelder beschlossen, aber Geld kann man nicht essen und wenn es nicht ankommt auch nichts davon kaufen.
Wenn die Flüchtlinge wieder in die Türkei gebracht und dort gut versorgt werden, besteht Hoffnung auf ein Ende der Massenwanderung.
Das ist unmoralisch. Probleme nur weg von uns, am besten die Türkei lässt auch niemanden mehr rein? Ich möchte für diese humanitäre Katastophe nicht verantwortlich sein, Sie?