Mehr als 300 britische Unternehmer haben sich für ein Ausscheiden ihres Landes aus der Europäischen Union ausgesprochen. In einem offenen Brief schreiben sie, die "Brüsseler Bürokratie hemmt jeden einzelnen der 5,4 Millionen britischen Betriebe, obwohl nur kleine Minderheit tatsächlich Geschäfte mit der EU macht". Unterzeichnet wurde der Brief unter anderem von dem früheren Sony-Manager Steve Dowdle und David Sismey, einem Geschäftsführer der Bank Goldman Sachs.
Britische Unternehmen könnten außerhalb der EU schneller wachsen, sich neue Märkte erschließen und so mehr Arbeitsplätze schaffen, argumentieren sie. "Es ist an der Zeit, für den Ausstieg zu stimmen und wieder selbst die Kontrolle zu übernehmen." Die Briten können am 23. Juni 2016 darüber abstimmen, ob ihr Land die Europäische Union verlassen soll.
In Großbritannien streiten Befürworter und Gegner des sogenannten Brexit mehr und mehr kontrovers. So verglich der frühere Londoner Bürgermeister Boris Johnson die Ziele der EU mit den Zielen Adolf Hitlers. Beide wollten aus Europa einen Superstaat machen. "Napoleon, Hitler und andere Leute haben das versucht, und es endet immer tragisch", sagte Johnson. "Die EU ist ein Versuch, dies mit anderen Methoden zu schaffen."
Das Referendum nannte Johnson eine Chance für die Briten, "Helden Europas zu sein und als eine Stimme der Mäßigung und des gesunden Menschenverstandes zu agieren". Im gleichen Gespräch, das der Sunday Telegraph mit ihm führte, attackierte Johnson auch die deutsche Regierung. Der Euro habe die italienische Auto- und Maschinenbauindustrie zerstört, "wie es von den Deutschen beabsichtigt war". Es handele sich um einen Akt der ökonomischen Übernahme.
Gewerkschaften warnen vor Brexit
Johnsons Aussagen seien "beleidigend und verzweifelt", sagte der frühere Umweltminister Hilary Benn. Den Brexit-Befürwortern seien erst die wirtschaftliche Argumente verloren gegangen und nun auch ihr moralischer Kompass. "Alle Studien belegen, dass es uns schlechter gehen wird, wenn wir die EU verlassen."
Diese Einschätzung teilt auch die Bank of England. Sie senkte die Wachstumsprognose für 2016 von 2,3 auf 2,0 Prozent. Und teilte mit, die britische Wirtschaft könne in eine Rezession geraten, sollte das Land aus der EU ausscheiden. "Eine dunkle Wolke der Unsicherheit hängt über dem weltweiten Wirtschaftswachstum", sagte die Generaldirektorin des Wirtschaftsverbandes CBI, Carolyn Fairbairn.
Neben den Arbeitgebervertretern warnen auch Gewerkschaften vor einem Brexit. Bis zu vier Millionen Arbeitsplätze könnten verloren gehen, sagte der Chef des Gewerkschaftsbundes TUC, Owen Tudor. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Preise für britische Exportprodukte im Falle eines EU-Austritts steigen werden." Wie viele Menschen arbeitslos werden würden, hänge davon ab, welche Handelsabkommen Großbritannien mit der EU abschließen werde.
Kommentare
Diese britische Lügenpresse! In Wirklichkeit wird es Manna vom Himmel regnen und die Themse wird voller Wein sein, wenn der Brexit beschlossen wird. -- Was natürlich das gastronomische Gewerbe in Bedrängnis bringt...
Ihr Kommentar war hoffentlich Ironie. Europa ist ein politisches Friedensprojekt und soll - zu Recht - die Kleinstatterei auf diesem Kontinent beenden. Die Politiker müssen endlich handeln und die europ. Nationen unzertrennbar wirtschaftlich, politisch und auch kulturell aneinander binden, damit solche Ausstiegsideen gar nicht mehr realisierbar sind. Man sieht doch am Euro, wie wirkungsvoll allein eine Währung die Mitglieder aneinanderkettet und ein Auseinander gehen verhindert. Dieses Prinzip muss auch bei den Sozialkassen, der Schuldenfinanzierung, der Kulturförderung, in der Bildung und bei der Verteidigung (für die ich eigentlich wenig übrig habe) durchgesetzt werden. Die nationalen Parlamente müssen weiter ihren Einfluss verlieren, damit dieser rechte Nationalismus endlich aufhört. Amerika hat das doch auch geschafft!
Entfernt. Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen. Die Redaktion/cj
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Wieso sagt nicht einfach jemand: "Geht, ihr seid nicht mehr gewollt."?
"Lernt aus euren Fehlern alleine, denn ihr habt es so gewollt."
Warum gibt es dieses mediale Dauerfeuer? Die EU braucht die Briten aber die Briten brauchen die EU nicht. Ein Brexit ist der Exodus für diese EU.
Ich hab die Schnauze langsam voll von diesem Grad an Realitätsverweigerung - don't let the door hit you!
Sie sollen mal sehen, wie die tolle britische Industrie (pun intended - ha, ha!) für ihre 60 Mio. Menschen bessere "deals" verhandeln kann, als die EU mit 500 Mio. Einwohnern und einer riesigen Industrie im Rücken dies kann.
Da spielt immer noch die Hybris des alten "empire"-Denkens hinein. Woher das rührt können wohl nur Soziologen ergründen. Vielleicht weil zeitgleich zum Zerfall der letzten Reste des "empire" die europäische Integration begann und somit das kleine Großbritannien seit Jahrhunderten nicht mehr die Erfahrung machen musste, als mittelgroßer Staat inmitten von Großmächten keine globale Bedeutung mehr zu spielen - als Zentrale des "empire" und danach als wichtiges Mitglied der EG/EU kannte man diese Erfahrung ja nicht.
Man sollte mal bei der stolzen Schweiz nachfragen, deren Politiker längst beklagen, dass man sich genauso nach EU Recht und EU Standards richten muss wie ein Vollmitglied, da der größere Handelspartner nunmal die Normen vorgibt (die EU wird der größere Handelspartner eines "independent UK" sein!). Nur ohne dabei irgendwie mitbestimmen zu können, wie es ein Vollmitglied durchaus kraftvoll kann (vgl. Vetorecht selbst für die kleinsten EU Staaten in zentralen Fragen).
Das ist dermaßen ein Schuß ins eigene Knie und inzwischen meine ich, die Briten müssen aus Schaden klug werden, da sie es einfach nicht glauben wollen.
Godspeed!
PS: was intellektuell von den Brexit-Fans zu halten ist zeigt deren Führungsfigur Herr Johnson ganz illuster, als er in einem aktuellen Interview die EU mit der Eroberungspolitik der Nazis gleichsetzte ("In a dramatic interview with the Telegraph, he warns that while bureaucrats in Brussels are using “different methods” from the Nazi dictator, they share the aim of unifying Europe under one “authority”. http://www.telegraph.co.u...).
Sowas kann man qualitativ unter "englische Pegida" einsortieren.