Der amtierende niederländische Ministerpräsident Mark Rutte rechnet nach der Parlamentswahl mit langwierigen Koalitionsverhandlungen. "Das kann durchaus dauern", sagte der rechtsliberale Politiker im Radio 538. Mit dem bisherigen Bündnispartner, den Sozialdemokraten, kann Rutte nicht weiter regieren. Die Partei wurde massiv für den harten Spar- und Reformkurs der Koalition abgestraft: Von einst 25 Prozent bleiben der Arbeiterpartei nur um die sechs Prozent übrig.
Da Rutte eine Koalition mit der PVV von Geert Wilders ausgeschlossen hat, wird die niederländische Regierung künftig aus einem Bündnis von mindestens vier Parteien bestehen müssen. Rutte könnte beispielsweise mit den Christdemokraten (CDA), der linksliberalen D66 und dem bisherigen Partner PvdA zusammenarbeiten. Alternativ könnte er statt der Sozialdemokraten auch die Grünen oder die ChristenUnion (CU) hinzuholen. Notwendig für die Regierungsbildung sind 76 der 150 Parlamentssitze. Ruttes Partei kommt nach derzeitigem Stand auf 33 Sitze.
Nach bisherigem Stand, der auf der Auszählung von 95 Prozent der Stimmen beruht, hat die Partei von Rutte im Vergleich zur vorigen Wahl 2012
zwar deutlich verloren, liegt aber mit 21,3
Prozent noch immer klar vorn. Danach folgt die Partei des Rechtspopulisten Geert
Wilders mit 13,1 Prozent. Auf dem dritten Platz liegen mit 12,4 Prozent
die Christdemokraten (CDA). Knapp dahinter kommen die linksliberalen D66
mit 12,1 Prozent sowie die Sozialisten (SP) mit 9,1 Prozent und
GroenLinks mit 9,0 Prozent. Die ChristenUnion (CU) lag zuletzt bei 3,4
Prozent.
Das Endergebnis der Wahl, bei der knapp 13 Millionen Niederländer stimmberechtigt waren, wird möglicherweise erst am Freitag feststehen, berichtete die Nachrichtenagentur ANP.
Kommentare
Eine Koalition aus VVD, CDA und D66 gilt als sicher. Die Frage ist nur, wer der vierte im Bunde wird.
PvdA wurden wie ihre sozialdemokratischen Kollegen hier in Deutschland als "Steigbügelhalter", der seinen Markenkern verkauft hat, marginalisiert. Die werden sich das nicht noch einmal antun, sondern sich in der Opposition neu aufstellen. Koalition ausgeschlossen. Die Sozialisten und Tierschutzpartei kann man wohl sicher ausschließen.
GrünLinks hat zwar große Schnittmengen mit D66, aber große Differenzen mit CDA und besonders Ruttes Partei. Ein gefährliches Spiel für den populären Jesse Klaver. Koalition möglich, aber unwahrscheinlich.
Am Ende könnte es auf die CU hinauslaufen, wobei der Vorsprung denkbar knapp wäre. Für eine stabile Regierung stünde diese knappe Mehrheit sicherlich auch nicht.
Es kann eigentlich fast nur die CU werden. GroenLinks passt genauso wenig zu den übrigen Parteien (außer vielleicht Democraten 66) wie die Sozialisten. Weder Rutte noch Klaver wäre mit einer solchen Koalition auf Dauer gedient.
Die Sozialdemokraten (PvdA) haben die Rechnung bekommen für die neoliberale Austeritätspolitik der Großen Koalition. Sie sind zur Splitterpartei degradiert worden.
Jede Partei die mit Rutte koalieren will, sollte sich dessen bewusst sein.
Die Sozialdemokraten haben aber ganz spezielle Probleme, überall in Europa. Die linke Wählerschaft in den Universitätsstädten wählt hippere Parteien als eine Arbeiterpartei, mit Ökologie und jungen Politikern und so. Die Arbeiter sind dagegen eher gering gebildet und leiden am Verlust ihrer Jobs durch die Globalisierung und die Konkurrenz von Einwanderern innerhalb und außerhalb der EU. Die Sozialdemokraten wollten aber nicht dorthin, wo ihre Klientel schon längst war, nämlich links, weil sie - zu recht auch - damit kalkuliert haben, dass damit keine Wahlen gewonnen werden. Wahlkampf gegen Ausländer machen wollten sie sowieso nicht. Also sind sie dorthin gegangen, wo schon das größte Gedränge war, in die Mitte, und wurden letztendlich dort zerrieben.
Der negative Effekt als Juniorpartner in einer Koalition ist gut belegt, aber der extreme Effekt bei den Sozialdemokraten hat andere Gründe. Weiß auch nicht, wie gut die sich in der Opposition regenerieren, die Rechnung ging für die SPD damals auch kaum auf.
Hier kann man selber rumprobieren, welche Koalitionen in Frage kommen und welche höchstwahrscheinlich nicht:
http://www.volkskrant.nl/...
Was ich besonders merkwürdig an der Berichterstattung finde:
Die bisherige Koaltion ist massiv abgestraft worden. Auch die siegreiche Partei hat verloren.
Wilders hat zugelegt, wenn auch nur begrenzt.
Das soll jetzt ein großer Sieg für die Regierung sein?
Eine Koalition bestehend aus VVD, CDA, D66 und CU käme nur auf 74 Sitze (31+19+19+5), 2 zu wenig für eine parlamentarische Mehrheit.
Die PvdA dürften in der Opposition regenerieren, anstatt als Steigbügelhalter herzuhalten, fallen dann auch raus.
Bleibt nur eine 4-er-Koalition übrig, nämlich die aus VVD, CDU, D66 und GrünLinks, wobei letztere die neoliberale Wirtschaftspolitik der VVD niemals mittragen würde. Auch ein höchst wackliges Konstrukt.
Sozialisten, Tierschutzpartei und Migrantenpartei dürften kaum regierungsfähig sein.
Im Grunde hat Rutte nur die Wahl zwischen einer 4-Parteien-Wackelkoalition (mit GrünLinks) und Neuwahlen.
Naja, eine Kleinpartei könnte eine Viererkoalition mit der CU noch dulden. Stabil wäre anders, aber ich glaube nicht, dass GroenLinks Teil dieser Regierung sein will.