Bei den
Kommunalwahlen in Großbritannien ist die Konservative Partei von
Premierministerin Theresa May als klare Siegerin hervorgegangen. Nach Auszählung aller 88
Wahlkreise gewannen die Tories 1.900 Sitze und somit 558 mehr als bei den Kommunalwahlen 2013.
Die oppositionelle Labour-Partei musste ebenso wie die rechtspopulistische United Kingdom Independence Party (Ukip) schwere Verluste hinnehmen: Labour kam auf 1.151 Sitze, 320 weniger als 2013. Die EU-feindliche Ukip verlor alle ihre bisherigen 114 Mandate und gewann lediglich einen neuen Sitz. Die besonders EU-freundlichen Liberaldemokraten erreichten 441 Mandate, 37 weniger als bei den Wahlen 2013. Insgesamt gingen 28 Wahlkreise an die Tories, nur neun an Labour.
May zurückhaltend, Corbyn gesteht Niederlage ein
Die Wahlen waren
der erste wichtige Stimmungstest für May. Sie hatte nach dem
Brexit-Votum am 23. Juni die Regierungsgeschäfte übernommen und im
April für den 8. Juni vorgezogene Parlamentswahlen angesetzt. Bei
den Kommunalwahlen ging es um knapp 5.000 Gemeinderatssitze in
England, Wales und Schottland. Unter anderem wurden auch die
Bürgermeister von Manchester und Liverpool gewählt. Beide Städte
gingen an Labour.
Trotz des hervorragenden Ergebnisses bei den Kommunalwahlen wollte sich May
nicht allzu siegessicher geben. Sie und ihr Team würden "nichts
als sicher annehmen". Dazu stehe "zu viel auf dem Spiel",
sagte sie. Es gehe darum, den Kampf für den besten Ausstieg aus der Europäischen Union fortzusetzen.
Der Parteichef der Labour-Partei, Jeremy Corbyn, räumte die Niederlage seiner Partei ein. Labour stehe nun vor einer "Herausforderung historischen Ausmaßes". Seine Partei habe "fünf Wochen, um die Parlamentswahl zu gewinnen, damit wir Großbritannien grundlegend verändern können", sagte Corbyn. Aktuell liegt seine Partei 20 Prozentpunkte hinter den Konservativen. Corbyns enger Partner, John McDonnell, sagte dem Sender ITV, es sei eine "schwere Nacht" für seine Partei. Das Ergebnis sei aber nicht die von einigen vorhergesagte "Zerstörung" für Labour.
Labour verliert Glasgow
Die Schottische
National-Partei (SNP), die für ein weiteres Referendum über die
Unabhängigkeit von Großbritannien eintritt, gewann 31 Sitze hinzu
und kam auf 431. Allerdings verzeichnete die Konservative Partei
innerhalb Schottlands auch den stärksten Zuwachs. In Schottland konnte sie 276 Sitze holen, 2013 waren es lediglich 164.
Labour verlor außerdem die Kontrolle über den Gemeinderat der Großstadt Glasgow, die vier Jahrzehnte lang ihre Hochburg gewesen war. In Schottland hatte beim Volksentscheid über den Brexit Mitte 2016 eine Mehrheit für einen Verbleib in der Europäischen Union gestimmt.
Kommentare
Cobryn ist gerade auf dem besten Wege die englischen Sozialdemokraten in das Equivalent der deutschen Linkspartei zu verwandeln (samt politischen Einfluss).
Was Corbyn anbietet, ist ganz normale klassische sozialdemokratische Politik (bei der Linkspartei übrigens auch), wie sie vor der neoliberalen Gehirnwäsche unter Reagan/Thatcher/Blair/Schröder etc. noch völlig normal und akezptiert war .
Keep Calm and Carry On.
Corbyn sollte zurücktreten, um das Schlimmste wenigstens noch abzumildern!
Nanu, es scheint auf weiter Flur niemanden zu geben, der die Konservativen daran hindern könnte, den Brexit zu gestalten. Bisher habe ich in unseren Medien immer den Eindruck mitgenommen, dass der Brexit nur ein Unfall war und die Konservativen schuldig und gerade dabei seien, sich daran den Hals zu brechen. Irgendetwas muss ich da falsch verstanden haben.
Könnte es vielmehr sein, dass sich das Vereinigte Königreich als ein Hort demokratischer Stabilität erweist, während auf dem Kontinent ein Zeitalter schwerer Kämpfe heraufzieht? Wäre es in dieser Situation nicht klüger, sich mit den Briten auf eine gütliche Trennung und gute Nachbarschaft zu einigen, statt einen auf dicke Hose zu machen?
"Wäre es nicht klüger, sich mit den Briten auf eine gütliche Trennung und gute Nachbarschaft zu einigen, statt einen auf dicke Hose zu machen?"
Kurze Antwort: Ja, das wäre klüger! Ohnehin wird die "dicke Hose" ohne die Briten merklich dünner sein.
Die Briten haben sich aus der EU verabschiedet. Sie bleiben nach wie vor Europäer.
Das Wahlergebnis ist enttäuschend für Labour, aber Labour hat in der gegenwärtigen Situation ganz besonderes Pech. Die Konservativen 8 Prozentpunkte gewonnen (hauptsächlich zu Lasten von UKIP, denn die Konservativen sind praktisch die Erben dieser Partei). Labour hat von relativ hohem Niveau 4 Prozentpunkte Stimmen verloren (Stand jetzt: 27%, kein schlechter Wert, da in sehr vielen konservative Hochburgen gewählt wurde), was weit weniger dramatisch ist als die durch das Mehrheitswahlrecht zustandegekommenen Verluste an Mandatsträgern und Mehrheiten in lokalen Parlamenten nahelegen.
P.S. Der im Artikel verwendete Begriff "Wahlkreis" ist nicht korrekt, es handelt sich um "councils", also lokale Verwaltungseinheiten und ihre demokratischen Vertretungen.