Es ist jetzt ziemlich klar, was in Venezuela passiert. Nicolás Maduro, der Präsident des 32-Millionen-Staates an der südamerikanischen Karibikküste, schwingt sich zum Diktator auf. Er hat die demokratischen Institutionen des Landes ausgehoben und mehr als tausend politische Gegner ins Gefängnis werfen lassen. Kommt er damit auf Dauer durch?
Ausgemacht ist das nicht. Auf sein Militär kann Maduro sich nämlich nicht verlassen und die Staatschefs und Außenminister einer ganzen Serie von Nachbarländern haben in den vergangenen Tagen zum Widerstand aufgerufen.
Zu den stärksten Bildern aus Venezuela gehörte die Flucht der Generalstaatsanwältin Luisa Ortega. Sie ist eigentlich eine Sozialistin aus dem Regierungslager und bekennende Anhängerin von Maduros Ziehvater Hugo Chávez. Seit Wochen warnt sie aber vor einer Demontage der letzten demokratischen Strukturen des Landes. Zuletzt kritisierte sie Ende Juli die Wahl einer neuen verfassunggebenden Versammlung. Diese war auf vielfache Weise betrügerisch abgelaufen und soll Maduro noch viel mehr Macht geben.
Vor einigen Tagen sah man dann, wie Ortegas Amt von Militärs belagert wurde und wie sie schließlich in einer hektischen Aktion von loyalen Mitarbeitern auf einem Motorrad floh. Jetzt ist die Verfassungsschützerin abgesetzt und erwartet ein politisches Verfahren wegen "schwerer Fehler im Amt".
Es gibt weitere Bilder, die klarmachen, was in Venezuela geschieht: Der Rauswurf der Abgeordneten aus dem Parlament etwa; vor den Wahlen waren sogar Schlägertrupps eingedrungen. Oder der Einzug der frisch gewählten und Maduro-loyalen verfassunggebenden Versammlung. Die Bilder der Massendemonstrationen, die wochenlang das Straßenbild in Caracas bestimmt hatten, und die nun frustriert und geschlagen abgeebbt sind. Die Fotos der mehr als 130 Toten, mehr als 3.500 Verletzten und mehr als 1.000 Verhafteten während der Proteste. Zehntausende Flüchtlinge mit nichts als ihren Kleidern am Körper, die aus Venezuela in die Nachbarländer Kolumbien und Brasilien strömen.
Viele Nachbarn Venezuelas hatten monatelang auf öffentliche Verurteilungen Maduros verzichtet und auf Diplomatie hinter den Kulissen gesetzt. Seit der Machtergreifung Maduros können sie das nicht mehr. Nun verurteilen die eher konservativ regierten Regionalmächte Brasilien, Kolumbien, Argentinien und Peru Maduro offen. Unterstützung finden sie von mehr als 40 Ländern und internationalen Organisationen weltweit, darunter auch der Vatikan. In offiziellen Regierungsmitteilungen fällt jetzt das Wort "Diktatur". Die Vereinten Nationen mahnten mehr als 5.000 "willkürliche Festnahmen" an und sprechen von nachgewiesenen Fällen der Folter: Schläge, Stromstöße, Aufhängen an den Handgelenken, Ersticken durch Gas, Drohungen mit Mord und sexueller Gewalt.
Kann ein Regime denn lange durchhalten, wenn es international so geächtet ist? Auf den ersten Blick zumindest scheinen all die öffentlichen Verurteilungen Maduros Machtergreifung nicht zu behindern – ganz im Gegenteil.
Kommentare
Liebe Redaktion, Kuba importiert weit mehr als 40.000 Fässer Öl im Jahr aus Venezuela, tatsächlich sind es 90.000 am Tag.
Zudem bekommt Kuba auch für sein entsandtes Personal 5,4 Milliarden Dollar im Jahr.
https://www.google.de/search…
(PDF-Datei, erstes Suchergebnis)
Diese Allianz ist für Kuba ökonomisch von vitaler Bedeutung, Venezuela schwächt sie eher.
Bezahlt Kuba den Weltmarktpreis für das venezolanische Öl?
So wie es die US-Amerikaner machen?
Ansonsten ein sehr informativer Artikel, der die Facetten des Konflikts gut beleuchtet.
Was mir besonders gut gefällt ist die differenziertere Betrachtung der Opposition. Sie wird nicht mehr pauschal als "konservativ und rechtsgerichtet" beschrieben, ihre Fehler werden auch deutlich thematisiert, sodass eigentlich niemand etwas zu meckern haben sollte.
ja, das nennt sich Qualitätsjournalismus.
"Russland und China werden Maduro nicht ewig stützen," - keiner kann das genau sagen.
Aber auf Mitglieder der deutschen Linkspartei kann sich Maduro immer noch verlassen:
Während Millionen gegen Venezuelas linksautoritären Präsidenten Maduro demonstrieren, diffamiert Heike Hänsel, stellvertretende Linken-Fraktionsvorsitzende im Bundestag die Proteste der Opposition. Das sei ein "Putschversuch".
https://www.welt.de/politik/…
Und der Schurke war für die Linkspartei war auch 2014 nicht Maduro sondern die Opposition. Die Linkspartei mit Wagenknecht und Hänsel rief zur "Solidarität" mit Maduro auf:
"Führende Abgeordnete der Partei Die Linke im Bundestag sehen die gewalttätigen Proteste gegen die Regierung von Präsident Nicolás Maduro in Venezuela "mit zunehmender Sorge" und verurteilen "diesen gezielten Versuch der Destabilisierung des Landes". Dies geht aus einer Erklärung vom 24. März hervor, die amerika21.de vorliegt. Die Unterzeichner begrüßen die Unterstützung der demokratisch gewählten Regierung von Venezuela durch die Regionalverbände ALBA und Unasur."
https://amerika21.de/2014/03…
Wirklich "linke" Politik ist das nicht. Aber selbst Putin genießt bei der Linkspartei Narrenfreiheit. Wieso dann nicht auch Maduro.
"Dabei könnten die USA etwa die Öleinfuhren aus Venezuela stoppen und dem Land damit zumindest vorübergehend die Geldzufuhr abschneiden. "
Venezuela gehört z.B. die Tankstellenkette CITGO, mehrere Pipelines und Rafinerien in den USA..
Wenn Trump die stillegen wollte, würde er sich ins eigene Fleisch schneiden.
Das wäre verkraftbar. Allzu hoch scheinen die Marktanteile und die Zahl der dort Beschäftigten nicht zu sein.